Gewinnabschöpfung: Nehammer verunsichert internationale Investoren

Gewinnabschöpfung: Nehammer verunsichert internationale Investoren
Wiener Börse-Vorstand Christoph Boschan ortet eine "sprachliche Ungenauigkeit" und fordert eine Klarstellung von Kanzler Karl Nehammer.

Als Bundeskanzler Karl Nehammer vergangene Woche ankündigte, dass Gewinne von Unternehmen mit Staatsbeteiligung, die überproportional von der Krise profitieren, gesetzlich abgeschöpft werden könnten, war Feuer am Dach. Der Kurs des börsennotierten Energieversorgers Verbund, an dem die Öffentliche Hand 80 Prozent hält, rasselte in den Keller.

„Der Schaden ist enorm. Ich gehe davon aus, dass es eine sprachliche Ungenauigkeit war“, sagt Christoph Boschan, Chef der Wiener Börse, zum KURIER. „Es ist ganz wichtig, dass von aller höchster Regierungsstelle eine Klarstellung zur Sicherheit des Investitions- und Wirtschaftsstandorts abgegeben wird. Das erwartet der Markt. Die internationalen Investoren sind verunsichert, der Kursverfall ging weiter.“

Gewinnabschöpfung heißt in der Börsensprache Dividendenausschüttung. Dem Staat stehe es jederzeit frei, die Dividendenpolitik an jenen Unternehmen zu bestimmen, an denen er maßgeblich beteiligt ist. Oder anders gesagt: Der Staat könne als Eigentümer die Dividenden ja auch erhöhen.

Ansonsten geht es der Wiener Börse und ihrer Schwester in Prag aber gut. Ziel ist es, deutlich stärker zu wachsen als Börsen ähnlicher Größen. Das sei gelungen. „Wir müssen diese überdurchschnittlichen Wachstumsraten erreichen, um mit den Großen wie Euronext, Nasdaq und der Deutschen Börsen-Gruppe Schritt zu halten. Und die wachsen erheblich und konstant“, sagt Boschan. „Es ist uns gelungen, die Wiener Börse bei den Anleihen unter den Marktführern in Europa zu platzieren.“ Im Vorjahr verdoppelte sich das Neulisting auf 7.000 Anleihen. Neu sind vor allem nachhaltige Anleihen nach den ESG-Kriterien, bei denen der Fokus auf Umwelt, Soziales und verantwortungsvolles Wirtschaften gelegt wird.

Gewinnabschöpfung: Nehammer verunsichert internationale Investoren

Aktien-Sparen

Der Umsatz der Wiener Börse wurde um fast sieben Prozent auf 79,3 Millionen Euro gesteigert. „Das Wachstum ist durch eine konsequente Internationalisierung dieses Hauses geschehen“, sagt der Börsenchef. Rund 80 Prozent der Handelsumsätze kommen aus dem Ausland.

Indes plädiert Boschan für lebenslanges Aktiensparen. Die ATX-Rendite betrug in den vergangenen 30 Jahren durchschnittlich 6,7 Prozent im Jahr. „In zehn Jahren können sie dabei mit einer Verdoppelung des eingesetzten Kapitals rechnen“, sagt der Börsianer. Aus einer Veranlagung von 10.000 Euro wurden nach 30 Jahren sogar 70.000 Euro. Dass der ATX in manchen Phasen mal stärker gewinnt, mal stärker verliert, liegt laut Boschan an der Komposition der ATX-Werte: Banken, Versicherer, Energieversorger sowie Stahl- und Ölindustrie.

Fakten zur Börse Wien

Handelsumsatz
Der Aktienumsatz ist im Vorjahr in Wien um sieben Prozent auf 73 Milliarden Euro und die Schwesterbörse in Prag um 19 Prozent auf zwölf Milliarden Euro gestiegen.

Vorsteuerergebnis
Der Umsatz der Wiener Börse stieg 2021 um fast sieben Prozent auf 79,3 Millionen Euro, das Ergebnis vor Steuern um 15,3 Prozent auf 47,58 Mio. Euro.

Aktieninvestoren
28,4 % aus den USA, 16,6 % aus Österreich, 15,7 % Großbritannien und 7,3 % aus Deutschland

 

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