Finanzieller Schaden?
„Die KV-Verhandlungen haben gezeigt, dass man gar keinen Abschluss mit uns will“, sagt Schaller. „Als das Angebot kam, wusste ich, die lassen es diesmal draufankommen. Da geht es um mehr. Es geht um die Zerschlagung der Gewerkschaften und der Sozialpartnerschaft.“
Bei der voestalpine kann man die Auswirkung der Streiks noch nicht beurteilen. „Da das Ausmaß der Streiks aus heutiger Sicht noch nicht abschätzbar ist, können wir auch über die möglichen Konsequenzen und den finanziellen Schaden derzeit keine Auskünfte geben“, teilte die voestalpine mit. „Es ist davon auszugehen, dass die Produktion in dieser Zeit eingeschränkt sein wird.“ Nachsatz: „Die voestalpine appelliert an die Verhandlungspartner, „intensiv weiter zu verhandeln, damit es rasch zu einem KV-Abschluss kommt“.
Nicht verzockt?
Die Gewerkschaften Pro-Ge und GPA sind auf die Arbeitgeber schlecht zu sprechen. Während sie ihre Forderung von 11,6 auf 10,6 Prozent senkten, sollen die Arbeitgeber nur 6,7 Prozent im Abtausch gegen Zusatzleistungen geboten haben. Die Lage ist verzwickt.
„Wir haben uns sicher nicht verzockt“, sagt Pro-Ge-Chef Reinhold Binder zum KURIER. „Die Arbeitgeber wollten nur 0,7 Prozent auf die angebotenen sechs Prozent darauflegen. Das müssen wir uns aber selber finanzieren, in dem wir die hundertprozentigen Überstundenzuschläge und den Mehrarbeitszuschlag für die Teilzeitbeschäftigten killen.“ Die Gewerkschafter echauffiert, dass die Arbeitgeber nur die aktuelle Inflation vom Oktober in Höhe von 5,4 Prozent, aber nicht die rollierende Inflation in Höhe von 9,6 Prozent abgelten wollen.
Beide Parteien eingemauert
„Das ist für uns ein völliger Wahnsinn“, sagt Binder. „Die wollen uns nur noch verarschen. Sie sagen damit zu den Arbeitnehmern, haut’s euch über die Häuser.“ Trotz der Differenzen wird am 30. November weiter verhandelt.
„Beide Parteien haben sich eingemauert“, sagt Wifo-Experte Benjamin Bittschi, wobei die Arbeitgeber schon die Abgeltung der rollierenden Inflation von 9,6 Prozent anerkennen müssten. „Alles darunter wäre ein Reallohnverlust für die Beschäftigen und das seitens der Gewerkschaft zu akzeptieren, sei unrealistisch“, sagt der Ökonom.
In der Zwickmühle
Andererseits müssten sich seiner Ansicht nach auch die Arbeitnehmer auf einen möglichen Kompromiss einlassen, der da lauten könnte, dass die Lohnerhöhung „nicht sofort und unmittelbar erfolgt“. Bittschi denkt dabei an eine zeitliche Streckung, bei der beispielsweise die Inflation von sechs Prozent aus dem September sofort und die restlichen 3,6 Prozent erst später ausbezahlt werden. Bittschi: „Freilich müssten sich die Arbeitgeber verpflichten, wann das genau ausgezahlt wird und sie müssten auch etwas drauf legen, weil die Arbeitnehmer ja quasi einen Kredit gewähren.“
Denkbar ist für den Experten auch, dass ein Teil der Lohnerhöhung in eine Arbeitszeitverkürzung um beispielsweise eineinhalb Stunden fließt. Also statt der heutigen Normalarbeitszeit bei den Metallern von 38,5 Stunden nur noch 37 Stunden pro Woche gearbeitet wird. „Das kostet angesichts der Rezession in der Industrie und brach liegenden Kapazitäten weniger als die volle Inflation in Geld abzugelten.“
Zu guter Letzt ließe sich freilich auch mit Einmalzahlungen die nötige Flexibilität für einen Kompromiss aufbringen. Angesichts der Möglichkeit von steuer- und abgabenfreien Einmalzahlungen bis 3.000 Euro könnte der Nettolohn der Beschäftigten für einen gewissen Zeitraum erhöht werden, ohne dass die Arbeitgeber zunächst die Bruttolöhne erhöhen müssten. Erst wenn diese Prämien aufgebraucht seien, müsste es zur Lohnerhöhung kommen.
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