"Preisaktionen sind wie Drogen": Black Friday zwischen Kaufrausch und Rabattaktionen
Den Black Friday am 24. November zu übersehen ist so gut wie unmöglich. Online-Riesen wie Amazon oder Zalando machen bereits Wochen zuvor mit großen Rabatt-Aktionen darauf aufmerksam. Doch auch außerhalb der digitalen Welt entkommt man der Rabattschlacht nicht. Große Videotafeln an den Hauptverkehrsstraßen bewerben die Schnäppchen, in der Innenstadt erinnern Geschäfte mit bunten Schildern in den Auslagen an die Aktionen.
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Der Black Friday stammt ursprünglich aus den USA, es ist der Freitag nach Thanksgiving, das immer auf den vierten Donnerstag im November fällt. Heuer ist das der 24. November. Das Wochenende nach dem Erntedankfest gilt in den Vereinigten Staaten als Startschuss für das Weihnachtsgeschäft. Der Onlinehandel zieht mit dem Cyber-Monday nach. Zunehmend schwappte die alljährliche Rabattschlacht auch nach Europa und damit nach Österreich.
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Das Potenzial der Aktionswochen ist für den Handel jedenfalls groß. Laut einer aktuellen PwC-Umfrage wollen 70 Prozent der Deutschen an den Tagen rund um den Black Friday gezielt nach Angeboten suchen. Im Schnitt wollen sie demnach rund 280 Euro ausgeben, das sind acht Euro weniger als im vergangenen Jahr.
Starker Umsatz in Österreich erwartet
Auch in Österreich rechnet der Handelsverband mit einem starken Umsatz. Für die bevorstehenden Sondereinkaufstage Black Friday und Cyber-Monday erwarte man einen Umsatz von 450 Millionen Euro. Das sei zwar um zehn Millionen Euro mehr als im Vorjahr, inflationsbereinigt aber ein Minus von rund sieben Prozent, räumt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will ein.
Aktionstage wirken für Handel nur kurzfristig
Christoph Teller, Vorstand des Instituts für Handel, Absatz und Marketing der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz warnt generell vor Aktionstagen wie dem Black Friday: "Konsumentinnen und Konsumenten gewöhnen sich an Aktionspreise und nehmen dann mittel- und langfristig die Kurantpreise als zu hoch wahr. Denn Preisaktionen und Aktionstage sind wie Drogen, sie machen den Handel kurzfristig high, aber langfristig krank."
Auch für Konsumentinnen und Konsumenten kann die Rabattschlacht rund um den Black Friday zum Verhängnis werden. Vermeintlich große Rabatte verlocken oftmals zu impulsiven Kaufentscheidungen. Das weiß auch Gudrun Steinmann, Leiterin der Finanzbildung in der Fonds Soziales Wien (FSW) Schuldenberatung: "In den vergangenen fünf Jahren hatten wir in der Schuldenberatung in Wien im 1. Quartal eines jeden Jahres durchschnittlich 20 Prozent mehr Erstkontakte als im 4. Quartal des entsprechenden Vorjahres. Bei den Menschen, die sich am Jahresbeginn bei uns melden, liegt es nahe, dass sie sich beim Konsum im November und Dezember übernehmen, und bei parallellaufenden Ratenkäufen, dann oft den finanziellen Überblick verlieren."
Finanziellen Überblick behalten
Steinmann empfiehlt zur Black-Week und für den Weihnachtseinkauf: "Beim Online-Shopping den Kauf auf Raten vermeiden, so kann nur das Geld ausgegeben werden, das mir auch wirklich zur Verfügung steht. Genau reflektieren bei Kaufentscheidungen: was brauche ich tatsächlich und was nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt?" Außerdem solle man Preise auch an Aktionstagen online vergleichen, Produkte seien oft nur vermeintlich stark reduziert und man werde durch gute Marketingmaßnahmen verlockt. "Bei Kaufentscheidungen, die man im Nachhinein bereut, kann man Gebrauch vom Rückgaberecht machen", so die Expertin.
Auch in diesem Jahr ist die Kritik an den Rabattagen von Umwelt- und Verbraucherschützern groß. Die Organisation Fairtrade beklagt: "Arbeitslöhne werden gedrückt, Umweltstandards vernachlässigt oder unzureichend eingehalten. Und was noch nicht im Bewusstsein angekommen ist, die Fast-Fashion-Industrie erschöpft nicht nur Ressourcen, sondern verursacht auch beträchtliche Co2-Emissionen", so Fairtrade-Österreich-Geschäftsführerin Hartwig Kirner.
Junge Leute gegen den Konsumwahn
Neu hingegen ist, dass inzwischen vor allem junge Leute massiv gegen den Konsumwahn sind. 52 Prozent der Generation Z, der zwischen 1997 und 2012 Geborenen, halten den Black Friday in Zeiten von Klimakrise und übermäßigem Konsum laut einer Black Friday-Umfrage von Idealo für nicht mehr zeitgemäß.
Immer mehr Menschen bekennen sich als Anhänger des konsumkritischen "Kauf-nix-Tages" (Buy Nothing Day) der in Nordamerika, dem Vereinigten Königreich, Finnland und Schweden am Tag nach dem US-amerikanischen Erntedankfest stattfindet, also zeitgleich mit dem Black Friday. In Europa findet er einen Tag später, am letzten Samstag im November statt.
Buy Nothing Day als Gegenpol zum Black Friday
Der erste „Buy Nothing Day“ wurde übrigens im September 1992 in Kanada organisiert, „als ein Tag für die Gesellschaft, sich mit dem Problem des übermäßigen Konsums auseinanderzusetzen“.
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