Insolvente Signa Holding: Forderungen klettern auf 8,61 Milliarden Euro
Die Pleite der Signa-Holding sprengt alle Grenzen. Ging man anfangs von Forderungen bzw. Verbindlichkeiten in Höhe von 5,26 Milliarden Euro aus, so sind diese mittlerweile auf 8,613 Milliarden Euro gestiegen, davon entfallen rund 5,1 Milliarden Euro auf Haftungsansprüche (großteils aus Garantien und Patronatserklärungen) und 1,6 Milliarden Euro auf Passiva aus gruppeninternen Zahlungen („Intercompany-Verbindlichkeiten“, etwa Darlehensgewährungen). Insgesamt 302 Gläubiger haben Forderungen angemeldet.
Insolvenzverwalter Christof Stapf hat bisher Forderungen in Höhe von rund 80,3 Millionen Euro anerkannt. Forderungen in Höhe von 8,533 Milliarden Euro wurden vom Insolvenzverwalter vorläufig bestritten. Er hat heute, Montag, der Gläubigerversammlung seinen Bericht zur Prüfungstagsatzung vorgelegt.
„1,04 Milliarden Euro der Forderungen entfallen auf Darlehensverbindlichkeiten, 124 Millionen Euro auf Schadenersatzforderungen, 33 Millionen Euro auf Honorarforderungen. Auch die Schadenersatz- und Honorarforderungen wurden bisher großteils nicht anerkannt. Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sind mit rund 1,5 Millionen Euro vergleichsweise überschaubar ebenso wie die offenen Abgabenforderungen der öffentlichen Hand in Höhe von derzeit rund 940.000 Euro und Mietforderungen in Höhe von rund 260.000 Euro, die ebenfalls teilweise bestritten wurden“, heißt es in einer Aussendung. „Ein Teil dieser Forderungen in relevanter Höhe führt zwar momentan zu einer Aufblähung der Forderungssumme, wird aber einer strengen Beurteilung nach erster Einschätzung voraussichtlich nicht standhalten. Intercompany-Forderungen wurden vom Insolvenzverwalter vollständig bestritten.“
Vorgelegte Unterlagen nicht ordnungsgemäß
Viele Forderungen sollen erst äußerst spät oder erst nach Ablauf der Anmeldungsfrist eingebracht worden sein. Etwa ein Drittel der Forderungen soll ohne Vorlage der relevanten anspruchsbegründenden Unterlagen und teilweise sogar ohne die konkrete Darlegung der anspruchsbegründenden Tatsachen bei Gericht eingereicht worden sein. „Es wird an den Gläubigern liegen, die für eine ordnungsgemäße Bearbeitung der Forderungsanmeldungen erforderlichen Unterlagen über das Insolvenzgericht zur Verfügung zu stellen“, sagt Insolvenzverwalter Christof Stapf.
„Bestrittene Forderungen können allenfalls durch eine Klage beim Insolvenzgericht geltend gemacht werden. Zur Erhebung einer solchen Prüfungsklage wurde den Gläubigern in Absprache mit dem Insolvenzgericht eine Frist von zwei Monaten eingeräumt. Der Insolvenzverwalter wird in dieser Zeit die Forderungen weiter prüfen und im Falle der Berechtigung der jeweiligen Forderungen die Bestreitungen über das Insolvenzgericht zurückziehen. Allenfalls ist individuell mit Zustimmung des Insolvenzgerichtes eine Erstreckung der Frist möglich“, heißt es weiter.
Zwei Schiedsklagen von Seiten des Staatsfonds von Abu Dhabi, Mubadala, und AM1, sprich Al Mirqab Capital aus Katar im Wesentlichen auf die Zahlung von 713 Millionen Euro bzw. 296 Millionen Euro seien weiter anhängig. Die Signa Holding habe aufgrund der Insolvenz die Unterbrechung beider Verfahren beantragt.
Verkauf nicht betriebsnotwendiger Beteiligungen
„Der Verwertung des für den Betrieb der Signa Holding nicht zwingend erforderlichen Umlauf- und Anlagevermögens ist im Gange. Der Firmensitz der Signa Holding im „Palais Harrach“ in Wien wird mit Anfang März 2024 aufgegeben und an die Vermieterin zurückgestellt. Von der von Herrn René Benko persönlich abgegebenen Garantieerklärung in Höhe von insgesamt 3 Millionen Euro wurden, wie berichtet, zwei Drittel abgerufen und bezahlt, die Zahlung der dritten und letzten Rate wurde für diese Woche avisiert“, teilt Stapf weiter mit. „Weiter im Gange sind auch die Verhandlungen über den Verkauf nicht betriebsnotwendiger Beteiligungen.“
Bei der Signa RFR US Selection AG, die Eigentümerin des Chrysler Building in New York ist, und der Frankfurter Immobilienfirma Kadens Capital GmbH, an der die Signa Holding einer Minderheitsbeteiligung hält, laufen die Gespräche. „Auch die Gespräche über die Verwertung der Medienbeteiligungen dauern an, Deloitte wurde mit der Wertermittlung der Beteiligungen betraut. Hinsichtlich der Nachlassverfahren der schweizerischen Tochtergesellschaften der Signa Retail wird zunächst eine Anerkennung des Insolvenzverfahrens der Signa Holding in der Schweiz erforderlich sein, um überhaupt Informationen zu diesen Nachlassverfahren zu erhalten“, heißt es weiter.
Gemeinsames Lenkungsgremium?
Darüber hinaus erarbeiten der Insolvenzverwalter und Deloitte als beigezogene Sachverständige einen mittelfristigen Finanzierungsplan, prüfen die Werthaltigkeit der Aktivforderungen der Holding sowie der Beteiligungen und untersuchen weiter die Anfechtbarkeit mehrerer Geschäftsfälle – vorerst im Zeitraum von 12 Monaten vor Insolvenzeröffnung.
„Eine Koordinierung mit den anderen Insolvenzverwalter:innen der Signa-Gruppe in Form eines gruppenübergreifenden Lenkungsgremiums war aufgrund der unterschiedlichen Interessenlagen trotz erheblicher Bemühungen des Insolvenzverwalters der Holding nicht möglich. Ein gemeinsam in Auftrag gegebenes Gutachten soll nun die wechselseitigen Informationspflichten der Signa Development und Signa Prime mit der Insolvenzmasse der Signa Holding klären“, heißt es weiter.
„Nachvollziehbare Informationen aus diesen Verfahren sind zwingend erforderlich, um die Erfüllbarkeit und Angemessenheit des Sanierungsplans der Signa Holding ordnungsgemäß prüfen zu können. Als neuer Termin für eine Sanierungsplantagsatzung der Signa Holding wurde vorläufig der 29.04.2024 festgelegt. Der Insolvenzverwalter geht davon aus, dass bis dahin die Fortführung des Unternehmens unter Berücksichtigung der Erzielung weiterer Erlöse gesichert ist.“
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