Investor Altrichter: Wie Start-ups jetzt überleben können
Seit Mitte April ist Investor und „Business Angel“ Michael Altrichter Start-up-Beauftragter der Regierung. Im KURIER-Interview zieht er eine erste Zwischenbilanz über bisherige Maßnahmen und sagt, was getan werden muss, damit innovative Gründungen überleben können.
KURIER: Wie geht’s dem Start-up-Ökosystem aktuell?
Michael Altrichter: Grundsätzlich kommt es ganz gut durch die Krise. Start-ups sind ja agil, können Kosten oft auch schnell wieder herunterfahren und viele profitieren eher von der durch Corona gestärkten Aufmerksamkeit für Digitalisierung und Flexibilisierung.
Hat der Covid-Start-up-Hilfsfonds geholfen? Wird er nachgebessert?
Der Covid-Hilfsfonds war schnell verfügbar und wurde unkompliziert umgesetzt. Damit konnten dutzende Start-ups gerettet werden. Hätte er größer sein können? Ja, sicher. Nachgebessert wird hier nicht mehr. Allerdings ist der angekündigte Runway Fonds noch nicht vom Tisch, nur dauert es halt länger, als ich gehofft hatte. . .
Sie wurden von der Regierung als „Impulsgeber“ für die Start-up-Szene geholt. Welche Impulse konnten Sie bisher setzen?
Zuerst einmal: Es sind viele Persönlichkeiten aus dem Start-up-Ökosystem im Komitee und bringen sich sehr stark ein. Ich bin hier nur Primus inter Pares. Es gibt mehrere Themen, an denen wir arbeiten: Aktivierung von mehr Risikokapital und Anpassungen im Gesellschaftsrecht, die der DNA eines schnell wachsenden Unternehmens mit digitalem Geschäftsmodell entsprechen, sind die wichtigsten.
Die Förderungen konnten eine Pleitewelle bisher verhindern. Kommt sie jetzt zeitverzögert im Winter?
Dass verhältnismäßig wenig Start-ups in der Pandemie in Schieflage geraten sind, liegt vor allem einmal an deren Agilität, Effizienz und niedrigen Kosten, und dann erst an den Förderungen. Start-ups, die gerade in der Wachstumsphase sind und Kostendruck – vor allem durch Mitarbeiter – haben, die könnte natürlich das Ende von Abgabenstundungen oder Kurzarbeit treffen. Da geht es ihnen wie allen anderen Unternehmen auch. Im Gegensatz zu diesen kann ein Start-up im Notfall auch mal freezen und die Kosten gegen Null fahren. Der Vorteil ist, dass sich Start-ups Eigenkapital besorgen können. Der kritische Pfad ist dessen Verfügbarkeit. Daran arbeiten wir.
Was braucht es noch an Maßnahmen, damit die Gründerdynamik nicht völlig zum Erliegen kommt?
Die gleichen Maßnahmen, die eh keiner mehr hören kann, weil sie so lange schon gefordert werden: steuerliche Anreize für Risiko-Investments, einen von der öffentlichen Hand mitgetragenen Fonds, wobei ich hier auf die über 10 Milliarden Euro als Beispiel verweisen möchte, die in Deutschland im Raum stehen. Weiters die Möglichkeit, Mitarbeiter ohne steuerliche Benachteiligung am Unternehmenserfolg zu beteiligen sowie das Beseitigen bürokratischer Gründungshürden. Und natürlich viel mehr unternehmerische Lust und Gründer-Bildung vom Kindergarten an. Nicht vergessen: Die Finanzkrise 2009 war wichtiger Impuls für viele Start-up-Gründungen, das Gleiche könnte jetzt wieder passieren.
In welchen Bereichen sehen Sie nach der Krise die besten Chancen für Start-ups?
In allen. Corona zeigt gnadenlos die Schwächen unseres wirtschaftlichen Systems. Start-ups werden sehr schnell darauf reagieren und Antworten haben. Der Boom der Tech-Werte an der US-Börse ist kein Zufall. Ob hier Österreich im internationalen Kontext noch den Rückstand aufholen kann, lasse ich dahingestellt.
Wer wird es schwer haben?
Darauf habe ich keine pauschale Antwort. Gute Gründer richten ihr Unternehmen dorthin aus, wo Chancen sind und machen das schnell und entschlossen.
Haben Geschäftsmodelle, die auf Turbo-Wachstum ausgerichtet sind, ausgedient?
Natürlich nicht. Digitale Geschäftsmodelle sind per Definition potenziell schnell wachsend. Ganz im Gegenteil, sie werden immer stärker die Wirtschaft dominieren. Je besser wir uns in Österreich aufstellen, umso stärker können wir uns bei Zukunftstechnologien global positionieren.
Der Investor und Business Angel, bekannt durch die Puls4-Start-up-Show „2 Minuten 2 Millionen“ hält derzeit Anteile an 27 Start-ups. Schwerpunkte App, eServices, FinTechs, eSports und Consumer Goods
Altrichter studierte Technische Physik an den TU Wien und gründete im Jahr 2000 die paysafecard Wertkarten AG, die er 2010 verkaufte. Seit April ist er Start-up-Beauftragter der Regierung
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