IHS empfiehlt Politik milliardenschweres Sparpaket

IHS empfiehlt Politik milliardenschweres Sparpaket
Das Wirtschaftswachstum werde "verhalten" bleiben, die Regierung könnte aber mit vier Maßnahmen gegensteuern.

Es war ein "verlorenes Jahr" für die österreichische Wirtschaft, sagte Holger Bonin, Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS) anlässlich der Präsentation der mittelfristigen Wachstumsprognose am Donnerstag. Und auch im Zeitraum werde das Bruttoinlandsprodukt nur "verhalten" wachsen, im Durchschnitt um ein Prozent (siehe Grafik).

Um gegenzusteuern präsentierte das IHS vier Vorschläge, "nichts davon ist wirklich populär", warnte Bonin.

Erstens sollte die neue Regierung ein kurzfristiges Sparpaket schnüren, um die jährlichen Staatsausgaben um zwei bis vier Milliarden Euro zu senken. Denn wird das Budgetdefizit nicht reduziert, drohe Österreich ein "blauer Brief aus Brüssel". 

Dabei gehe es noch nicht um die großen, strukturellen Brocken, wie eine Reform des Bildungs- oder Gesundheitssystems, sondern darum, Handlungsspielräume wieder zu gewinnen, die durch die krisenbedingt hohen Ausgaben verloren gegangen sind. "Offensichtliche Streichposten" seien etwa klimakontraproduktive Subventionen wie das Pendlerpauschale oder Steuerprivilegien für Diesel und Kerosin. Ausgaben in Forschung und Entwicklung, die einen hohen Effekt auf das Wirtschaftswachstum haben könnten, sollten dabei aber nicht gekürzt werden.

PK INSTITUT FÜR HÖHERE STUDIEN (IHS) "MITTELFRISTIGE KONJUNKTURPROGNOSE 2024-28 - SONDERTHEMA: PERSPEKTIVEN DES WIRTSCHAFTSSTANDORTS ÖSTERREICH": BONIN

IHS-Direktor Holger Bonin

Der Konjunkturmotor will nicht richtig anspringen

von Holger Bonin

Institut für Höhere Studien

Zweitens werde eine effizienzorientierte Steuerreform nötig sein. Dabei sollte unter anderem der Faktor Arbeit weniger stark belastet werden, der Familienlastenausgleichsfonds zum Beispiel aus dem Budget und nicht mehr aus den Lohnnebenkosten finanziert werden. Eine steuerliche Begünstigung von Überstunden wäre laut den IHS-Ökonomen nicht zielführend. Viel eher sollte es attraktiver werden, in Teilzeit mehr Stunden zu arbeiten, also etwa 30 statt 20 Stunden. Höher besteuern könnte der Staat etwa Alkohol, Sprit, Tabak sowie Grund und Boden.

Das würde, drittens, auch dabei helfen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, der sonst durch den demographischen Wandel absehbarerweise stärker wird. Notwendig wäre dafür ein Ausbau der Kinderbetreuung, um insbesondere vermehrte Berufstätigkeit von Frauen zu erleichtern. Ein starker Hebel wäre auch die Anhebung des effektiven Pensionsantrittsalters, etwa über höhere Abschläge bei der Korridorpension. 

Die Erhöhung des Pensionsantrittsalters müsste allerdings mit Maßnahmen flankiert werden, sagt Bonin. Wenn etwa ältere Arbeitnehmer ihren Job verlieren, müsse die Arbeitsmarktpolitik dafür sorgen, dass diese wieder eine gute Beschäftigung finden. Ein großes Potenzial für die österreichische Wirtschaft ortet das IHS auch bei Personen mit Migrationshintergrund. Das Beispiel Deutschland zeige, dass es wesentlich besser gelingen könnte, diese in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Für die Arbeitnehmer hat der Fachkräftemangel übrigens auch einen positiven Effekt: Die Arbeitslosigkeit wird absehbarerweise sinken, die Verhandlungsmacht bei Lohnforderungen steigt.

Viertens wünscht sich das IHS, dass die Politik bei den regulatorischen Rahmenbedingungen aktiv wird. Das bedeute etwa den Abbau von Bürokratie und schnellere Entscheidungen, aber auch etwa Lockerungen beim Zugang um Dienstleistungen anzubieten. Um Korruption und Wildwuchs zu verhindern, werde eine starke Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sowie eine strengere Kontrolle von Lobbyismus nötig.

Globaler Wettbewerb

Die Lohnstückkosten sind zuletzt in Folge der Inflationsangleichung der Löhne stark gestiegene. Potenziale sieht das IHS hier bei weniger Bürokratie sowie höherer Effizienz durch technische Fortschritte und den gezielten Einsatz von gut ausgebildeten Fachkräften.

Auch müssen siche die Unternehmen müssen sich laut IHS-Ökonom Klaus Weyerstrass auf höhere Energiekosten einstellen. Gründe dafür sind Verschiebungen auf den internationalen Gasmärkten, die Herausforderungen im Zuge der Energiewende und die schrittweise Anhebung des CO2-Preises. Europa müsse deswegen versuchen, möglichst viele Handelspartner dazu zu bewegen, ebenfalls CO2 zu bepreisen. Wo das nicht gelingt, müsse die Industrie mit einem Grenzausgleichsmechanismus (CBAM, Anm.) "zumindest auf dem heimischen Markt" geschützt werden. Andernfalls drohe schlimmstenfalls eine teilweise Deindustrialisierung, der Verlust von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen. Wichtig seien in dem Bereich zudem klare politische Vorgaben, damit die Unternehmen Planungssicherheit haben.

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