"I love my job": Wer überhaupt noch gerne zur Arbeit geht und warum
Wenn man den Begriff "Arbeitsklima" in eine Suchmaschine eingibt, wird man mit Schlagzeilen wie "Das Arbeitsklima ist so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht" oder "Arbeitszufriedenheit in Österreich sinkt auf Tiefstand" konfrontiert. Da fragt man sich doch, wer seinen Job überhaupt noch gerne macht und vor allem warum?
Der KURIER suchte nach Personen, die ihr Glück im Job gefunden haben und traf sie auf einer Konzertbühne, in einer Tischlerei, einem Blumenladen, einem Krankenhaus, bei der Müllabfuhr, in einem Büro, in einer Küche und in einem Buchladen.
Mit leuchtenden Augen erzählten diese acht Menschen, wie sie ihren Job gefunden haben – „Ich bin zufällig darüber gestolpert“, „Es war Schicksal“, „Es war von klein auf mein Traum“- und was sie in ihrem Beruf so glücklich macht.
Am Valentinstag (14.02.2023) finden Sie hier auch ein Video mit Einblicken in ihre Arbeitswelt
"I love my job": Wer überhaupt noch gerne zur Arbeit geht und warum
Der Sinn im Job
Die Gründe für die Liebe zum Job sind Studien zufolge sehr individuell, aber das Wörtchen „Sinn“ spielt bei allen mit. Genau dieser Punkt sei laut dem Work-Happiness-Report 2023 vom Workmanagement-Tool awork ausschlaggebend. Da einem ohne Arbeitsglück nur wenig in der Arbeit hält (nicht einmal Geld wie die Studie feststellen musste), fragten sich die Studienautoren, was dieses Glück auslöst.
Drei Faktoren wurden deutlich:
Das Sinnempfinden, die Gemeinschaft und die Selbstverwirklichung. Ricarda Rehwaldt, Gründerin der Happiness & Work Akademie sieht es so: „Wenn wir bei der Arbeit weniger glücklich sind als im Leben allgemein, scheint Arbeit einen eher negativen Einfluss auf das Glück zu haben.“ Das sei gerade wenn man bedenkt wie viel Lebenszeit man mit der Arbeit verbringt, nicht optimal.
Diese acht Personen erklären warum und wie sie das Glück und den Sinn in ihrem Job finden:
Die Arbeit ist ein Privileg
Seit 1995 ist Andreas Kurz bereits bei der MA 48 dabei
Sein Alter sieht man ihm jedoch nicht an: "Die Arbeit hält mich jung. Wir bewegen uns viel an der frischen Luft, egal bei welchem Wetter. So werden wir gesund alt." Dass ihm seine Arbeit Spaß macht, merkt man sofort.
Schon am frühen Morgen geht er mit einem breiten Lächeln den Job an: "Es ist ein Privileg. Ich arbeite in einer wunderschönen Umgebung und unsere Arbeit wird von den Mitmenschen wertgeschätzt." Selbst die Arbeitszeiten seien ein großer Pluspunkt und das, obwohl er täglich um halb fünf morgens aufsteht. So hätte er nämlich mehr Zeit für seine Familie, die, durch seine Arbeit, nun auch deutlich früher aufsteht.
Bevor er sich bei der MA 48 bewarb, war er als Lehrling in einer Autospenglerei tätig: "Ich habe dort den ganzen Tag in der Werkstatt bei dem künstlichen Licht verbracht. Das war nicht für mich. Deswegen habe ich mich so auf den Job als Müllaufleger gefreut" -für den er sogar bereit war zwei Jahre zu warten.
Wenn man die Dankbarkeit spürt, ist es wie ein Energydrink
Christian Teodosio-Barsh erlebte schwere Schicksalsschläge:
Innerhalb weniger Jahre verstarben seine Tante, sein Großvater und auch sein Vater. Was ihm davon mitunter am stärksten in Erinnerung geblieben ist, sind nicht die Krankenhäuser, sondern das Pflegepersonal, das ihn unterstützt hat.
"Als mein Vater im Krankenhaus war, haben sie sich um mich gekümmert und das, obwohl viel los war. Dort habe ich zum ersten Mal gesehen, wie wichtig der Kontakt zwischen Pfleger und der Bezugsperson ist."
Ursprünglich wollte er Netzwerktechniker werden und besuchte eine HTL. Diese Schicksalsschläge führten ihn jedoch in die Klinik Hietzing. Mitten in der Pandemie startete er in der kardiologischen Abteilung als Pfleger. "Es ist ein harter, aber erfüllender Beruf. Wenn man die Dankbarkeit spürt, ist es wie ein Energydrink. Der Tag kann noch so schlimm gewesen sein, ein ,Danke‘ oder eine kleine Geste geben mir wieder Energie. Man leistet Gutes."
Die größte Motivation sieht er in seinem Team: "Zusammen können wir alles durchstehen. Mir wurde einmal gesagt, dass der Pflegeberuf eine Berufung und kein Job ist." Dass sich Teodosio-Barsh dieses Credo zu Herzen nimmt, merkt man ihm an.
Holz ist das Ehrlichste und Direkteste und es ist wunderschön
Laut ist es in der Tischlerei.
