Ex-Benetton-Manager erklärt Palmers-Kauf

Ex-Benetton-Manager erklärt Palmers-Kauf
Der österreichische Textil-Unternehmer Marc Wieser erzählt im KURIER, warum er mit seinen beiden Brüdern und Partnern Palmers übernimmt.

Ins österreichische Wäscheunternehmen Palmers (700 Mitarbeiter, 300 Filialen), jahrelang ein Sanierungsfall, wird neue Farbe gebracht. Der Textilunternehmer Marc Wieser, seine beiden Brüder Tino und Luca sowie eine Investoren-Gruppe um den Ex-Red-Bull-Manager Gernot Friedhuber und einem Austro-Amerikaner haben den schuldenfreien Teil-Betrieb Palmers AG aus der Palmers Holding herausgekauft.

Ex-Benetton-Manager erklärt Palmers-Kauf
Dafür haben die Wiesers mit ihrer Firma MTM Textilhandel GmbH laut eigenen Angaben einen höheren zweistelligen Millionen-Betrag in die Hand genommen – ausschließlich Eigenkapital. Der Kaufpreis entspricht etwa dem Zehnfachen des Vorsteuergewinns der Palmers AG, genauer gesagt des sogenannten Ebitda - des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Zuvor haben die neuen Eigentümer die Palmers-Bilanzen der vergangenen 15 Jahre durchleuchtet und geprüft.

Seit Sommer verhandelt

Der KURIER hatte bereits im Sommer 2015 über den geplanten Deal berichtet - ohne das potenzielle Käuferkonsortium zu nennen. Marc Wieser sagt, er hätte fast eine "Herzattacke" erlitten, als er den Bericht im KURIER am 1. Juli 2015 gelesen habe.

"Danke, dass sie uns damals nicht genannt haben", sagt Marc Wieser zum KURIER. "Das waren damals sehr heikle und fragile Verhandlungen. Wir haben versucht, diese so lange wie möglich diskret zu behandeln, falls aus der Übernahme nichts wird und damit für die Firma kein Schaden entsteht." Nachsatz: "Der Bericht hat mich verunsichert, weil ich nicht wusste, wer geredet hatte. Wir sind ein kleines Team."

Assistent von Luciano Benetton

Wieser hat laut eigenen Angaben das Textilgeschäft mit der Muttermilch aufgesogen, wie Wieser selbst sagt. Schon sein Großvater war Maßschneider in Graz. Er selbst werkte als Kind im elterlichen Betrieb. "Wir Buben haben mit sieben Jahren bei der Mutter und beim Großvater zum Arbeiten angefangen", sagt Marc Wieser.

Benetton-Megastores geführt

Später war er zwölf Jahre lang persönlicher Assistent im Bereich Retail (Einzelhandel) des italienischen Modemachers Luciano Benetton im Veneto, Italien. Und die Jahre beim Benetton-Boss waren dem Vernehmen nach eine harte Schule. Marc Wieser hat offenbar nicht nur viel Lehrgeld gezahlt, sondern auch seine Textil-Expertise in fast allen Bereichen, unter anderem im Design, im Verkauf, in der Logistik und auch im Ladenbau, immer weiter ausgebaut.

"Ich habe in meinen ersten zwölf Jahren bei Benetton insgesamt drei Wochen Urlaub gehabt", erzählt Wieser. "Luciano Benetton hat mich geschunden, er hat mich aber auch unterstützt und ich habe von ihm wahnsinning viel gelernt."

Rund 15 Jahre lang hat Wieser als Franchisenehmer mehrere Benetton-Megastores in Graz, Vösendorf und Wien geführt. Irgendwann später kam es dann zum Zerwürfnis mit dem norditalienischen Textilzaren. Aber das ist eine andere Geschichte.

Schon im Jahr 2003 Interesse

"Ich wollte eigentlich schon im Jahr 2003 mit Luciano Benetton Palmers erwerben", sagt Wieser zum KURIER. Doch damals kamen Finanzinvestoren wie der nunmehrige Verkäufer Quadriga Capital zum Zug.

"Die Marke Palmers hat ein Alleinstellungsmerkmal", sagt Wieser zum KURIER. Eine gute Kundenbindung und Kundenbetreuung, gut ausgebildetes Personal im Headquarter und in den Filialen, viel Erfahrung und Know-how in der Wäscheproduktion und einen Bekanntheitsgrad von 90 Prozent. Das heißt neun von zehn Österreichern kennen Palmers.

