Führender Darknet-Marktplatz vom Netz genommen
Rückschlag für Internetbetrüger: Vergangenes Wochenende ist der größte Darknet-Marktplatz (siehe Infobox) für gestohlene Kreditkarten-Daten und Sozialversicherungsnummern vom Netz gegangen. Um einen Fahndungserfolg scheint es sich nicht zu handeln. Die anonymen Betreiber der Website UniCC haben selbst angekündigt, sich zurückzuziehen. Man sei nicht mehr jung, könne nicht mehr so weiterarbeiten, heißt es in dem Statement.
Der freiwillige Rückzug ist Teil eines Trends, wie der Kriminologen David Décary-Hétu von der University of Montreal der BBC erklärte. Wer genug Geld gemacht hat, setzt sich so nicht länger dem Risiko aus, geschnappt zu werden.
Die Seite UniCC war seit 2013 aktiv und hat laut Schätzung der britischen Blockchain-Analysefirma Elliptic etwa 358 Millionen Dollar (316 Mio. Euro) eingenommen. Herausragend war dabei vor allem 2021 mit etwa 100 Millionen Dollar (88 Mio. Euro).
Der Hintergrund dieses steilen Anstiegs ist, dass der bisherige Marktführer Joker’s Stash im Februar vergangenen Jahres vom Netz genommen wurde, nachdem Strafverfolgungsbehörden einen Teil ihrer Server beschlagnahmt hatten. 2021 soll UniCC laut Einschätzung von Elliptic etwa die Hälfte des weltweiten Marktes abgewickelt haben.
Das Geschäftsmodell
Doch wie funktioniert der Betrug? Zunächst müssen die Informationen von Kreditkarten gestohlen werden. Das geschieht zum Beispiel, indem Webshops, Banken oder Zahlungsdienstleister gehackt werden. Details einzelner Karten können natürlich auch von schlecht gesicherten Konsumenten-Accounts sowie über sogenannte „Phishing E-Mails“ oder Anrufe gestohlen werden.
Diese Karten werden dann auf Handelsplätzen im Darknet verkauft, durchschnittlich um etwa 10 Dollar, die in Kryptowährungen wie Bitcoin beglichen werden. Der niedrige Preis hat einen Grund: Erstens weiß der Käufer nicht, was er bekommt. Es könnte eine leere Prepaid-Karte sein, oder eine Kreditkarte, deren Limit bereits überschritten ist. Zweitens ist natürlich zu rechnen, dass die Karte bald gesperrt wird. Also versucht der Täter, mit der Karte Güter einzukaufen, die er oder sie möglichst gut weiterverkaufen kann, etwa Smartphones oder auch Gutscheine. Solange die einzelnen Beträge dabei relativ klein sind, ist das Interesse der Strafverfolgungsbehörden auch gering.
Auf den Darknet-Marktplätzen werden auch Sozialversicherungsnummern gehandelt. Diese ermöglichen es, sich als jemand anderer auszugeben, um etwa falsche Konten zu eröffnen oder Sozialleistungen zu ergaunern.
Vorbei ist es mit dem Abgang von UniCC freilich nicht: Beobachter gehen davon aus, dass sich in dem lukrativen Geschäft ein neuer Marktführer herauskristallisieren wird. Eines der wichtigsten Kriterien ist dabei paradoxerweise die Glaubwürdigkeit der Seite. Denn die Käufer der gestohlenen Informationen wollen schließlich nicht selbst zu Betrogenen werden.
Unter Darknet versteht man den unregulierten Teil des Internets. Um sich einzuwählen braucht am einen speziellen Webbrowser (Tor-Browser) und man muss wissen, wo man hin will – denn die Seiten werden nicht in normalen Suchmaschinen indiziert. Man kann sie also nicht googlen. Die Daten werden im Normalfall verschlüsselt übertragen.
Das Darknet ist per se nicht illegal, sondern es ermöglicht rechtsfreie Räume. Der Hacker und IT-Sicherheitsberater Linus Neumann vom deutschen Chaos Computer Club beschrieb es als „ein Netz ohne Zensur und Überwachung, mit all seinen Vor- und Nachteilen“. Einerseits ermöglicht es beispielsweise Journalisten und Oppositionellen in autoritären Regimen, zu kommunizieren. Andererseits eröffnet es natürlich auch Kriminellen Spielräume: Auf Darknet-Marktplätzen werden unter anderem Drogen und Waffen gehandelt.
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