Bank Austria-Chef: „Die Leitzinsen steigen bis zum Sommer“
Derzeit gibt es viele Baustellen im Finanzsektor. Robert Zadrazil, CEO der UniCredit Bank Austria, sieht im KURIER-Interview keine europäische Bankenkrise. Er geht zudem von steigenden Zinsen bei Sparbüchern aus und fordert dringend regulatorische Erleichterungen bei der Vergabe von Immobilienkrediten.
KURIER: Eine anhaltend hohe Inflation ist für die Österreicher eine große Herausforderung. Welche Entwicklung sehen sie hier in den nächsten Monaten?
Robert Zadrazil: Die Inflation deutlich zu reduzieren hat wirtschaftspolitisch weiter höchste Priorität. Wir mussten unsere Inflationsprognose für das Gesamtjahr 2023 jüngst auf 7,6 Prozent anheben. Aufgrund steigender Preise im Dienstleistungsbereich wird der Rückgang der Inflation trotz sinkender Energiepreise in Österreich voraussichtlich nur langsam vorankommen. Langsamer als im Euroraum insgesamt, für den wir eine Inflation von 5,5 Prozent im Jahresdurchschnitt 2023 erwarten.
So wie die meisten Banken in Österreich wird auch die Bank Austria ab Juli die Kontogebühren anheben. Was macht diesen Schritt notwendig?
Die hohe Inflation führt durch gestiegene Löhne und indexbasierte Leistungen auch zu einer entsprechenden Steigerung der Kosten im Bankenbereich. Der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung können auch wir uns nicht entziehen und daher werden die Konto-Entgelte vertragskonform jährlich auf Basis des Verbraucherpreisindexes angepasst.
Die Europäische Zentralbank hat seit Juli 2022 in sieben Zinsschritten den Leitzinssatz auf 3,75 Prozent hochgeschraubt. War es aus ihrer Sicht wirklich notwendig, den Leitzins derart schnell steigen zu lassen?
Ziel der Europäischen Zentralbank war und ist es, mittelfristig eine Inflationsrate von zwei Prozent zu erreichen und abzusichern. Die bisherige Straffung der Geldpolitik zeigt allerdings schon spürbare Wirkung auf die Realwirtschaft und die EZB hat das Tempo der Zinserhöhungen daher bereits verlangsamt. Wir rechnen damit, dass der Höhepunkt der Leitzinsen diesen Sommer mit zwei weiteren Zinsschritten im Juni und Juli um jeweils 25 Basispunkte erreicht wird.
Die Zinssteigerungen haben einige Banken besonders in den USA in Schwierigkeiten gebracht. Droht durch die schnellen Zinsschritte nicht auch eine europäische Bankenkrise?
Die Ereignisse waren lokal begrenzt. Das europäische Bankensystem ist sehr gut aufgestellt. Wenn man sich insbesondere die Kapitalstärke und die Liquidität der europäischen Banken ansieht, zeigen sich kaum Schwachstellen. Auch in der UniCredit Bank Austria sind wir extrem solide aufgestellt, haben eine hervorragende Kapitalausstattung sowie hohe Liquidität. Und vor allem haben wir ein sehr konservatives Geschäftsmodell.
Oft wird kritisiert, dass die Kreditzinsen deutlich schneller von den Banken angehoben wurden als die Sparzinsen. Woher rührt der geringere Wettbewerb und die Zurückhaltung bei Sparzinsen?
Der österreichische Bankenmarkt hat nicht zuletzt auch aufgrund der hohen Bankendichte einen sehr starken Wettbewerb. Die Haben-Zinsen steigen jetzt am Markt wieder und der Wettbewerb verschärft sich nochmals deutlich im Vergleich zu der Ausnahmesituation jahrelanger Negativzinsen, die auch für den Bankensektor sehr belastend war. Denn die Negativzinsen wurden in Österreich über all die Jahre auf Spareinlagen nicht weitergegeben, und zwar im Gegensatz zu den Kreditzinsen, das ist sicher eine Erklärung. Für Sparer lohnt es sich jedenfalls, sich neben einer kurzfristig verfügbaren Notfallreserve wieder verschiedene längerfristige Sparformen anzuschauen.