Zwei-Marken-Strategie

Noch ein wichtiger Grund sprach für die Plamers-Übernahme: Alle 300 Filialen schreiben schwarze Zahlen. Die Hälfte der Standorte wird aber von Franchisepartnern betrieben. Apropos Farbe: Wieser wird nicht nur die Filialen aufmascherln, sondern wieder zum früheren Palmers-Grün zurückkehren. Auch er versteht bis heute nicht, warum die Vor-Eigentümer das satte und traditionelle Palmers-Grün in ein ins Olive gehendes Grün umgefärbt haben.

Marke P2 Bodywear wird ausgebaut

Künftig wird auch eine Zwei-Marken-Strategie (Palmers, P2-Bodywear) gefahren. Die Handelsmarke P2 Bodywear wird speziell für Kundinnen zwischen 14 und 25 Jahren ausgebaut, und in der Wiener Innenstadt ist ein Muster-Store geplant. Mit einem großen Immobilien-Unternehmen, dem Vernehmen nach mit der Wlaschek-Gruppe, sollen bereits erste Gespräche geführt werden. Generell soll vor allem junge weibliche Kundschaft dazugewonnen werden. "Wir haben Zeit, müssen nichts überstürzen und werden auch nicht wahnsinnig viel Geld hineinstecken müssen", sagt Marc Wieser.

Modernisierung geplant

"Palmers ist kein schwerer Rucksack, denn das Unternehmen ist schuldenfrei. Wir haben auch einen sehr konservativen Business-Plan", sagt Wieser. "Wir haben einen starken Modernisierungsbedarf, um es höflich auszudrücken, auf den wir uns in den nächsten 12 bis 15 Monaten konzentrieren." Dafür werden im Jänner Investitionskredite aufgenommen. So soll auch die Software erneuert, und die Retail-Logistik und Planung beschleunigt werden.

Bruder Tino leitet Finanzen

Dass die Finanzen am Ende des Tages auch stimmen, dafür wird Bruder Tino sorgen, der für seine Sparsamkeit bekannt ist. "Der Tino ist der Finanzer bei uns und ich bin ihm für seine Sparsamkeit sehr dankbar", sagt Bruder Marc zum KURIER. "Tino hat auch eine Textilexpertise, er ist aber der Analyst. Wir ergänzen uns sehr gut, er ist mein bester Geschäftspartner, mein bester Freund und wir verstehen uns sensationell."

Frauen in die Chefetage

Nachdem Palmers wieder auf Kurs gebracht ist, wird sich Marc Wieser aus der operativen Führung in den Hintergrund zurückziehen. "Nach der Modernisierung werde ich Palmers an eine Frau übergeben", sagt Marc Wieser im Gespräch mit dem KURIER. "Denn Palmers ist ein Frauen-Business und muss von einer Frau geführt werden."

Ex-Benetton-Manager erklärt Palmers-Kauf
Die Textil-Brüder Wieser und das Palmers-Management: Ganz links außen steht Luca Wieser, die zweite Person von links ist Palmers-Geschäftsführer Wolfgang Neussner, die dritte Person mit dem braunen Sakko ist Marc Wieser, im Hintergrund steht Co-Investor und Ex-Red-Bull-Manager Gernot Friedhuber; und hinter den Damen steht der Finanz-Profi der Familie Tino Wieser. Leider wurden die Namen der beiden Damen und des Herrn, der rechts außen steht, dem KURIER nicht übermittelt.Anmerkung der Redaktion: Man möge dem KURIER diese Unhöflichkeit nachsehen.

Das Unternehmen

Die Palmers AG hat im Geschäftsjahr 2014/2015 (Stichtag ist der 30. Juni) erstellt. Mit Stand 30. Juni 2015 hatte die Palmers AG 93,55 Millionen Schulden bei Banken, die Gesamtverbindlichkeiten betrugen sogar 115,237 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss betrug 8,12 Millionen. Euro. Die Umsätze und Erträge der 300 Plamers-Läden sind in der Konzernbilanz der Palmers Holding konsolidiert (siehe unten).

Es war nur noch eine Frage der Zeit, jetzt ist der Deal über die Bühne gegangen. Die drei Finanzinvestoren Quadriga Capital, 21 Central Partners und Lead Equities, die seit vielen Jahren an der Restrukturierung von Palmers werkten, haben den Wäschekonzern nun endlich verkauft. Palmers, wurde gestern, Dienstag, von den Brüdern Marc, Tino und Luca Wieser und ihrer MTM Textilhandel GmbH sowie mit Hilfe einer österreichischen Investorengruppe um den früheren Red-Bull-Manager Gernot Friedhuber übernommen.

