Ziemlich gut veranlagt: Her mit der Quellensteuer!
Die heimischen Privathaushalte tätigen laut Oesterreichischer Nationalbank rund zwei Drittel ihrer Wertpapierinvestitionen in ausländische Titel. Vor diesem Hintergrund spielt die Rückerstattung ausländischer Quellensteuer eine wichtige Rolle bei der Optimierung von Renditen. „Der Rückerstattungsprozess ist jedoch alles andere als trivial und für viele Investoren ein Hindernis“, sagt Manfred Artmeier vom deutschen Fintech Raquest.
Die komplexen Rückforderungsprozesse würden die Geltendmachung von Ansprüchen verhindern, wodurch Anleger jedes Jahr auf Rückerstattungen in Milliardenhöhe verzichten – zur Freude der Steuerbehörden. Raquest hat dazu einen sogenannten „Quellensteuer-Atlas“ erstellt. Dieser gibt einen Überblick über die Quellensteuer bzw. deren Rückerstattung in 20 europäischen Ländern und wurde nun erstmals für österreichische Anleger veröffentlicht.
„Auch wenn der Steuersatz in einigen Ländern besonders niedrig ist und damit für den Privatinvestor im Hinblick auf die maximale Rendite äußerst attraktiv erscheint, so spielen auch die Komplexität der Beantragung, die Kosten des Rückforderungsprozesses sowie die Dauer des Vorgangs eine wichtige Rolle bei der Bewertung der tatsächlichen Lukrativität eines Marktes“, sagt Artmeier im KURIER-Gespräch.
Eine Rückforderung könne prinzipiell immer nur direkt im Quellenstaat beantragt werden. Voraussetzung, um die Steuer zurückfordern zu können, sind Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen den jeweiligen Staaten. Laut Artmeier können in der Regel bis zu 15 Prozent der Steuer angerechnet werden.
Drei Möglichkeiten
Zeitlich betrachtet, ergeben sich für einen Privatanleger drei Möglichkeiten, um den Rückforderungsprozess anzustoßen. Die Vorabbefreiung (Relief at Source) ist Artmeier zufolge subjektiv gesehen für Privatanleger die beste Lösung: Der Anleger bekommt so die komplette Dividende entsprechend seinem Rückforderungsanspruch überwiesen. Es werde lediglich der grundsätzlich fällige und nicht rückforderbare Quellensteuersatz abgezogen. Derzeit werden nur sieben Prozent der in Europa anfallenden Quellensteuer für Privatpersonen in Europa vorabbefreit.
Der Quick Refund wiederum kann angestoßen werden, sofern eine Vorabbefreiung nicht erfolgt oder versäumt worden ist. Konkret ist es ein Verfahren zur beschleunigten Erstattung, da die einbehaltene Quellensteuer innerhalb von 50 Tagen nach erfolgreicher Antragsstellung erstattet werden muss.
Bei der Standardrückforderung (Standard Reclaim) dagegen handelt sich um das gängigste Verfahren. Hier kann die erstattungsfähige Steuer nur retrospektiv zurückgefordert werden. „Je nach Investitionsland kann dieses Prozedere sehr komplex und langwierig sein“, warnt Artmeier.
Raquest hat anhand der Kriterien Steuerlast, Komplexität, Kosten und Dauer ein Ranking erstellt. Demnach sind in Hinblick auf eine maximale Steuerentlastung Norwegen, Schweden und die Schweiz die rentabelsten Märkte für österreichische Anleger. In diesen Ländern gestaltet sich die Rückforderung besonders einfach, kostengünstig und zügig in der Abwicklung. „In sechs Wochen ist das Geld samt Zinsen auf dem Konto.“
Dank der effizienten Abwicklung des Rückforderungsprozesses würden die ursprünglichen Steuerlasten von 35 bzw. 30 Prozent praktisch kaum ins Gewicht fallen, so Artmeier. „Ein oberflächlicher, erster Blick auf diese Märkte könnte Investoren anfangs trügen, denn zwei der drei Märkte weisen vergleichsweise hohe Quellensteuersätze auf.“ Dennoch böten gerade diese Länder sehr gute Dividendentitel.
Langes Warten
In Italien hingegen könne es Jahre dauern, bis die Steuer zurückgezahlt werde – wenn überhaupt. Und aufgrund der geringen Steuerlast konnten einige Länder (z.B. Niederlande, Großbritannien) nicht gereiht werden (siehe Grafik). Die USA wiederum haben ein eigenes System, das auf 15 Prozent Quellensteuerlast vorabbefreit und weitere Rückforderungen sind kaum möglich.
Artmeier rät, sich bezüglich Rückforderungen von seiner Bank beraten zu lassen. Man sollte der Bank eine entsprechende Vollmacht erteilen, damit diese die Steuerabwicklung übernimmt. In Österreich böte dieses Service aber derzeit nur ausgewählte Institute an (im Gegensatz zur Schweiz). Raquest sei diesbezüglich in Verhandlungen mit heimischen Banken, um die entsprechende Software bereitzustellen.
Österreich sei aber für Steuerausländer ein guter Platz zu investieren. „Es gibt alles online. Wäre ganz Europa Österreich, dann wäre das Quellensteuerproblem ein deutlich kleineres.“
Kommentare