Wie der Ukraine-Krieg ein Umdenken in der Energiewirtschaft befeuert

Ölförderpumpen im Marchfeld
Die Haushalte zahlen mehr für Energie. Wie es weitergeht, ist unklar. Experten sind sich einig, dass die Akzeptanz für den Erneuerbaren-Ausbau gestiegen ist.

Der russische Angriffskrieg hat europaweit eine Energiekrise ausgelöst. Viele Konsumentinnen und Konsumenten fragen sich, wie es weitergeht. Der KURIER hat drei Energie-ExpertInnen zu einem Austausch am Round Table geladen.

Round Table zum Thema Energie

Sandra Matzinger:  Ökonomin an der Wirtschaftsuniversität Wien und Energieexpertin bei der Arbeiterkammer

Barbara Schmidt: Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, der Branchenvertretung der E-Wirtschaft

Wolfgang Urbantschitsch: Seit 2016 Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, davor bei der europäischen Regulierungsagentur ACER

Während bei manchen Themen Einigkeit herrschte, gab es bei anderen eine lebhafte Diskussion. So geht etwa AK-Ökonomin Sandra Matzinger von weiteren Preissteigerungen aus, während sich Branchenvertreterin Barbara Schmidt dazu nicht festlegen wollte – und Wolfgang Urbantschitsch von der Regulierungsbehörde E-Control verwies gar darauf, dass die Preise mancherorts sogar gesunken sind.

Macht der Staat genug, um Haushalten zu helfen?

Matzinger: Wir sehen  jetzt schon, dass die Energiearmut ansteigt. Einkommensschwache Haushalte haben schon vor der Krise etwa neun Prozent ihres Einkommens für Energie ausgegeben, energiearme  etwa 20 Prozent. Bei den Preissteigerungen ist davon auszugehen, dass sich dieser Kostenfaktor noch erhöhen wird. Die Statistiken hinken klassischerweise gut zwei Jahre hinterher, also sehen wir die Auswirkungen noch nicht in den Zahlen. Aus unserer Sicht wird es jedenfalls noch mehr Maßnahmen brauchen. Insbesondere das Thema Heizen ist es für einkommensschwache Haushalte zentral. Die Strompreisbremse ist ein guter erster Schritt. Was wir sehr kritisch sehen, sind Einmalzahlungen, weil die nicht nachhaltig wirken.

Urbantschitsch: Die erste Preissteigerung Ende vergangenen Jahres ist mit den staatlichen Unterstützungen durchaus abgefangen worden. Inzwischen gab es eine zweite Welle der Preiserhöhungen und auch der Unterstützungen. Nur haben viele wahrscheinlich den Überblick verloren. Zur besseren Transparenz und auch zur Umsetzung bräuchten wir eine zentrale Stelle, die konkret weiß, welche Personengruppen Unterstützungsbedarf haben und die Politik kann dann gezielte Maßnahmen treffen.

Schmidt: Dem kann ich mich nur anschließen. Beim Energiekostenausgleich ist versucht worden, die Abwicklung den Energieunternehmen zu übertragen. Wir haben davor gewarnt, weil wir diese Daten nicht haben. Dafür braucht es eine Vielzahl von Schnittstellen, auch mit dem Bundesrechenzentrum. Diese Komplexität hat zu Fehlern und breiter Kritik geführt. Bei der Strompreisbremse kommt die Kritik jetzt genau aus der anderen Richtung: Damit die Förderung schnell abgewickelt werden kann, werden alle über einen Kamm geschoren.

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