Die Hausbank der EU macht auf grün: 1.000 Milliarden für die Klimawende
Es wird ein gewaltiger Kraftakt: Bis 2030 sollen die 27 EU-Staaten insgesamt 55 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. Dieser ehrgeizige Beschluss wurde vergangenen Freitag beim EU-Gipfel in Brüssel gefasst.
Schier unvorstellbare Investitionssummen werden dafür nötig sein. Tausend Milliarden Euro (eine Billion) will die Europäische Investitionsbank (EIB) dazu in den kommenden zehn Jahren anstoßen. Dazu hat die quasi Hausbank der EU – Eigentümer sind die Mitgliedsstaaten – ihre Förderpolitik drastisch umgestellt und stoppt die Finanzierung neuer Projekte mit fossilen Brennstoffen.
„Laufende Verträge in diesem Bereich werden noch zu Ende geführt, aber keine neuen mehr abgeschlossen“, schildert Thomas Östros, Vizepräsident der EIB, dem KURIER. Denn bereits vor einem Jahr schlug die Bank einen neuen Weg ein: „Wir sind die größte Klimabank der Welt“, sagt der frühere schwedische Minister.
Keine neuen Flughäfen
Mittel für Kohlekraftwerke oder Gaspipelines werde es daher künftig ebenso wenig geben wie etwa für den Bau neuer Flughäfen. In ihrem Klimafahrplan hat die in Luxemburg angesiedelte Bank festgelegt: „50 Prozent unserer künftig geförderten Projekte werden direkt dem Klima- und Umweltschutz dienen“, führt Östros aus. „Und die anderen 50 Prozent dürfen auf das Klima keine negativen Auswirkungen haben.“
In Österreich, wo die EIB im Vorjahr Investitionen in Höhe von 1,55 Milliarden Euro angestoßen hat, betrug der Anteil der klimaschutz-fördernden Projekte knapp ein Drittel.
Werden aber EIB-Mittel für die Förderung von – treibhausgasfreier – Atomkraft fließen?
Der Vizechef der Bank antwortet vorsichtig: „Die Haltung zu Atomostrom ist sehr unterschiedlich in den Mitgliedsstaaten. Manche sind dafür, andere sind strikt dagegen. Es ist sehr schwierig, mit nuklearen Projekten Gewinne zu erzielen. In meiner Heimat Schweden etwa beginnen die Energiegesellschaften, Kraftwerke zu schließen. Nächstes Jahr ist es wieder bei einem so weit.“
Weniger Investitionen
Letztlich aber sei es, sagt Thomas Östros, der politische Beschluss der Europäischen Union, was als „akzeptable Energiequelle“ angesehen werde. Sicher sei aber derzeit: Der EIB liegt keine Anfrage zur Projektfinanzierung für die Erzeugung von Kernenergie vor.
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise könnten die ehrgeizigen Pläne der „weltgrößten Klimabank“ allerdings erheblich bremsen: In Österreich etwa will jedes zweite Unternehmen wegen der Pandemie vorerst weniger investieren als ursprünglich geplant. In einer EIB-Umfrage sagten 54 Prozent der österreichischen Firmen, dass sie ihre Investitionen zurückfahren.
„Die Covid-Krise beweist doch nur umso mehr, wie nötig es ist, massive Investitionen in Richtung Klimaneutralität zu führen. Sie erinnert uns daran, wie sehr wir global voneinander abhängig sind“, sagt Thomas Östros. „Und wenn wir nicht genug investieren, wird die nächste große Krise eine Klimakrise sein.“
Der ehemalige Spitzenmanager beim Internationalen Währungsfonds sieht die EIB dabei als „Spitzenreiter“ in der Bankenwelt. „Es wird Schritt für Schritt gehen und eine Weile dauern“, ist sich Östros sicher, „aber die Marktwirtschaft wird sich den politischen Zielen für eine Klimaneutralität anpassen: Europa will sie 2050 erreichen, China will es für 2060.“
Mit anderen Worten: Früher oder später könnten alle Banken, nach Erwartungen des EIB-Vizechefs, vor dem Beschluss stehen, nur noch Projekte zu fördern, die dem Weltklima nicht mehr schaden.
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