Braucht es das klassische Mitarbeitergespräch dann überhaupt?
Mitarbeitergespräche sind wichtig, wenn ich Zahlen, Daten Fakten auf einen gemeinsamen Nenner bringen möchte. Aber: Mitarbeitergespräche wirken immer etwas aufgesetzt, weil man einen gesonderten Termin vereinbart.
Gerade in Teams, die ohnehin gut zusammenarbeiten, fühlt es sich wie eine Zwangsrekrutierung an. Für jene mit einer weniger guten Gesprächskultur können sie auch befremdlich behaftet sein.
Förderlich für die Unternehmenskultur ist also regelmäßiges Feedback. Wie ehrlich darf das ausfallen?
Ehrlichkeit braucht es definitiv. In circa der Hälfte der Gespräche wird jedoch nicht die ungeschönte Wahrheit gesagt. Manchmal ist das auch gut so, aus dem einfachen Grund, weil wir durch zu viel Ehrlichkeit das Ego des anderen angreifen können.
Ist das Gegenüber nicht selbstreflektiert, entsteht daraus ein Konflikt. Beide Seiten müssen daher einschätzen, wie sehr Kritik geübt werden kann und wie weit die Gesprächskultur des Unternehmens bereits ist.
Haben Sie das Gefühl, dass Unternehmen diese Kultur schon praktizieren?
Nicht nur das Gefühl, ich verfolge das auch in einigen Unternehmen. Das kritische Selbsthinterfragen von Führungskräften ermutigt auch die Mitarbeiter, sich zu öffnen.
Die Führungskraft hat in diesem Fall eine Vorbildrolle, aber auch die Mitarbeiter-Riege kann diese Gesprächskultur einfordern. Die Verantwortung liegt auf beiden Seiten.
Feedback- oder Mitarbeitergespräche sind für Arbeitgeber nicht verpflichtend – für die Mitarbeiter schon, wenn sie dazu aufgefordert werden. Auf Augenhöhe ist das Konzept damit nicht.
Das größte Hindernis ist unser Autoritätsdenken. Der Grundbaustein für eine gute Gesprächskultur ist, dass diese nur dann funktionieren kann, wenn wir unser Rollenverständnis aufgeben. Reflektierte Menschen schaffen das von selbst, bei den meisten aber braucht es Coaching.
Wie oft sollten Feedbackschleifen stattfinden?
Ein Tag ohne Gespräch ist kein guter Tag.
Das ist wahrscheinlich nicht realisierbar.
Genau deshalb gibt es in der Führungsphilosophie die optimalen Führungslinien. Habe ich fünf bis sieben Mitarbeiter pro Abteilung, habe ich eine optimale Führungslinie.
Innerhalb dieser Struktur ist es durchaus möglich, regelmäßige Gespräche zu führen, hinter die Fassade zu blicken und zu fragen, was sich wirklich gerade tut.
Pflicht oder Kür?
Das Mitarbeitergespräch im Arbeiterkammer-Check
„Natürlich spricht viel dafür, sich auszutauschen“, sagt Ludwig Dvořák von der Arbeiterkammer Wien. Das Mitarbeitergespräch sei ein Instrument der Führung, das genutzt werden kann, aber nicht muss.
Arbeitnehmer müssen einer Einladung Folge leisten, können aber in Konfliktsituationen den Betriebsrat einfordern oder ein Gedächtnisprotokoll anfertigen.
Mitarbeitergespräche können in Betriebsvereinbarungen festgelegt sein, eine arbeitsrechtliche Norm gibt es jedoch nicht. Selbiges gilt, ob ein Gespräch im Personalakt vermerkt wird. „Es besteht keine Notwendigkeit“, so Dvořák, „kommt aber häufig vor.“
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