Immobilienwirtschaft fordert Totalreform

Immobilienwirtschaft fordert Totalreform
Mietrecht: Experten-Plattform warnt die Politiker vor einem "Schnellschuss" vor den Wahlen.

Die Plattform Immobilienwirtschaft befürchtet, dass es noch vor den Nationalratswahlen im Herbst zu Änderungen im Mietrecht kommen könnte. Schließlich ist leistbares Wohnen ein Thema im Wahlkampf. „Ich warne ausdrücklich vor Schnellschüssen und kurzfristigen Lösungen“, lautet die Botschaft von Thomas Malloth, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder. „Es bedarf einer kompletten Neuordnung des österreichischen Wohnrechts.“ Mit der angedachten Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung allein könnten die Probleme am Wohnungsmarkt nicht gelöst werden.

Eine wesentliche Ursache für die bei der Neuvergabe vor allem in Wien sehr hohen Mieten sehen die Experten in der „Zweiklassengesellschaft“. Bei vielen alten Verträgen beträgt die Miete weniger als vier Euro pro Quadratmeter. Bei einem Drittel der Altverträge betrage die Mieter sogar weniger als zwei Euro pro Quadratmeter, erläutert Michael Pisecky, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in Wien.

Eine Jungfamilie, die neu einzieht, zahlt allerdings sieben oder acht Euro oder nach mehr. Bisher sind alle Anläufe gescheitert, die Quersubventionierung über den Gang abzustellen.

Mehr Förderung

Weiters drängt die Plattform auf den Ausbau der Förderung zur Eigentumsbildung. In Österreich wohnen 60 Prozent im Eigentum, 24 Prozent bei gemeinnützigen Bauträgern oder im Gemeindebau und 16 Prozent in privaten Mietwohnungen. In Ballungszentren wie Wien ist es anders. Dort wohnt die Mehrheit bei den Gemeinnützigen oder im Gemeindebau.

Martin Prunbauer, Präsident des Haus- und Grundbesitzerbundes, wünscht sich höhere Förderungen für Jungfamilien. „Eine Eigentumswohnung ist die Basis für Vermögensbildung und Vorsorge für das Alter.“

Ein aktuelles Problem sind auch die vielen Gerichtsverfahren über die Höhe der Zuschläge für eine gute Lage oder eine gute Ausstattung der Wohnungen.

Der Leiter der Wiener Wohnbauforschung, Wolfgang Förster, will kostengünstiger bauen.

KURIER: Leistbare Wohnungen zu schaffen scheint schwieriger geworden zu sein. Warum?

Die Baukosten und die Grundstückskosten sind gestiegen, außerdem ist die Nachfrage nach Mietwohnungen durch den Zuzug deutlich mehr geworden.

Ist die Zweckwidmung der Wohnbauförderung das Allheilmittel gegen den Preisanstieg?

Zweckwidmung ist gut, aber wir müssen auch bei den Grundstückspreisen etwas tun. Daher planen wir die Einführung der Widmung „Sozialer Wohnbau“. Innerhalb eines Jahres könnte die neue Kategorie in der Flächenwidmung umgesetzt werden. Dann darf auf diesem Grundstück etwa kein Bürohaus gebaut werden. Landwirtschafts-, aber auch bereits als Bauland gewidmete Flächen können für den sozialen Wohnbau umgewidmet werden.

Wan kommt das?

Das wird rechtlich geprüft. In Südtirol gibt es diese Widmungskategorie schon.

Wie kriegt man die hohen Baukosten in den Griff?

Wir wollen klare Begrenzungen der Baukosten. Bauherren sollen selbstständig effizienter planen, im Sinne von intelligenter Architektur.

Ist das System der geförderten Wohnungen noch zeitgemäß?

Frei finanzierte Wohnungen sind bis zu 50 Prozent teurer als geförderte. Je höher der Anteil geförderter Wohnungen, desto stärker beeinflusst er private Mieten.

Was halten Sie von der Bedarfsprüfung im Gemeindebau?

Dass der Mittelstand in Gemeindewohnungen wohnt, ist ein gutes Zeichen. In Paris und London zieht jeder aus, der es sich leisten kann. Der Aufwand für Überprüfungen wäre außerdem größer als die Einsparung.

Warum hat Wien in den letzten Jahren so viel Geld in die Subjektförderung gepumpt?

Es gibt einfach mehr Menschen, die das brauchen.

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