"Game of Thrones": Wer mit der erfolgreichsten Serie der Welt Geld macht
Ab 14. April spaltet sich die Zivilisation erneut in zwei Hälften. Nein, gemeint sind nicht die Kontinente Westeros und Essos. Sondern jener Teil der Menschheit, der dem Epos "Game of Thrones" (GoT) mit Haut und Haaren verfallen ist.
Und der andere, der dem TV-Spektakel verständnis- bis fassungslos gegenüber steht.
Für alle "Banausen": GoT, wie Insider die Serie liebevoll nennen, basiert auf der Fantasy-Saga "Das Lied von Eis und Feuer" des US-Autors George R.R. Martin, deren erster Band 1996 erschien.
Verfilmt wurde die Serie vom US-Bezahlsender Home Box Office (HBO), die erste Staffel ging 2011 on air. Am 14. April startet die achte Staffel mit sechs Episoden, dann ist nach insgesamt 73 Folgen Schluss. Vorerst.
Erfolgsverwöhnt
GoT gilt als erfolgreichste Serie aller Zeiten. Und das soll etwas heißen für einen Anbieter wie HBO, der 17 Jahre in Folge die meisten Emmy-Preise gewinnen konnte.
Zuletzt hatten die mit Sex, Intrigen, Drachen und epischen Schlachten gespickten Folgen allein in den USA 33 Millionen Zuseher vor den Bildschirmen gefesselt.
Maßstäbe gesetzt hat das Spektakel auch mit seinen Produktionskosten. Die kratzen über alle Staffeln gerechnet an der Milliarden-Dollar-Schwelle. Für das Finale waren 15 Millionen Dollar pro Folge veranschlagt – ein astronomischer Betrag für eine TV-Serie. In solchen Dimensionen bewegen sich sonst nur Kino-Produktionen.
Allein die Gagen der Schauspieler, die durch GoT zu Stars wurden, fressen einen großen Teil des Budgets auf. Dazu wurde geschickt der Hype genährt, etwa mit der "versehentlich" geleakten Info, dass eine Schlachtenszene 55 Nächte lang in Nordirland gedreht wurde.
Für HBO geht die Rechnung dennoch auf. Bei früheren Staffeln, die mit sechs Millionen Dollar pro Folge fast günstig waren, deckte allein der DVD-Verkauf – die Boxen erscheinen pünktlich zum Weihnachtsgeschäft – die Kosten.
Dazu kommt die riesige Merchandising-Maschinerie. Im abgelaufenen Jahr hat HBO 6,6 Milliarden Dollar umgesetzt. Das Geschäft ist mit einer Marge von 38 Prozent zudem hochprofitabel. Aber wie lange noch?
Kreativität vor Quote
Jahrelang ging bei HBO Qualität vor Quantität. Man verstand sich als Kreativschmiede, nicht als Technologiekonzern. Mit Serien wie "The Wire", "Sopranos", "Sex and the City" oder "Six feet under" konnten immer wieder Cash-cows erfunden werden. Dieser exklusive Content wurde auch für Anbieter wie Amazon Prime lizenziert und somit in Cash verwandelt.
Doch dann trat Netflix in Erscheinung. Die Plattform investiert massiv in eigenen, exklusiven Content. Darunter sind Highlights wie "House of Cards" oder "Stranger Things", aber auch viel Durchschnittsware, die kein langes Leben hat. Dennoch wurde Netflix für HBO zur "größten Nemesis", wie es der Hollywood Reporter beschreibt.
Und nun hat auch noch Apple vor wenigen Tagen seine TV-Ambitionen verkündet. Apple-TV+ blieb zwar alle Details schuldig, aber das Spektakel zielte direkt auf das Herz von HBO. Regisseure wie Steven Spielberg und Sofia Coppola und Actricen wie Reese Witherspoon und Jennifer Aniston zelebrierten eine Apotheose des Geschichtenerzählens. Der smarte Technologiekonzern betritt damit Neuland – er muss erst noch beweisen, ob er neben iPhones auch TV-Inhalte produzieren kann. Aber die Kriegserklärung an die anderen Streaming-Anbieter wurde verstanden.
Die AT&T-Bosse sehen in Netflix das Vorbild für ihr TV-Business. Der Konzern, der bisher vor allem Telekom-Provider war, wollte sich mit der Übernahme von TimeWarner – die sich von 2016 bis Juni 2018 zog – neu erfinden.
Die Überlegung schien clever, weil man sich um die 85 Milliarden Dollar ein gut bestücktes Archiv an Film- und Serienrechten einkaufte. Der Bauchladen umfasst den Nachrichtensender CNN ebenso wie den Kinderkanal Cartoon Network, die Basketball-Profiliga NBA neben den Serien-Highlights von HBO oder das Filmstudio WarnerBros.
Kampf der Kulturen
Das Problem dabei: Statt unter dem AT&T-Dach in eine Richtung zu marschieren, entspann sich ein Kampf der Unternehmenskulturen, der von fast so epischen Ausmaßen ist wie in den GoT-Königreichen von Westeros.
In einer Betriebsversammlung vergangenen Juli versuchte der neue WarnerMedia-Boss John Stankey die HBO-Mannschaft auf den geänderten Kurs einzuschwören. HBO müsse größer und breiter werden sowie mehr verdienen. Dazu bedürfe es auch mehr Engagement. Die Reaktionen waren gelinde gesagt verhalten. Viele Mitarbeiter können mit dem Zugang, weniger hochklassigen, dafür reichweitenstärkeren Content zu produzieren, wenig anfangen.
Zahlreiche Top-Manager haben HBO in den vergangenen Monaten verlassen, darunter Senderchef Richard Plepler, der 27 Jahre im Konzern tätig war. Er war dafür verantwortlich, dass der Gewinn auf zwei Milliarden Dollar (2017) stieg, nicht zuletzt dank "Game of Thrones". Er launchte auch die Streamingplattform HBO Now. Für AT&T war dies alles nicht genug, um sich im heftiger werdenden Streamingkampf zu behaupten.
Die Netflix-Jäger
"Alle jagen Netflix", sagt Monika Rosen, Chefanalystin bei Unicredit Bank Austria. Fraglich sei aber, wie viel die Konsumenten bereit sind, für Streaming zu zahlen: "Vor allem, wenn sie keinen Content bieten, der sich abhebt." HBO komme jedenfalls unter Druck, wenn es zu wenig attraktive neue Inhalte gebe. HBO liefert laut Bilanz derzeit vier Prozent des Umsatzes von AT&T.
Warner Media will schon Ende 2019 seine Sender gebündelt anbieten. Mit Details geizt AT&T-Finanzchef John Stephens noch, aber: "HBO wird ein wirklich, wirklich wichtiger Bestandteil in jedem oder nahezu jedem Paket sein", sagte er bei einem Investorengespräch.
Hochklassiges soll es auch dann noch geben. Wie etwa ein Prequel von GoT, von dem im Sommer eine Pilotfolge gedreht werden soll, wie der neue HBO-Programmchef Casey Bloys dem Hollywood Reporter verraten hat. "Game of Thrones ist eine großartige Marke. Aber ich will nicht, dass HBO zu einem Game of Thrones-Sender wird. Wir stellen uns breiter auf."
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