Die hohen Kreditzinsen und die KIM-VO – also die Regelung der FMA, die die Immobilienkreditvergabe regelt – hat zu einem Einbruch bei den Hypothekarkrediten bei allen Banken geführt. Schießt diese Regelung nicht über das Ziel hinaus?
Die geltenden Regelungen der Verordnung sind aus unserer Sicht überschießend, und die marginalen Lockerungen reichen nicht aus, um den Erwerb von Eigentum für die junge Generation in Österreich auch in Zukunft sicherzustellen, geschweige denn diesen zu fördern. Dem gilt es durch eine verantwortungsvolle, aber realistische Finanzierbarkeit von Immobilien gegenzusteuern – mit mehr Flexibilität und weniger Komplexität bei der Kreditvergabe.
Es gibt zwar eine anhaltend große Nachfrage nach den eigenen vier Wänden bei den Österreichern, aber viele können sich eine Finanzierung nicht mehr leisten. Was läuft hier schief?
Der Gesamtmarkt bei der Immobilienkreditvergabe ist bereits um mehr als die Hälfte zurückgegangen – aufgrund der hohen Inflation, der gestiegenen Baukosten, der Lieferschwierigkeiten, des angespannten Immobilienmarktes, der gestiegenen Zinsen und auch der neuen Bestimmungen zur Kreditvergabe. Daher brauchen Kunden in der Regel auch mehr Zeit für ihre finale Entscheidung.
Wird das letztendlich zu einem Einbruch auf den Immobilienmärkten führen?
Wir gehen von stagnierenden bis leicht fallenden Preisen aus, aber wir sehen keinen Einbruch der Immobilienmärkte.
Wie lässt sich der Wert des Geldes bei der hohen Inflation von 9,7 Prozent und niedrigen Sparbuchzinsen erhalten, wenn sogar Betongold in die Krise schlittert?
Wer die reale Kaufkraft seines Vermögens erhalten will, wird an Wertpapieren nicht vorbeikommen. Qualifizierte Beratung ist dafür gerade in volatilen Zeiten allerdings unerlässlich, um vermögensvernichtende Fehltritte zu vermeiden.
Die Kapitalmärkte bieten aber ebenfalls nur einen durchwachsenen Ausblick. Wie lassen sich hier die Risiken beschränken?
Investments in ein stark diversifiziertes Portfolio und ein langfristiger Anlagehorizont schützen sicher am besten vor den Risiken auf den Kapitalmärkten und kurzfristigen Schwankungen, die auf den Märkten unvermeidlich sind. Denn es ist unerlässlich, beim Investieren auf hohe Qualität zu achten. Wir investieren vorsichtig, qualitätsorientiert, breit gestreut und positionieren uns abseits gängiger Benchmarks. Durch eine professionelle Risiko-Ertrags-Analyse können wir zudem sehr transparent zeigen, wie sich Krisenereignisse wie etwa die Finanzkrise 2008 auf ein bestehendes Portfolio auswirken.
Wie wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit bei der Geldanlage. Kommt das Thema bei den Österreichern an?
Umwelt- und Klimaschutz werden auch für private Anleger immer wichtiger. Und viele haben bereits die Erfahrung gemacht, dass Rendite und gutes Gewissen miteinander vereinbar sind. Wir bieten eine ganze Reihe nachhaltiger Veranlagungsmöglichkeiten und Fonds an, um schon ab 30 Euro pro Monat nachhaltig investieren und so zur Sicherung einer lebenswerten Zukunft beitragen zu können. Auch mit unseren GoGreen-Konten kann man schon mit einem Girokonto einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Viele unserer Kunden lassen sich zu diesem Angebot beraten und nutzen es auch.
Welche Pläne hat die UniCredit Bank Austria in den nächsten Monaten?
Unser Fokus liegt ganz klar auf Wachstum in allen Kundenbereichen. Für uns als einen der größten Kreditgeber des Landes ist es zudem besonders wichtig, die Geldströme in zukunftsträchtige und klimaschonende Aktivitäten und Initiativen zu lenken. Als Bank helfen wir daher den Unternehmen und den privaten Haushalten dabei, sich nachhaltig und klimaschonend aufzustellen.
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