Zu wenig Geld: Die österreichische Start-up-Szene stagniert

Zu wenig Geld: Die österreichische Start-up-Szene stagniert
Im Vergleich liegt Österreich beim Finanzierungsvolumen nur auf Rang 17 in Europa, die Top-Städte sind London, Paris und Berlin

Die österreichische Start-up-Szene hat im europäischen Vergleich das Nachsehen. Das lässt sich auch mit Zahlen belegen, wie eine Studie der Beraterfirma EY zeigt. „Die Entwicklung der österreichischen Start-up-Szene ist ein zweischneidiges Schwert“, sagt dazu Thomas Gabriel, Partner und Leiter der Start-up-Initiative von EY.

„Auf der einen Seite sehen wir eine steigende Anzahl von Finanzierungsrunden, immer mehr heimische Jungunternehmer erhalten frisches Kapital. Auf der anderen Seite sehen wir aber einen klaren Trend zu immer kleinteiligeren Finanzierungen. Es fehlen die ganz großen Ideen und die ganz großen Finanzierungsrunden.“

Risiko- und Wagniskapital fehlen

Im europaweiten Vergleich liegt Österreich beim Finanzierungsvolumen nur auf Rang 17. Die Top-10-Deals in Österreich hatten im ersten Halbjahr 2019 ein Durchschnittsvolumen von acht Millionen Euro. Die Schweiz lag bei 41 Millionen Euro, Deutschland bei 151 Millionen Euro. Am meisten Geld von Investoren sammelten in Österreich im ersten Halbjahr 2019 Hookipa Biotech mit 33 Millionen Euro ein, gefolgt von Adverity mit elf Millionen Euro und Usound mit neun Millionen Euro.

Auch Wirtschaftsforscher Christian Keuschnigg verweist in einer Studie im Auftrag des Rats für Forschung und Techologieentwicklung auf das fehlende Risiko- und Wagniskapital in Österreich. Das Niveau der Wagniskapitalfinanzierung liege in Österreich bei rund einem Zehntel des europäischen Schnitts. Der Vergleich erfolgte mit wirtschaftlich ähnlichen Ländern mit ähnlicher Größe, nämlich mit Israel, Dänemark, Schweden und der Schweiz.

Staatliche Absicherung könnte helfen

Der Weg aus dem lang dokumentierten Problem führt laut Experten über eine Umgestaltung im Steuerrecht und im Insolvenzrecht. In erster Linie würde Christian Keuschnigg aber auf einen anfangs mit rund einer Viertelmilliarde dotierten „Dachfonds“ setzen: So ein Fonds würde jeweils 25 Millionen Euro in rund zehn private Risiko- und Wagniskapitalfonds investieren, die dann je ein Volumen von 100 Millionen Euro erreichen sollen.

Der Staat würde dafür gewisse Ausfallsgarantien geben. Die rund zehn Fonds „investieren ihrerseits nach rein privatwirtschaftlichen Kriterien in innovative Start-ups“, so der Experte. Damit wäre eine marktwirtschaftliche Lösung mit staatlicher Absicherung möglich. Ohne Garantien des Bundes könnten sich nämlich potente Investoren wie Versicherungen oder Pensionskassen nicht beteiligen.

Top-Städte: London, Paris, Berlin

Die Top-Start-up-Städte in Europa sind neuerdings: London mit 5,7 Milliarden Euro Investitionen im ersten Halbjahr 2019, gefolgt von Paris mit 2,2 Milliarden Euro und Berlin mit 2 Milliarden Euro. In Österreich (Rang 17) ging das Volumen von 103 Millionen Euro auf 90 Millionen Euro zurück. Paris ist die Aufsteiger-Stadt in der Start-up-Szene.

„Die französische Politik hat den Start-up-Sektor zur Chefsache erklärt“, so EY-Partner Peter Lennartz. Präsident Emmanuel Macron verfolge das Ziel, Frankreich zum führenden Start-up-Standort Europas zu machen, indem bürokratische Hürden für Jungunternehmer abgebaut würden und der Staat Investoren und Gründer zusammenbringe.

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