Über den Kaufpreis der Palmers Textil AG (300 Filialen) wurde Stillschweigen vereinbart. Die drei Finanzinvestoren Quadriga Capital, 21 Central Partners und Lead Equities, hielten insgesamt 97,22 Prozent der Palmers-Anteile, den Rest drei Privatpersonen. Die Quadria Capital mit Sitz auf der britischen Kanalinsel Jersey und die Wiener Lead Equities waren seit Herbst 2004 Plamers-Eigentümer, die fränzösischen Fonds 21 Centrale Partners bzw 21 Partners Team waren seit April bzw. August 2008 an Bord.

Nahtlose Übernahme

"Die neuen Eigentümer erklären die Stärkung der Marke in Österreich und einen deutlich stärkeren internationalen Auftritt zum Ziel. Dafür haben die Retail-Profis ein erfahrenes internationales Management-Team sowie einen international besetzten Aufsichtsrat bestellt", heißt es in einer Aussendung. Unmittelbare Priorität habe nun der nahtlose Übergang, aufbauend auf dem klaren Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Österreich, den bestehenden 300 Filialen und den Franchise-Partnern.

90 Prozent Bekanntheit

Palmers ist eine Marke mit einer 100-jährigen Geschichte, die sich über 90 Prozent Bekanntheit auf dem heimischen Markt erfreut. Unsere Vision ist, das Unternehmen nun auch international in den Vordergrund zu bringen“, erklärt Marc Wieser. Er, sein Bruder Tino Wieser und der bisherige Vorstand Wolfgang Neussner bilden die neue Führungsetage der Palmers Textil AG.

Die aus Graz stammende Familie Wieser ist laut eigenen Angaben seit Generationen in Handel und Produktion aktiv, die Brüder Wieser waren in maßgeblichen Positionen für Marken wie Benetton, Sisley, Nike und Red Bull tätig.

Drei Aufsichtsräte

In den Aufsichtsrat ziehen Christian Zwach, Fabrizio De Nardis, früher Top-Manager beim italienischen Schuhhersteller Geox und von 1991 bis 2006 beim Modekonzern Benetton mit Sitz im italienischen Ort Ponzano (Veneto) war, und Anwalt Christian Nordberg ein.

„Unsere Vision ist es, die Nummer eins Wäschemarke für unsere Zielgruppe zu werden und Palmers vom Standort Österreich aus zu einer international bedeutenden Marke zu entwickeln“, erklärt Marc Wieser. Die neuen Eigentümer sehen ein großes Potential in den Marken Palmers und p2 Bodywear.

Österreichisches Juwel?

Palmers ist ein österreichisches Juwel, das seine Strahlkraft auf globales Niveau bringen wird“, meint Wieser. „Teil der Wachstumsstrategie ist eine Multichannel-Offensive, die durch die nahtlose Verknüpfung des stationären Geschäfts mit dem Online-Handel neue Einkaufsmöglichkeiten und Services eröffnet und somit auch in der Online-Welt ein State-of-the-Art Einkaufserlebnis bietet. Nachsatz: „Die wichtigste Säule für den künftigen Ausbau des Unternehmens sind die Mitarbeiter in allen Palmers Filialen, sie repräsentieren die Tradition und die Stärke der Marke und tragen ihren Erfolg maßgeblich mit."

Palmers in Zahlen

Die Palmers Textil AG beschäftigt rund 700 Mitarbeiter, davon 550 in Österreich. Der Plamers-Konzern setzte laut Creditreform im Geschäftsjahr 2013/2014 (Stichtag ist der 31. Jänner) rund 125,842 Millionen Euro um, das Konzern-Ergebnis betrug an die 3,6 Millionen Euro.

Im Geschäftsjahr 2014/2015 betrug der Palmers-Umsatz 125,427 Millionen Euro, das Betriebsergebnis fünf Millionen Euro, das Finanzergebnis minus 1,28 Millionen. Der Jahresgewinn lag bei 3,455 Millionen Euro und der Bilanzverlust bei 7,265 Millionen Euro. Detail am Rande: Der Verlustvortrag aus dem Jahr 2013/14 betrug 53,97 Millionen Euro, der aus dem Jahr 2014/15 nur noch 7,265 Millionen Euro.

Die Die MTM Textilhandel GmbH mit Sitz in Wien wird von den Brüdern Marc, Tino und Luca Wieser geleitet. Die Familie Wieser ist laut eigenen Angaben seit Generationen in der Produktions- und Handelsbranche tätig und "vereint jahrzehntelange Erfahrung in der Führung von Handelsunternehmen mit umfassender Expertise und Know-how im Textilhandel".

Kommentare