Gewerkschafter Wimmer: "Die Lohn-Preis-Spirale stimmt so nicht"
ProGe-Vorsitzender Rainer Wimmer schaltet ungeachtet des Ukraine-Krieges in den Kampfmodus. Den Unternehmen gehe es um Profitoptimierung und der Staat sei ein Krisengewinner.
Die traditionell zähe Herbstlohnrunde findet heuer schon im Frühjahr statt. Am Dienstag gehen die KV-Verhandlungen sowohl in der Elektro- und Elektronikindustrie als auch in der Papierindustrie weiter. Die Fronten sind verhärtet. Die Forderung der Gewerkschaft nach einer Gehaltserhöhung von 6 Prozent halten die Arbeitgeber angesichts drohender Rohstoff-Engpässe anhaltender Preisspirale für völlig realitätsfern.
Rainer Wimmer, Vorsitzender der Produktionsgewerkschaft ProGe und Chefverhandler in der Elektroindustrie, kann dem Krisen-Gejammere wenig abgewinnen. "Vielen Unternehmen geht es so gut, dass sie gar nicht mehr wissen, was sie mit dem Geld anfangen sollen. Aber freiwillig geben sie nichts her. Das ist klar", sagt Wimmer zum KURIER.
Dass wegen des Ukraine-Krieges die Konjunktur massiv einbrechen wird, wie Ökonomen bereits prognostizieren, wischt er weg: "Wir können uns bei den Lohnverhandlungen nicht alles anrechnen lassen, sonst müssen wir irgendwann sogar etwas hergeben statt zu bekommen".
"Wir haben wegen der Pandemie jetzt drei Jahre lang auf Sparflamme gekocht."
von Rainer Wimmer
Kampfmaßnahmen geplant
Die Gewerkschaft erhöht daher den Druck bei den Lohnverhandlungen. Schon heute, Montag, finden Betriebsrätekonferenzen statt. Gibt es am Dienstag keine Einigung, "setzen wir die nächsten Aktionen", droht Wimmer mit Betriebsversammlungen vor und nach dem 1. Mai. Inder chemischen Industrie finden diese bereits ab Dienstag statt. Die 6-Prozent-Forderung bleibt aufrecht.
"Wir haben wegen der Pandemie jetzt drei Jahre lang auf Sparflamme gekocht, was den Unternehmen tolle Ergebnisse beschert hat. Jetzt möchten wir endlich die Ernte einbringen", argumentiert Wimmer. Zur Erklärung: Corona-bedingt betrug die Lohnerhöhung in der Elektroindustrie zuletzt 1,6 bzw. 2 Prozent und lag damit zum Teil unter der Inflation. Die Betriebe hätten dadurch gute Gewinne gemacht und wieder Dividenden ausgeschüttet. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges habe sich die Inflationsrate weiter dramatisch entwickelt.
"Wir können uns bei den Lohnverhandlungen nicht alles anrechnen lassen, sonst müssen wir irgendwann sogar etwas hergeben statt zu bekommen."
Lohn-Preis-Spirale
Dass ebendiese durch höhere Löhne erst recht angekurbelt wird – Stichwort "Lohn-Preis-Spirale" – lässt der Gewerkschafter nicht gelten. "Die Lohn-Preis-Spirale stimmt so nicht. Zuerst werden immer die Preise erhöht und nicht die Löhne". Und so lange es einen Produktivitätszuwachs gebe – wie in Österreich – könne es schon gar keine Lohn-Preis-Spirale geben, findet Wimmer.
Die Auftragslage in der Industrie sei derzeit gut, wegen Material- und Personalmängel könne aber zum Teil nicht produziert werden. Die Lieferketten-Probleme seien aber auch hausgemacht. "Weil der Metallerlohn in der Ukraine deutlich niedriger ist als in Österreich, wurde die Produktion von Kabelbäumen aus Profitgründen von Oberösterreich oder Burgenland in die Ukraine verlagert", weiß der Metallergewerkschafter, "jetzt kriegen die Firmen das Klumpert nimmer, jammern und bitten den Staat, einzuspringen".
Dieser trage mit der Kurzarbeit zur Profitoptimierung der Betriebe bei. Die Kurzarbeit wird freilich auch von der Gewerkschaft als Kriseninstrument bei Produktionsausfällen hochgehalten. Derzeit wird zwischen den Sozialpartnern gerade ein neues Kurzarbeitsmodell verhandelt, das derzeitige läuft Ende Juni aus.
"Die Produktion von Kabelbäumen wurde aus Profitgründen von Oberösterreich oder Burgenland in die Ukraine verlagert"
von Rainer Wimmer
Nein zu Gas-Embargo
Einigkeit zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite gibt es in der Ablehnung eines möglichen Gas-Embargos gegen Russland. Damit würde sich Österreich "selbst ins Knie schießen", ist Wimmer überzeugt. Produktionsstopps und Massenarbeitslosigkeit die Folge. Fakt sei aber auch, dass derzeit Gas geliefert wird. "Wir gehen nicht davon aus, dass Putin das Gas abdrehen wird, weil er das Geld braucht". Die bisherige Krisenpolitik der Regierung, etwa die Reise der Energieministerin nach Katar, bezeichnet er als "Show".
Durch höhere Steuereinnahmen infolge der Inflation sei der Staat auch ein Krisengewinner und müsse den Menschen etwas zurückgeben. Auch die Energieversorger würden mit den höheren Preisen "unanständige Gewinne" schreiben, die umverteilt werden müssten. Etwa in Form einer Sonderdividende.
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