"Kein Bedarf": Mehrheit im Handel gegen längere Öffnungszeiten

"Kein Bedarf": Mehrheit im Handel gegen längere Öffnungszeiten
Die Forderung des Rewe-Chefs nach längeren Öffnungszeiten stößt auf Kritik bei der Gewerkschaft. Und auch Mitbewerber im Handel erteilen dem Vorschlag eine Absage.

Rewe-Vorstand Marcel Haraszti stieß mit seiner Forderung nach erweiterten Öffnungszeiten in den Supermärkten bisher auf wenig Gegenliebe. Hintergrund: Statt bisher maximal 72 Stunden die Woche, wünscht sich der Konzernchef eine Verlängerung auf 80 Stunden. Der KURIER berichtete bereits ausführlich darüber.

Die Gewerkschaft (GPA) erteilte dem Vorstoß eine klare Absage. "Durch eine Ausweitung der Öffnungszeiten würde man der Attraktivität der Branche für Beschäftigte keinen guten Dienst erweisen. Schon jetzt leiden die Angestellten unter enormen Stress und Arbeitsdruck aufgrund von Personalmangel. Eine Ausweitung der Öffnungszeiten würde die Situation noch weiter verschärfen", teilte der Vorsitzende des Wirtschaftsbereichs Handel in der GPA, Martin Müllauer, am Dienstag mit. 

Haraszti entgegnete wiederum, dass insbesondere zu Randzeiten ausreichend Personal zu finden sei, "weil die Zuschläge da spannend sind und man auch mehr verdienen kann."

Doch was sagen Mitbewerber und andere Entscheidungsträger im Handel zu dem Vorschlag?

Der KURIER hat bei Rainer Will, Chef des Handelsverbands, nachgefragt. Zwar sei es sinnvoll, darüber zu diskutieren, "aber derzeit ist diese Forderung in der Händlerschaft nicht mehrheitsfähig", so Will. 

Das sehen auch die Mitbewerber im Lebensmittelhandel so. Nicole Berkmann, Sprecherin des aktuellen Marktführers Spar sagt gegenüber dem KURIER: "Wir sehen keinen Bedarf, die Öffnungszeiten auszuweiten." Man sei mit den 72 Stunden pro Woche "sehr zufrieden". 

Auch bei Hofer sieht man derzeit keinen Anlass für eine Regeländerung: "Der aktuelle Zeitrahmen scheint für unsere Kundinnen und Kunden ausreichend zu sein, um ihren Einkauf zeitlich flexibel gestalten zu können." Man wolle außerdem Rücksicht auf die Mitarbeitenden nehmen. 

Geschäfte dürfen in Österreich am Montag bis Freitag von 6 bis 21 Uhr geöffnet sein, am Samstag von 6-18 Uhr. Insgesamt dürfen sie pro Woche nicht länger als 72 Stunden offen gehalten werden.

Landeshauptleute können durch Verordnung eine Erweiterung dieser allgemeinen Öffnungszeiten vornehmen, wenn besondere Einkaufsbedürfnisse (beispielsweise bei Orts- oder Straßenfesten) bestehen.

An Sonn- und Feiertage sind die Geschäfte grundsätzlich geschlossen. Ausnahmen gibt es etwa für Läden auf Flughäfen oder Bahnhöfen.

Automaten, Tankstellen und Märkte sind von den Regelungen ausgenommen.

Auch außerhalb des Lebensmittelhandels stößt der Vorschlag auf wenig Begeisterung: Ernst Mayr, Geschäftsführer der Fussl Modestraße sieht mit Blick auf die Mitarbeiter und Kunden keinen Bedarf, die Öffnungszeiten auszuweiten. Man finde "mit den üblichen Öffnungszeiten in Österreich das Auslangen. Auf Kunden, die spätabends oder nachts einkaufen wolle, verzichtet der Modehandel. 

"Wir bekommen gar keine Mitarbeiter, die bis 20 oder 21 Uhr arbeiten wollen", sagt Mayr dem KURIER und weist auf den Personalmangel im Handel hin: "Wir haben allgemein zu wenig Mitarbeiter und die Situation wird sich in Zukunft noch verschärfen. Deswegen müssen wir mit den Arbeitskräften, die wir haben bestmöglich haushalten."

Robert Hartlauer, Geschäftsführer des gleichnamigen Handelsunternehmens, kritisiert im Gespräch mit dem KURIER die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. Aufgrund der hohen Zuschläge und "nicht mehr zeitgemäßen Regelung der Normalarbeitszeit" sei es für ihn nicht sinnvoll, über die Ausweitung der Öffnungszeiten nachzudenken. 

"Durch starke Personalkostensteigerungen ist auch eine Aufstockung des Teams in den meisten Fällen nicht realistisch und nicht möglich", so Hartlauer. Gleichzeitig setzt sich Hartlauer  für eine Liberalisierung der Öffnungszeiten ein, da diese "der Markt automatisch regelt und derlei Dinge nicht reguliert werden müssen".

Wehement gegen eine Ausweitung spricht sich der Geschäftsführer der Drogeriemarktkette dm, Harald Bauer, aus: „Längere Öffnungszeiten in den Abend hinein wäre eine sehr teure Serviceleistung, die letztlich auch jene mitbezahlen müssen, die tagsüber einkaufen.“

Da der Bedarf an Lebensmitteln oder Drogerieprodukten durch erweiterte Öffnungszeiten kaum steigerbar ist, würden diese die Produktivität der Händler schwächen. „Letztlich würden sich diese zusätzlichen Kosten in höheren Verbraucherpreisen niederschlagen, was nicht zuletzt angesichts der gerade zurückliegenden Teuerungen alles andere als wünschenswert ist“, so Bauer.

Auch mit Blick auf die Situation am Arbeitsmarkt und im Sinn attraktiver Arbeitsplätze im Handel sieht der dm Geschäftsführer verlängerte Öffnungszeiten kritisch.

Rainer Trefelik, Obmann der Sparte Handel bei der WKO sieht zwar in den aktuell geltenden Öffnungszeiten "ein historisch gewachsenes Konstrukt", jedoch gebe es in Österreich kaum ein Thema das so "emotionalisiert wie die Öffnungszeitendebatte": "Die Meinungslage könnte durch die ganze Branche kaum unterschiedlicher sein", merkt Trefelik an.

Auch er sieht deshalb derzeit keinen Änderungsbedarf, das Thema werde uns aber in Zukunft noch "länger beschäftigen". 

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