Erste Group: Hoher Gewinn in Zeiten der Krise(n)

Erste Group: Hoher Gewinn in Zeiten der Krise(n)
Die Großbank schrieb 2023 einen Nettogewinn von fast drei Milliarden Euro. Der Vorstand schlägt Dividende von 2,70 Euro je Aktie vor.

Willi Cernko hat am Donnerstag seine letzte Bilanz vorgelegt. Und die Zahlen können sich sehen lassen.

Dank des günstigen Zinsumfeldes und eines moderaten Kreditwachstums konnte die Erste Group unter Cernkos Leitung 2023 einen Nettogewinn von fast drei Milliarden Euro erwirtschaften. Das ist ein Anstieg um 38,5 Prozent gegenüber 2022 – und das in einem Jahr mit ausgeprägter Konjunkturflaute.

Cernko, der Anfang Juli 68 wird, räumt  den Erste-Chefsessel im Sommer und übergibt das Zepter an den früheren Erste-Bank-Chef und derzeitigen CEO der baltischen Luminor Bank, Peter Bosek (55).

Für die SPÖ sind Banken wie die Erste Group Krisengewinner. Sie würden massiv von den höheren Zinsen profitieren und Rekordgewinne einfahren, während Sparer und Kreditnehmer leiden, so die Argumentation.

Cernko und Erste-Finanzchef Stefan Dörfler verwiesen unter anderem auf die vielen Jahre der Niedrig- bis Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank, in denen ein hoher Zinsüberschuss für Banken ein Fremdwort war. 

Nach den kräftigen Zinsanhebungen der EZB im Kampf gegen die Inflation zeigt sich nun folgendes Bild: Der Einlagensatz, den Geschäftsbanken bekommen, wenn sie überschüssiges Geld bei der EZB in Frankfurt parken, liegt seit September 2023 bei 4,0 Prozent. Sparer, die ihr Geld täglich fällig anlegen, bekommen laut AK-Bankenrechner derzeit maximal 2,5 Prozent. Bei einer Bindungsdauer von einem Jahr locken Zinsen von immerhin 3,5 Prozent. 

Zum Argument, die Sparzinsen würden bereits wieder sinken, obwohl die EZB die Leitzinsen noch gar nicht gesenkt habe, meinte Cernko: „Auch die Kreditkonditionen kommen schon wieder zurück.“ Die  in diesem Jahr erwarteten Zinssenkungen  seien de facto schon eingepreist. „Wir laufen der Entwicklung voraus“, so der Bankchef.

Auf der Kreditseite fand der große Einbruch bei den Wohnimmobilienkrediten schon im Herbst 2022 statt, danach folgte eine Seitwärtsbewegung. 2023 gelang der Erste Group wieder ein Kreditwachstum um 2,8 Prozent  auf 207 Milliarden Euro. 
Auch im Kreditbereich verdient die Bank gutes Geld. Der Leitzins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der EZB besorgen können, liegt bei 4,5 Prozent.

Über beide Bereiche gerechnet – Einlagen wie Kredite  – konnte die Erste Group einen Zinsüberschuss von 7,2 Milliarden Euro erzielen, rund 1,2 Milliarden mehr als 2022.  Von dieser Summe stammt in etwa ein Drittel von  der Einlagenseite, so Dörfler.
Im Ausblick auf 2024 blieb Cernko vorsichtig. Das Nettoergebnis werde zwischen 2,6 und 2,8 Milliarden Euro – also   unter 2023 – erwartet. Das Kreditwachstum dürfte auf fünf Prozent steigen. Sinkende Zinsen dürften helfen, sowie die erwartete Lockerung bei den Ausnahmekontingenten für Banken bei den Kreditvergaberegeln.

Aktionäre sollen für 2023 eine Dividende von 2,70 Euro je Aktie bekommen (2022: 1,90 je Titel). Dennoch ging es an der Börse mit der Erste Group  um  mehr als vier Prozent bergab. Es könnten Gewinnmitnahmen oder der eher verhaltene Ausblick schuld daran sein ... 

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