Knill: "Die Verwaltung kann keine Krise managen"

Ein Gas-Embargo würde in der Wirtschaft zu einem totalen Stillstand, zu Massenarbeitslosigkeit und deutlich weniger Wohlstand führen, warnt Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung.

Seit dem Ukraine-Krieg gibt es ein Riesenproblem mit der Energiesicherheit. Wie energiesicher ist Österreich aufgestellt?

Georg Knill: Mit Beginn der Ukraine-Krise ist uns allen so richtig bewusst geworden, wie wichtig Gas aus der Russischen Föderation für unsere Wirtschaft und für unser Leben in Österreich und in Europa ist. Die Diskussionen, die es im Zusammenhang mit den Embargos jetzt gibt, machen uns extreme Sorgen. Denn es wird hier sehr leichtfertig von Öl- und Gas-Embargos gesprochen, ohne zu berücksichtigen, welche Konsequenzen das für unsere Wirtschaft, unser Land und unseren Wohlstand haben würde.

Club3 mit Georg Knill

Welche wären das?

Es gibt über 50 Großunternehmen in Österreich, die in ihrer Produktion sehr stark von Gas abhängig sind und weitere 7.000 Unternehmen, die Gas als wesentliche Energiequelle brauchen. Wenn es wirklich zu einem Embargo kommen würde, hätten wir einen Flächenbrand bei den wirtschaftlichen Auswirkungen. Es würde zu einem totalen Stillstand und dadurch zu Massenarbeitslosigkeit kommen. Das ist verantwortungslos, was hier auf europäischer Ebene bei diesem Thema getan wird.

Wir würden an Wohlstand verlieren, aber viele Menschen in der Ukraine verlieren Tag für Tag ihr Leben.

Wir tragen diese Sanktionen mit, weil es um den Erhalt unserer europäischen Werte geht. Aber jetzt haben wir Sanktionen und der Krieg geht nicht zu Ende. Russland ist so groß und hat so viele Ressourcen, um den Krieg weiter führen zu können. Und solange wir nicht China und Indien mit an Bord haben und es auf der Ostflanke Russlands ganz normalen Handelsverkehr gibt, wird das nicht zum Einlenken führen. So traurig es klingt, diesen Krieg kann man nur mit militärischen Mitteln beenden.

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Sie haben eine eigene Energieministerin gefordert. Gab es da eine Rückmeldung aus der Regierung?

Die Kritik an der Energieministerin hatte gute Gründe. Vor allem fehlendes Krisenmanagement. Wir haben jetzt Woche acht dieses Krieges, und erst diese Woche hat erstmals ein Treffen zum Thema Energiesicherheit stattgefunden. Das Krisenmanagement ist aus unserer Sicht durchaus verbesserungswürdig.

Nicht nur bei Themen wie Globalisierung und Handelsverträgen, auch beim Thema Technik herrscht in Österreich große Skepsis. Wie lässt sich das überwinden?

Ja, das ist schon spannend. Wir haben die größte Technik- und Wissenschaftsfeindlichkeit in Europa. Aber wir sind schlechthin das Technologieland in Europa. Das ist ein Widerspruch in sich. Wir feinden alles an, was etwas über dem Tellerrand, außerhalb der Grenzen ist, sind aber der größte Profiteur der Globalisierung. Wir genießen den Wohlstand aufgrund der globalisierten Welt und gleichzeitig kritisieren wir das.

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Wie sieht die Lösung aus?

Unsere Zukunft als Hochlohnland wird nur bestehen, wenn wir weiter das Innovationsland sind. Und da müssen wir nicht nur eine Innovationskultur haben, sondern Innovationsführer sein. Die wichtigste Quelle des Wohlstands sind die Menschen in diesem Land und was sie in den Köpfen haben. Die Innovationskraft, die in uns allen schlummert, die muss geweckt werden. Das muss teilweise noch gefördert werden, Stichwort Bildung.

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Zeigt sich in all diesen Krisen, dass unsere Verwaltung einen hohen Reformbedarf hat?

Die Verwaltung kann nicht Krise. Das hatten wir ja schon in der Pandemie gesehen. Und sie kann jetzt diese Energiekrise nicht managen. Sie ist nicht krisenfit im Sinne von dem, was wir in der Wirtschaft gewohnt sind, wo wir tagtäglich in Unternehmen mit Krisen zu tun haben und Krisen lösen müssen. Das ist die Politik anscheinend nicht so gewohnt.

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