Ex-Wirecard-Chef Braun wehrt sich gegen Befragung im Prozess

Ex-Wirecard-Chef Braun wehrt sich gegen Befragung im Prozess
Richter wollen Österreicher Markus Braun ab 19. Jänner fünf Tage lang befragen.

Im Prozess um die milliardenschwere Pleite des Finanzkonzerns Wirecard will sich der angeklagte, aus Österreich stammende, Ex-Chef Markus Braun nicht darauf festlegen, wann er sich zu den Vorwürfen äußert. Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm forderte am Donnerstag in der Verhandlung vor dem Landgericht München, zunächst müssten die Richter über seinen im Dezember eingereichten Antrag zur Aussetzung des Prozesses entscheiden. Die Richter wollen Braun fünf Tage lang befragen.

Er reagierte damit auf den Vorschlag des Vorsitzenden Richters Markus Födisch, bis zum 18. Jänner die Befragung des mitangeklagten Oliver Bellenhaus fortzusetzen und anschließend fünf Tage für Äußerungen und eine Befragung von Braun vorzusehen.

Braun muss sich auf eine eindringliche und langwierige Befragung zu seinen Unschuldserklärungen einstellen. Die Richter wollen fünf Prozesstage nur für Brauns Aussage und die anschließende Befragung des österreichischen Managers reservieren. Das kündigte der Vorsitzende Födisch am Donnerstag an. Demnach soll der des Milliardenbetrugs angeklagte Braun sich erstmals am 19. Jänner zur Sache äußern. Er steht seit 8. Dezember gemeinsam mit zwei Mitangeklagten vor Gericht.

Gewerbsmäßiger Bandenbetrug?

Die Anklage wirft Braun, dem geständigen Kronzeugen Oliver Bellenhaus und dem Ex-Chefbuchhalter gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor. Sie sollen über Jahre die Bilanzen des 2020 kollabierten Dax-Konzerns gefälscht und nicht vorhandene Milliardenumsätze erfunden und auf diese Weise von Kreditgebern über drei Milliarden Euro Darlehen erschwindelt haben. Braun weist die Vorwürfe zurück, der frühere Vorstandschef sieht sich selbst als Opfer einer Betrügerbande im Unternehmen.

"Wir warten erstmal ab, wie die Kammer über den Aussetzungsantrag entscheidet", sagte Dierlamm. Erst danach werde er mit Braun über die Modalitäten von dessen Einlassung entscheiden. Dierlamm beschwerte sich erneut, die Staatsanwaltschaft schiebe seit Prozessbeginn im Dezember eine Flut zusätzlicher Akten nach, allein in den vergangenen Tagen tausende Seiten. "Wieder werden wir mit Unterlegen überhäuft, die kein Mensch auswerten kann", schimpfte Dierlamm. Deswegen müsse das Gericht das Verfahren aussetzen. Die Verteidigerin des dritten Angeklagten Stephan von Erffa, Sabine Stetter, schlug in dieselbe Kerbe. Sie sprach von einer "enormen Zumutung", schloss sich aber Dierlamms Aussetzungsantrag nicht an.

Richter Födisch ließ offen, wann die Kammer über den Antrag entscheidet. Die Entscheidung und die erforderliche Begründung gelten als heikel, weil Verteidiger sich darauf berufen könnten, um Revision gegen ein späteres Urteil einzulegen.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Untreue und gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor. Brauns und von Erffas Anwälte haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Bellenhaus, der als Kronzeuge gilt, hat eine Tatbeteiligung gestanden. Der Dax-Konzern Wirecard war im Juni 2020 zusammengebrochen, als bekannt wurde, dass in der Kasse 1,9 Milliarden Euro fehlten. Die Wirecard-Pleite ist einer der größten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte.

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