Dritte Piste: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Richter

Dritte Piste: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Richter
Justiz hat Verfahren eingeleitet – Verdacht auf Befangenheit bzw. Amtsmissbrauch

Die umstrittene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) gegen den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien beschäftigt jetzt auch die Justiz. Die Wiener Staatsanwaltschaft hat vor wenigen Tagen gegen zwei der drei Verwaltungsrichter, die das Erkenntnis verfassten, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Wegen des Verdachts auf Befangenheit bzw. Amtsmissbrauch. Es gilt die Unschuldsvermutung.

"Das Ermittlungsverfahren ist eingeleitet worden", bestätigt Nina Bussek, Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, gegenüber dem KURIER. Ermittlungen gegen Richter sind nicht alltäglich. Da das BVwG von besonderem öffentlichen Interesse ist, ist der Fall berichtspflichtig an das Justizministerium.

Die Vorwürfe gegen die Richter kamen vor einigen Wochen über die Whistleblower-Hotline der Korruptions-Staatsanwaltschaft. Diese erklärte sich für nicht zuständig und leitete die Causa an die Wiener Staatsanwaltschaft weiter. Dort startete man nach eingehender Prüfung die Ermittlungen.

Hinter dem Whistleblower, der über das System mit der Staatsanwaltschaft direkt kommunizierte, könnten frustrierte Grundstückseigentümer stehen. Diese hatten sich – zu früh – auf die Ablösen für ihre Flächen durch den Airport gefreut. Die Flughafen AG hat für Grundablösen insgesamt bis zu 200 Millionen budgetiert.

Den Richtern wird Voreingenommenheit vorgeworfen. Mit der Begründung, ihre Entscheidung stehe in Widerspruch zu den Gutachten.

Berufliches Vorleben

Das berufliche Vorleben der drei Richter sorgte bereits für Diskussionen. Werner Andrä jobbte vor seiner Richter-Karriere als Generalsekretär der "Land & Forst Betriebe Österreichs", einer Interessensvertretung der großen heimischen Agrarier und Forstwirte. Er arbeitete für den Lobbying-Verein, als das UVP-Verfahren für die Piste schon im Laufen war. Einer der Beschwerdeführer gegen die Piste ist der Groß-Landwirt Dietrich Buschmann, Mitglied von "Land & Forst".

Die beiden anderen Richter, Christian Baumgartner und der Senatsvorsitzende Thomas Büchele, kommen aus dem Umweltministerium. Vor allem Baumgartner wird ein Naheverhältnis zu Umwelt-Gruppierungen nachgesagt.

Eventuelle Befangenheiten von Richtern sind ein besonders sensibles Thema. Die Schwelle sei sehr niedrig, "es reicht allein schon der Anschein", erklärte der auf Verwaltungsrecht spezialisierte Jurist Stefan Huber von der Großkanzlei CHSH.

Weitere Anzeige

Noch nicht abgeschlossen ist die Prüfung einer Sachverhaltsdarstellung des "Verein gegen die Freunderlwirtschaft", die ebenfalls vor einigen Wochen bei der Staatsanwaltschaft einlangte. In dieser Anzeige wird dem Präsidium und dem für die Richterbestellungen zuständigen Personalsenat Amtsmissbrauch wegen parteipolitischer Postenbesetzungen vorgeworfen, der KURIER berichtete. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.

Präsident Harald Perl, SPÖ, und sein schwarzer Vize Michael Sachs wollten gegenüber dem KURIER keine Stellungnahme abgeben. Das erst 2013 gegründete BVwG, mit 220 Richtern das größte Gericht Österreichs, gehört nicht zur Justiz, sondern zum Bundeskanzleramt.

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