Wenn OMV-Vorstandschef Rainer Seele den ersten Arbeitstag (4.1.) im Jahr beendet, hat er bereits so viel verdient wie der durchschnittliche Arbeitnehmer in Österreich im ganzen Jahr 2021 verdienen wird. Zu diesem Ergebnis kommen Berechnungen der Arbeiterkammer Wien (AK) zum so genannten "Fat Cat Day", die dem KURIER vorliegen.
Der „Fat Cat Day“ (zu Deutsch: „Fette-Katzen-Tag“) wird jährlich von der britischen Lobbygruppe „High Pay Centre“ errechnet und bezeichnet jenes Datum, an dem die Chefs von börsenotierten Konzernen so viel verdient haben, wie ein Durchschnittsverdiener im ganzen Jahr. Als „fette Katze“ werden dabei wenig schmeichelhaft Manager mit besonders hohen Gehältern bezeichnet.
Nur fünf Tage arbeiten
Um das mittlere Jahreseinkommen (Median) eines österreichischen Arbeitnehmers zu erhalten, muss ein Vorstandsvorsitzender eines ATX-Unternehmens heuer im Schnitt nur fünf Tage lang arbeiten. Der so genannte „Fat Cat Day“ fällt damit unter Berücksichtigung der arbeitsfreien Feier- und Wochenendtage heuer auf den 9. Jänner. Im Vorjahr fiel der "Fat Cat Day" auf den 8. Jänner.
Gutes Geschäftsjahr 2019
Die Arbeiterkammer ermittelte die Gehaltsschere für Österreich anhand der Geschäftsberichte 2019 /20 der heimischen ATX-Unternehmen. Das Corona-Jahr 2020 ist darin also noch nicht berücksichtigt. Die Annahme erfolgte analog zur britischen Berechnung. Demnach lag das Durchschnittsgehalt der 20 ATX-Vorstandschefs - darunter mit Elisabeth Stadler (VIG) nur eine Frau - zuletzt bei rund 2,2 Mio. Euro. Ein Vorstandsvorsitzender arbeitet nach der Berechnung 12 Stunden am Tag, nimmt sich an einem von 4 Wochenenden frei und kommt mit 10 Tagen Urlaub plus 9 Feiertagen aus.
In Summe arbeitet er also 320 Tage oder 3.840 Stunden. Bei einem Stundenlohn von 574 Euro muss ein Vorstandsvorsitzender somit 57 Stunden arbeiten, um das Jahres-Medianeinkommen eines österreichischen Beschäftigten zu erreichen.
"Fetteste Katzen"
Dieser Berechnung zufolge musste OMV-Chef Rainer Seele für das Jahresmedianeinkommen eines österreichischen Beschäftigten (32.892 Euro brutto) nur einen einzigen Tag – also den 4. Jänner – arbeiten. Mayr-Melnhof-CEO Wilhelm Hörmanseder und Bawag-Chef Anas Abuzaakouk kommen mit jeweils zwei Tagen aus. CA-Immo-Boss Andreas Quint kommt am Ende der Liste immerhin auf 16 Tage.
Die "Fat Cat Days" für Deutschland und Großbritannien liegen für heuer noch nicht vor, dürften aber so wie im Vorjahr ebenfalls wieder auf die erste Jännerwoche entfallen.
AK-Betriebswirtin Christina Wieser kritisiert die zunehmende Schieflage bei den Gehältern. Sie fordert von den Aufsichtsräten, eine „angemessene Relation zwischen Vorstands- und Belegschaftsvergütung im Unternehmen“ festzulegen, Höchstgrenzen zu definieren, sowie nicht-finanzielle Kriterien wie Sozial- und Umweltbelange stärker zu berücksichtigen.
AT&S als Positivbeispiel
Als positives Beispiel nennt sie hier den steirischen Hightech-Konzern AT&S, der als einziges ATX-Unternehmen die Vergütungsrelation zwischen Vorstand und Belegschaft im Geschäftsbericht offenlegt. Vorstandschef Andreas Gerstenmayer liegt im ATX-Gehaltsranking mit 868.000 Euro Jahresgage an vorletzter Stelle. Auch sollten Bonuszahlungen in Zukunft zu mindestens einem Drittel an nicht-finanzielle Zielvereinbarungen geknüpft werden. Als Beispiel nennt Wieser im KURIER-Gespräch etwa das Erreichen bestimmter Frauen- oder Diversitätsquoten in den Führungsgremien der Unternehmen.
Nachhaltige Ziele
Die Berücksichtigung von langfristigen und nachhaltigen Zielen in der Vorstandsvergütung wird derzeit auch im Rahmen einer Initiative der EU-Kommission für mehr „Sustainable Corporate Governance“ (nachhaltige Unternehmensführung) aufgegriffen. Dabei seien auch Ziele im Hinblick auf die Umsetzung des "Green Deals" zu berücksichtigen, meint Wieser und verweist hier auf die OMV, die ihre Nachhaltigkeitsziele (noch) nicht in die Vorstandsvergütung einfließen lässt bzw. dies nicht offenlegt.
Mehr Transparenz fordert die AK auch bei der Offenlegung von sensiblen Gehaltsbestandteilen wie Abfertigungen bzw. Abfindungen sowie Pensionszusagen an Vorstandsmitglieder. Noch immer würden sich in den Geschäftsberichten oft nur pauschale Angaben finden.
Aktion vor OMV-Zentrale
Die sozialistische Jugend plant anlässlich des "Fat Cat Days" am kommenden Donnerstag eine Aktion vor der OMV-Zentrale. Mit einer überdimensionalen aufblasbaren Katze soll auf die Gehaltsschere zwischen Chefetage und Belegschaft aufmerksam gemacht werden. Gefordert wird eine Deckelung der Vorstandsgagen. Konkret soll das höchste Gehalt in einem Unternehmen maximal sechs Mal so hoch sein wie das niedrigste. Also eine Lohnspanne von 1:6.
Millionärssteuer gefordert
Die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) pocht angesichts der hohen Gagen auf die Einführung einer Millionärssteuer: „Der enorme Unterschied zwischen Top-Manager-Einkommen und dem Durchschnitt der Arbeitnehmer zeigt dringenden Handlungsbedarf. Unser Steuersystem belohnt die Anhäufung riesiger Vermögen, während die Arbeit der Mittelschicht zu hoch besteuert wird", sagt GPA-djp-Vorsitzende Barbara Teiber zum KURIER.
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