Das langsame Comeback der Sparzinsen
Mehr als vier Prozent Verzinsung im Jahr. So viel gab es für Sparbücher mit mindestens einem Jahr Bindung zuletzt im Herbst 2008, also vor fast 15 Jahren. Es folgte eine globale Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise, die die Notenbanken mit drastischen Zinssenkungen bekämpften. Die Nullzins-Jahre sind nun infolge der hohen Inflationsraten vorbei. Doch bei den Sparern ist das – im Gegensatz zu den Kreditnehmern – bisher kaum angekommen.
Das Momentum-Institut kritisiert, dass sich die Banken so im Zinsgeschäft ein Körberlgeld machen. Diese entgegnen, sie müssten auch etwas verdienen und die Zinsen seien ohnehin schon gestiegen. „Es wurde über viele Jahre hinweg der negative Zinssatz für Einlagen ohne Weitergabe an Privatkunden getragen“, heißt es etwa seitens der Erste Bank zum KURIER. „Für Privatkunden sind wir gerade dabei, die Konditionen zu überarbeiten.“ Weiterhin laute die Empfehlung, nicht mehr als circa drei Monatsgehälter als Liquiditätsreserve am täglich fälligen Sparkonto zu belassen.
Ernst Huber, Chef der Direktbank Dadat, gibt im KURIER-Gespräch zu, dass vor allem bei täglich fälligen Einlagen noch nicht viel weitergegeben worden sei. Grund: Die Zinsmarge müsse sich erst normalisieren. Allerdings seien die Konditionen nicht schlechter als bei deutschen Banken.
Kürzere Laufzeiten
Huber rät dazu, bei längerfristigen Veranlagungen nicht mehr als auf eine Laufzeit von drei bis fünf Jahren zu setzen. Denn die Zinskurve sei invers, das heißt, am Anleihe- bzw. Geldmarkt liegen die langfristigen Zinsen unter den kurzfristigen. Anleger erwarten demnach höhere Risiken in den nächsten Monaten als auf längere Sicht. Oft kann aus diesem Bild eine Rezession richtig vorhergesagt werden. „Der Markt erwartet wieder fallende Zinsen im nächsten Jahr“, so Huber. Die Europäische Zentralbank werde heuer nur noch zwei bis drei kleine Schritte nach oben setzen, dann sei Schluss.
Sollen Sparer daher diese noch abwarten, bis sie ihre Gelder wieder bei der Bank binden? Nein, meint Huber. Sie sollten schon jetzt mit der Veranlagung beginnen, am besten in zwei oder drei Tranchen bis zum Sommer.
Was im Anbietervergleich auffällt: Wer mehr Geld anlegt oder sich zugleich zu einem Konto verpflichtet, erhält höhere Zinsen. Und führend sind vor allem Direktbanken bzw. Onlinetöchter großer Banken (s. Grafik). Die meisten Institute zahlen noch immer weniger als ein Prozent bei täglich fällig.
Angesichts der hohen Inflation sind aber ohnehin alle Sparformen real Verlustbringer. Die Dadat rät daher zur Beimischung von inflationsgeschützten Anleihen, die die aktuelle Preissteigerung als Basisrendite hernehmen.
Alternativen
Auch wenn die Europäische Zentralbank die Zinspolitik für alle Euro-Mitgliedsstaaten steuert, ergibt dies nicht zwingend, dass in allen Ländern auch Sparzinsen in ungefähr gleicher Höhe angeboten werden. Denn es kommen noch einige Faktoren wie wirtschaftliche Stärke oder Wettbewerbssituation hinzu.
Darüber hinaus gibt es auch noch einige europäische Länder, die nicht der Eurozone angehören. Auch dort kann die Zinssituation eine andere sein. Diese Ausgangslage machen sich einige Internetplattformen zunutze. Sie führen Sparer auf der Suche nach höheren Zinsen mit Banken, die diese bieten, zusammen. Das war vor allem in den vergangenen Nullzinsjahren durchaus gefragt.
Aber auch jetzt gibt es noch Unterschiede auf den Zinsmärkten. Das zeigen die Anbieter „Weltsparen“ und „Zinspilot“ des mit mehr als einer Milliarde Euro bewerteten deutschen Fintechs Raisin. Dort bieten etwa Banken aus Schweden, Lettland oder Portugal Zinsen von bis zu 3,5 Prozent bei einem Jahr Bindung. Bei täglich fälligen Veranlagungen sind es teils mehr als zwei Prozent.
Raisin hat Verträge mit mehr als 100 Banken, 36 Milliarden Euro wurden über die Plattformen bereits investiert (auch in diverse Wertpapiere). Geld erhält das Portal über Provisionen, die die Banken für die Vermittlung zahlen.
Wer Geld über die Raisin-Plattformen anlegen will, kann dies relativ einfach machen. Registrierung und Authentifizierung erfolgen wie bei Onlinebanken. Nach wenigen Tagen ist das neue Konto nutzbar. Über dieses werden Zahlungen an die ausländischen Banken abgewickelt. Vorteil: Alles läuft in deutscher Sprache ab. Nachteil: Die Kunden müssen die Kapitalertragssteuer selbst berechnen und an ihr Finanzamt abführen. In Ländern mit einer entsprechenden Steuer kann diese gegenverrechnet werden. Zu beachten ist auch die Höhe der Einlagensicherung in den jeweiligen Ländern.
Kommentare