Ein Milchbauer als Stromlieferant
Sanft reiht sich Hügel an Hügel, in den Tälern dazwischen kleine Ortschaften. Ganz oben auf einem dieser Hügel in der weststeirischen Gemeinde Bärnbach liegt der Hof der Familie Unterhuber. An klaren Tagen reicht der Blick bis nach Slowenien. Früher einmal trübte der Schornstein des Braunkohlekraftwerkes Voitsberg die Idylle. Aber das wurde vor Jahren abgerissen.Früher einmal waren auch alle Landwirte in der Gegend Vollerwerbsbauern. Die Milchwirtschaft brachte genug ein für die Familien. Heute sind die Unterhubers fast die einzigen, die noch ausschließlich von ihrer Landwirtschaft leben: 30 Kühe, 39 Hektar Grünland und 22 Hektar Wald sind die Lebensgrundlage von Georg Unterhuber und seinen Eltern. Für die Altbauern reichten die Einkünfte. Doch Georg begann sich schon vor Jahren Sorgen zu machen.
Zu Besuch bei Jungbauer Unterhuber
„Milchwirtschaft heißt: 365 Tage im Jahr zu arbeiten. Da gibt es keinen Urlaub, kein Wochenende“, sagt er. Allein werde er das also nicht schaffen können. Und mit 30 Kühen sei der Betrieb zu klein, um sich Mitarbeiter leisten zu können. Ganz abgesehen davon, dass landwirtschaftliche Arbeit als wenig attraktiv gelte. Mitarbeiter seien daher kaum zu finden.
„Ich müsste den Betrieb also vergrößern. Aber Investitionen in neue Stallungen und Rinder rechneten sich nicht.“ Die Baukosten steigen von Jahr zu Jahr. Der Milchpreis aber ist von umgerechnet 42 Cent vor dem EU-Beitritt Österreichs auf 36 bis 37 Cent je Liter gefallen. Kein Wunder also, dass viele Landwirte in der Umgebung zugesperrt haben oder auf Nebenerwerb umgestiegen sind. Die wenigen, die noch weitermachten, haben die Erträge allerdings kräftig gesteigert. Heute produzieren fünf bäuerliche Betriebe so viel Milch wie früher 30, erläutert Georg Unterhuber.
Expansion aber war für Unterhuber kein Thema. „Wir sind mit der Milchwirtschaft am Plafond angekommen. Wir können nicht erweitern, weil wir keine Arbeitskräfte zur Verfügung haben“, beschreibt der Jungbauer die Situation. Innovation war also gefragt – „untypisch für Bauern“, wie Georgs Vater meint. Es sei ein altes Leiden der Bauern, dass sie immer so weitermachen wollten, wie gewohnt.
Georg Unterhuber aber dachte nie so. Er begann schon vor fünf, sechs Jahren, Alternativen zu suchen.
Die Stromerzeugung aus Sonnenenergie wurde sein erstes, zusätzliches Standbein. Auf der Südseite des Hügels, auf dem der Hof steht, verwandelte er eine Wiese in ein Kraftwerk: Solarpaneele mit einer Gesamtleistung von 350 Kilowatt hat Georg Unterhuber dort errichten lassen. Strom für rund 120 Haushalte produziert die Fotovoltaik-Anlage. Das ist durchaus ertragreich – mit einem geförderten Tarif von zehn Cent je Kilowattstunde über 13 Jahre.
Georg Unterhuber hätte gerne eine noch größere Solaranlage aufgestellt. Doch damit stieß er an gesetzliche Hürden. Von der Bürokratie ganz zu schweigen. „Da haben doch glatt Bewohner, die hinter dem Hügel leben, Blendgefahr durch die Paneele befürchtet. Und Beamte meinten, wir sollten die Anlage hinter Bäumen verstecken“, erzählt er. Doch an Hartnäckigkeit mangelt es weder Georg noch seinem Vater. Und so konnten sie ihr Solarkraftwerk 2014 doch in Betrieb nehmen, wenn auch etwas kleiner als gewünscht.
Trüffel und Kräuterseitlinge
Der Ökostrom allein war Georg Unterhuber zu wenig Diversifikation für den Bauernhof. Auf der Suche nach weiteren Alternativen stieß er vor drei Jahren auf die Trüffelzucht. Ein Seminar bei einem französischen Trüffel-Spezialisten in Niederösterreich überzeugte ihn.Bodenproben auf der Wiese vor dem Hof brachten ein positives Ergebnis: „Geeignet für die Trüffelzucht“, erzählt der Jungbauer erfreut. Doch Trüffel zu züchten, birgt auch Risiken. Erst fünf Jahre nach dem Anbau ist die erste Ernte zu erwarten. Erst dann steht fest, ob das Experiment gelungen ist. Bis dahin muss er dafür sorgen, dass die Plantage – Trüffel wachsen in der Erde unter Bäumen – regelmäßig gemäht wird und die Beschattung und Feuchtigkeit konstant ist.
Schnelleren Erfolg bringt sein drittes neues Standbein: die Zucht von Kräuterseitlingen. Im Keller seines Wohnhauses hat er eine Plantage angelegt, Keimfreiheit, konstante Temperaturen und Lichtverhältnisse sind Voraussetzung. Die ersten Ernten sind gelungen. „Wir beliefern bereits Kunden und Restaurants im Grazer Raum“, freut er sich. Seine Hoffnung: Den Hof so aufzustellen, dass er die Arbeit in zehn, 15 Jahren auch allein schaffen kann.
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