Der Skandal um die Abgasmanipulation bei VW-Dieselautos, der vor acht Jahren geplatzt ist, belastet nach wie vor die österreichischen Gerichte überaus stark. Allein Anwalt Michael Poduschka führt 1.600 Einzelverfahren und 12 der 16 Sammelklagen (10.000 Fahrzeugbesitzer) für den Verein für Konsumenteninformation (VKI).
Obwohl etwa 80 Prozent der Klagen VW und seine Konzernmarken Audi, Porsche, Skoda und Seat betreffen, stehen auch andere Hersteller im Verdacht, dass sie die Abgasreinigung manipuliert haben. Dazu zählen u. a. Fiat, Ford, Mercedes, Renault oder Volvo.
Ursprünglich ging es bei den VW-Motoren EA189 um eine Abgas-Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung, die erkennt, wann sich ein Fahrzeug für Abgastests auf dem Rollenprüfstand befindet und dort vorgaukelt, dass die Abgasbestimmungen eingehalten werden. Später wurden auch noch die „Thermofenster“ als weitere Mängel entdeckt.
Thermofenster-Tests kosten bis zu 50.000 Euro
Ein Thermofenster stellt eine im Auto verbaute Software dar, welche die Abgasreinigung bei bestimmten Temperaturen ausschaltet. Die Autobauer behaupten, so den Motor vor etwaigen Schäden zu schützen. Zum Beispiel gibt es Fahrzeuge, die zum Beispiel unter 15 Grad Celsius und über 33 Grad ohne Abgasreinigung und somit im Schmutzmodus fahren. Das ist laut EuGH und OGH rechtswidrig.
Das Thermofenster ist aber nicht bei allen Marken gleich ausgelegt. Hierzulande sollen aber mehrere Hunderttausend Fahrzeuge betroffen sein. „Im Grund kann jedes Dieselauto betroffen sein, das zwischen 2008 und dem 31. August 2018 erstzugelassen wurde“, meint Poduschka. Ist nicht klar, ob das Modell betroffen ist, müssen aufwendige Abgastests gemacht werden. Kosten: rund 50.000 Euro je Fahrzeug.
Minderwert-Klagen
Indes gibt es zwei Arten von Klagen: Einerseits die Rückabwicklung des Autokaufs und andererseits Minderwert-Klagen, bei denen die Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises das Ziel ist.
„Bei der Rückabwicklung erhält man den Kaufpreis zurück abzüglich der gefahrenen Kilometer, aber plus Zinsen“, sagt Poduschka. „Das führt in den meisten Fällen dazu, dass man so viel zurückbekommt, wie man damals beim Kauf bezahlt hat.“ Es hängt aber von den gefahrenen Kilometern ab.
Im Grunde nach Recht gegeben
In den Minderwert-Einzelklagen haben die Gerichte den Klägern bisher meist zehn bis 30 Prozent Schadenersatz zugesprochen.
Auch in einer der 16 VKI-Sammelklagen, in der 20 Prozent Schadenersatz gefordert wird, gibt es ein Urteil des Erstgerichts. „Das Landesgericht St. Pölten hat uns im Grunde nach Recht gegeben, hat aber der Höhe nach völlig daneben gehauen“, sagt Poduschka. „Das Gericht hat gesagt, dass wir nur bis zu 4,5 Prozent Abschlag vom Kaufpreis erhalten.“ Dagegen hat der Anwalt ein Rechtsmittel eingelegt.
Indes hat VW bei den Autos mit dem EA189-Motor zwar ein Software-Update durchgeführt, doch laut OGH hat dieses den Mangel nicht behoben. Auch sollen bei den EA189-Motoren die Thermofenster belassen worden sein.
Neuer Mercedes-Fall
„Wir diskutieren in den Einzelverfahren nur darüber, mit welcher Methode die Höhe der Entschädigung herausgefunden werden kann bzw. um wie viel die Leute zu viel bezahlt haben“, sagt Poduschka.
Zuletzt wurde bekannt, dass bei Mercedes-Fahrzeugen des Modells E 350 Blue Tec (Motor: OM 642) drei unzulässige Abschalteinrichtungen, darunter ein Thermofenster, eingebaut sein sollen. Das deutsche Kraftfahrtbundesamt hat Mercedes bis Ende September Zeit gegeben, technische Lösungen zu finden. Ansonsten droht eine Stilllegung der Fahrzeuge. Dazu teilt Mercedes dem KURIER mit: „Wir gehen derzeit davon aus, dass für Fahrzeuge, die von einer finalen Entscheidung zu den beschriebenen Funktionalitäten betroffen sein könnten, bereits Software-Updates entwickelt und im Feld verfügbar sind.“
Kommentare