Hotel-Experte zu Salzburg: "Häuser werden von Hotelketten übernommen"

"Die Gerüchte vom Ableben des Städtetourismus sind falsch", sagt Norbert Kettner, Geschäftsführer des Wien Tourismus. Das Problem auf den Fernmärkten, die wegen dem "Krieg in Europa" einen Bogen um den alten Kontinent machen, lässt sich aber nicht wegdiskutieren. "Die USA, bisher drittwichtigster Markt für Wien, sind noch sehr zögerlich", sagt Kettner am Eröffnungsabend des Kongresses der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) in Wien.
Wann es asiatische Touristen wieder nach Europa ziehen wird, ist völlig offen. Vor Ausbruch der Krise war Wien jedenfalls nach Paris und London die Nummer drei auf der Städte-Liste, die bei einer Europareise abgeklappert wurde.
Einfache Kalkulation
Wie es mit einigen Salzburger Hoteliers weitergeht, ist aus Sicht des Hotel-Beraters Florian Augustin dagegen schon jetzt klar. "Ich gehe davon aus, dass viele eigentümergeführte Häuser von Hotelketten übernommen werden", sagt Augustin vom Beratungsunternehmen Hotel Partner Yield Management.
Zu seinem Geschäft es gehört, beim Zimmerpreismanagement seiner Kunden möglichst viel herauszuholen. Laut seiner Einschätzung hatten viele Salzburger Hoteliers aber über Jahre hinweg aber eine relativ einfache Kalkulation: Mit Reisegruppen aus Asien eine Grundauslastung schaffen, mit der die Kosten des laufenden Betriebs gedeckt werden und bei den Salzburger Festspielen richtig abkassieren.
"Den asiatischen Gästen wurden dann 40, 50 Euro die Nacht verrechnet", plaudert Augustin aus der Schule. In der Festspielzeit habe dasselbe Zimmer dann plötzlich 600 Euro gekostet. "Mit dem Gewinn aus der Festspielzeit haben diese Hoteliers das ganze Jahr gut gelebt und einen Porsche gekauft. In ihr Haus haben sie leider nichts investiert", sagt er. Das würde jetzt vielen auf den Kopf fallen.
Weniger Personal, mehr Profit
Und Ketten in die Hände spielen, die sich neuerdings nicht nur für die großen Bettenburgen, sondern auch für kleinere Häuser interessieren. "Früher hätte sich die Übernahme von einem Haus mit 50 Betten nicht gerechnet, doch das ändert sich mit neuen Konzepten", weiß Augustin. Mit wenig Personaleinsatz – automatisches Check-in und Automatisierung wo es geht – könne man "das maximale aus den Zimmern rausholen. Sprich, zehn bis 15 Prozent Profit".
Nebeneffekt: Solche Konzepte lassen sich gut auf weitere Häuser kopieren. Häuser mit verstaubten Konzepten haben es so immer schwerer am Markt zu bestehen. Augustin: "Es kommen immer neue Konzepte hinzu, sogar während der Pandemie ist das Bettenangebot in Salzburg weiter gestiegen."
Michaela Reitterer, Ex-Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung, plädierte bei ihrer Abschiedsrede für mehr grüne Konzepte in der Hotellerie: "Wenn wir nicht nachhaltiger werden, wird uns unsere eigene europäische Bevölkerung den Tourismus abdrehen." Ähnlich sieht das offenbar auch Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner. Seine Aufgabe sei es nicht nur, Wertschöpfung und Ganzjahresjobs in die Stadt zu bringen, sondern auch, "der Bevölkerung nicht zu sehr auf den Nerv zu gehen".
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