Es wird gesägt, gehobelt und gelacht. Etwas weiter hinten im Raum arbeitet die Gesellin Julia Götz. Zuerst hat es sie in die Kunst gezogen. Nach ihrem Abschluss in der Herbststraße studierte sie an der Uni, aber ihr Auge fiel schon damals auf die vielen Holz-Arten: "Es war das Ehrlichste und Direkteste und es ist wunderschön."
Kurzerhand entschied sie sich für die Tischler-Lehre und landete per Zufall in der "WerkStadt". Die Arbeit mit Holz gab ihr das Handfeste, das in ihrem Studium fehlte. So konnte sie etwas Nutzvolles fertigen. Zuletzt waren es Sitzbänke für einen Kindergarten.
Monika Schwabegger ist Sängerin und Gesangspädagogin
Mendelssohn Elias beim Festival Retz
Monika Schwabegger mit der Philhamonie Salzburg
Musik und Kunst bringt Menschen zu zusammen. Sie verbinden
Über einen Umweg stolperte Monika Schwabegger in das Musikgymnasium.
Sie war zuvor in einem anderen Zweig, merkte jedoch schnell, dass Singen ihr Weg ist. "Ich habe immer schon gerne gesungen." Und genau das macht sie nun beruflich mitunter im Wiener Konzerthaus, dem Linzer Brucknerhaus oder zur Probe in ihrem Wohnzimmer: "Ich habe mein Instrument jederzeit bei mir, deswegen muss ich fit bleiben und auf mich schauen."
Denn mit der Stimme oder mit Kunst allgemein, könne man Menschen zusammenbringen: "Nach einem gemeinsamen Erlebnis entstehen Gespräche, unabhängig davon wer man ist. Man unterhält sich." Diese Wirkung spürte sie bei ihrem ersten Auftritt nach der Pandemie wieder: "Uns ist da bewusst geworden, wie sehr wir unsere Arbeit lieben.
Ich bin stolz auf den Erfolg meiner Schüler
Umgeben von köchelnden Töpfen...
...Dampf und dem Geräusch von hackenden Messern fühlt sich Michael Rehling wohl. Es wurde ihm in die Wiege gelegt: Seine Mutter war in der Gastronomie tätig und sein Großvater liebte es, zu kochen.
Mit fünfzehn Jahren startete Rehling als Kochlehrling. Mit viel Selbstdisziplin und Motivation kam dann auch der Erfolg: Er kochte im Grand Hotel, Das Triest, Steirereck und auch in den renommierten Küchen Norwegens: "Dort habe ich mich erst richtig in die Arbeit verliebt und gemerkt, was man aus dem Beruf machen kann."
Seit 16 Jahren versucht er als Berufsschullehrer in seinen Schülern genau diese Leidenschaft zu wecken. "Das Beste an meiner Arbeit ist, wenn ich die Schüler lächelnd aus der Küche gehen sehe und sie weiter über Zubereitungen und das Kochen reden wollen. Einige ehemalige Schüler reisen jetzt um die Welt und gewinnen Preise. Ich bin stolz auf ihren Erfolg."
Bücher liegen am Puls der Zeit
Es dämmert schon kurz vor Ladenschluss,...
...als Roswitha Stubenschrott in Ruhe die Bücher in die Regale sortiert. Genau diesen beruhigenden Effekt der Bücher schätzt sie. Ihr Alltag in ihrer Buchhandlung Leporello sei jedoch auch turbulenter. Sie berät Kunden, gibt Empfehlungen, schreibt Rechnungen und bestellt Bücher. Kein Tag sei wie der andere:
"Ständig passiert etwas Überraschendes. Hier ist man am Puls der Zeit. Für viele widerspricht sich das. Sie sehen Bücher als antiquiert. Dabei lernt man täglich neue Leute mit neuen Geschmäckern kennen. Alles, was die Menschen interessiert, findet sich in Buchform wieder. Genau das liebe ich."
Ich bin vom Leben und glücklichen Menschen umgeben
Bis zum Rand mit Blumen und Pflanzen gefüllt, ...
...steht das Blumenhaus zum Dom in der Innenstadt. Inmitten dieser bunten Vielfalt ist Gabriele Gürtenhofer. Seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr kümmert sie sich um die Pflanzen in Blumenläden.
Aber ihre Liebe zum Beruf entdeckte sie als kleines Kind: "Für mich ist schon vor der Schule festgestanden, dass ich in diesem Bereich arbeiten möchte. Ich liebe Blumen. Sie bringen so viel Freude."
Und genau diese positive Energie gibt sie weiter: "Ich verbringe den ganzen Tag umgeben von Leben und glücklichen Leuten, die sich über ihre Bouquets freuen."
Ich kann die Welt verändern
Grübelnd steht der Architekt Thomas Romm in seinem lichtdurchfluteten Büro.
Vor ihm ein Tisch voller Pläne. Er sieht sich eher als Umweltarchitekt, denn ihn interessiert nicht nur das Gebäude, das errichtet wird, sondern auch die Umwelt, in der das Gebäude dann steht. "Als Kind konnte ich die enormen Mengen an Baumaterialien und ihre Auswirkungen auf den Klimawandel beobachten" (Er wuchs übrigens in der Nähe vom Lützerath auf).
Deswegen entschied Romm sich gegen einen künstlerischen Berufszweig und fand seine Passion in der Bauwirtschaft. So könne er die Welt verändern und mit Innovationen in Abfallvermeidung, Rückbauen und Regeneration etwas für die Umwelt tun.
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