Der lange Weg zur IT-Fachkraft aus Drittstaaten
Das Wiener Krypto-Start-up Coinpanion brauchte dringend IT-Spezialisten zum Aufbau ihrer Handelsplattform für Kryptowährungen. Aber woher nehmen? Die Suche im Inland und benachbarten EU-Ausland brachte wenig Erfolg, also wandte sich das Start-up an die Austria Business Agency (ABA) um Hilfe. Mit Erfolg. "Über die ABA haben wir inzwischen fünf IT-Fachkräfte mittels Rotweißrot-Karte nach Österreich geholt, davon zwei aus Indien und jeweils einen aus dem Iran, Montenegro und Russland", berichtet Lars Krumtünger, Finanzchef von Coinpanion dem KURIER.
Letztere hätten schon länger in Österreich studiert. Das stark wachsende Unternehmen beschäftigt inzwischen 30 Mitarbeiter. "Die ABA half uns, dass wir alle Unterlagen für die Einreise rechtzeitig vorliegen hatten und nichts Falsches einreichten", schildert Krumtünger.
Fünf Monate
Dennoch dauerte der gesamte Rekrutierungsprozess für den Inder und den Iraner ungefähr fünf Monate, bei den bereits im Land befindlichen Personen zwei Monate. Zu lange, wenn die Arbeitskräfte dringend benötigt werden. Hauptgründe für die Verzögerung seien die vielen unterschiedlichen Einzelschritte, die auf individuelle Probleme keine Rücksicht nehmen.
So hätte ein Inder keine Geburtsurkunde vorlegen können und der Iraner gerne seine Gattin nach Österreich mitbringen wollen. Auch die Wohnungssuche gestaltete sich schwierig, wenn die Person noch im Ausland weilt. "Wir als IT-Experten kennen uns in diesem Bereich ja gar nicht aus, da ist es toll, eine eigene Anlaufstelle zu haben", resümiert Krumtünger. Das habe extrem geholfen, um nicht wieder Ablehnungen zu erhalten.
Anlaufstelle
ABA-Chef René Tritscher baut wie berichtet die Betriebsansiedelungsagentur zur umfassenden Standort-Agentur um. Neben der Anwerbung internationaler Unternehmen geht es auch um die Deckung des Arbeitskräfte-Bedarfs der heimischen Wirtschaft. "Wir sind als Ansiedelungsagentur jetzt verstärkt auch für österreichische Unternehmen da und sehen uns als erste Anlauf- und Beratungsstelle für alle Fragen rund um die Rotweißrot-Karte", betont Tritscher.
Durch das – für die Unternehmen kostenlose - Service der ABA, etwa die Erstberatung und die Vermittlung zwischen den Behörden, könne das Verfahren beschleunigt werden. Kritik von der Neos, die ABA erfülle den Anspruch als "One-Stop-Shop" für Unternehmen bei weitem nicht, weil sich Firmen erst recht wieder an das AMS wenden müssten, lässt Tritscher nicht gelten. Man sei ja keine Superbehörde, sondern ein Vermittler und Berater, der die Behörden entlastet, weil Fehler im Vorhinein abgefangen werden könnten.
"Mit einen falschen Antrag verliert man gleich einmal ein Monat", weiß Tritscher. Er verweist auf die aktuelle Mangelberufsliste des AMS, die heuer bereits 66 Berufe umfasst, die damit verbundenen Tätigkeiten sich international gesehen jedoch stark unterscheiden. Der Nachweis der geforderten Qualifikationen sei nicht immer einfach.
500 Beratungen
Vier Mitarbeiter/innen sind derzeit bei der ABA für das RWR-Card-Service abgestellt. Im Vorjahr wurden rund 500 Beratungen durchgeführt, vor allem für Klein- und Mittelbetriebe. Hauptaufgabe der ABA bleibt aber auch weiterhin die Servicierung ausländischer Firmen. Auch für diese sei aber Verfügbarkeit von Fachkräften eines der wichtigsten Voraussetzungen für eine Betriebsansiedelung in Österreich.
Probe-RWR-Karte
Damit qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten rascher verfügbar wären, wünscht sich Krumtünger eine vorläufige Rotweißrot-Karte für die Einreise. Werden die Mindestvoraussetzungen für den Aufenthalt erfüllt, sollfs die Person einen Probemonat machen dürfen und in dieser Zeit das Verfahren abschließen. In Deutschland dauert das Verfahren höchstens zwei Monate. Auch für bereits Studierende in Österreich könnte das Prozedere vereinfacht werden, weil bestimmte Dokumente ja bereits vorliegen würden.
Auch Tritscher spricht sich für kürzere Verfahren aus, ohne dabei die Anforderungen herunter zu schrauben. "Es geht darum, das Verfahren zu straffen".
Lockerung für Saisonkräfte
Erste Lockerungen hat der Tourismus erreicht: Stammsaisoniers aus Nicht-EU-Länder, die in den vergangenen fünf Jahren mindestens drei Jahre in Österreich gearbeitet haben, fallen nicht mehr unter das Saisonier-Kontingent. Sie können ohne Ersatzkraftverfahren durch das AMS mit Rotweißrot-Karte beschäftigt werden.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hob kürzlich eine Bestimmung auf, wonach der AMS-Regionalbeirat (4 Mitglieder) für eine Beschäftigungsbewilligung eines Ausländers „einhellig“ zustimmen muss. Auch diese Entscheidung dürfte das Verfahren beschleunigen. Bisher haben Betriebe immer auf die monatliche Sitzung des Regionalbeirates warten müssen.
Hinweis: Alle Informationen für internationale Fachkräfte und ihre Familien hat die ABA im Immigration Guide Austria zusammengefasst. Der Guide gibt auch Arbeitgebern einen guten Überblick zum Thema Ausländerbeschäftigung. Weiters bietet der Essential Guide Infos zu den Themen Arbeiten, Wohnen, Gesundheitsversorgung sowie Ausbildung und Kinderbetreuung in Österreich.
Alle Infos zur Rotweißrot-Karte finden Sie hier
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