Bäcker: "Das Arbeitsamt schickt so gut wie keine Mitarbeiter"
„Wir suchen ein, zwei Facharbeiter, ein bis zwei Hilfsarbeiter, fünf Mitarbeiterinnen für den Verkauf und eine Mitarbeiterin fürs Büro“, sagt Wolfgang Maurer von der Bäckerei Schwarz (160 Mitarbeiter, 18 Standorte) zum KURIER. Es sei schon immer schwierig gewesen adäquates Personal zu bekommen. Es gebe keine großen Abgänge, die normale Fluktuation gelte es nach zu besetzen. „Es ist aber in der Mitte der Corona-Zeit dramatisch geworden, es meldet sich überhaupt niemand“, sagt Maurer. In der Produktion wird vorwiegend in der Nacht gearbeitet – sechs, sieben Stunden, das passt oft mit individuellen Lebensplanungen nicht zusammen.
„Wenn ein Bäcker sein Leben gut organisiert hat, sind das relativ attraktive Arbeitszeiten, weil er mehr Tagesfreizeit hat, Väter haben Zeit für die Kinder“, sagt Maurer. „Das Arbeitsamt schickt so gut wie keine Mitarbeiter. Es ist auch nicht der Bäcker böse, der nichts zahlt, sondern der Sozialstaat, weil er die Arbeitslosigkeit belohnt.“
Ein Tag Kündigungsfrist
Die Krux für die Misere seien auch die zu hohen Lohnnebenkosten, die Abzüge seien für den Dienstnehmer zu hoch. Von einem Bruttolohn von 1.574 Euro bleiben laut Gewerkschaft Proge netto rund 1.200 Euro.
„Dazu kommt, dass die Kündigungsfrist für das Bäckereigewerbe nur einen Tag beträgt“, sagt Gewerkschafter Erwin Kinslechner. „Wir wollen eine Angleichung an die Angestellten, da fängt bei sechs Wochen Kündigungsfrist an und geht bis fünf Monate. Die Leute fragen sich, wo kann ich unterkommen, wo ich mehr Sicherheit habe.“
Kinslechner weist auch darauf hin, dass in der Bäckereiindustrie, die nur aus den Betrieben Ankerbrot und Ölz besteht, um 15 bis 20 Prozent mehr Lohn gezahlt werden und längere Kündigungsfristen gelten.
„Gerade in der Bäckereibranche sind die Gehälter sehr unterschiedlich, da sie sehr durch verschiedene Zulagen – wie zum Beispiel Nachtzulage oder Bäckereizulage – geprägt sind. Es kommt daher sehr stark auch auf das persönliche Arbeitszeitmodell an“, sagt Ankerbrot-Chef Walter Karger. „Auch wir suchen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in vielen Bereichen – u. a. Bäcker und Bäckerinnen.“
Indes fordert die Proge für das Bäckereigewerbe einen Mindestlohn in Höhe von 1.700 Euro. „Das ist ein Schmarrn, höhere Löhne bedingen höhere Preise“, kontert Bäcker Maurer. „Die Lohnkosten machen 50 Prozent vom Umsatz aus.“
Hohe Kundenfrequenz
Dass in seiner Branche eine eklatante Personalnot herrsche, kann Josef Schrott, Bundesinnungsmeister des Bäckereigewerbes, nicht ganz nachvollziehen. „Es war immer schon schwierig Mitarbeiter zu finden, für die Produktion lässt sich leichter wer finden als für den Verkauf“, sagt Schrott. „Ich suche für den Verkauf Mitarbeiter.“ Zum Teil hat das mit der hohen Kundenfrequenz zu tun.
„In ein Textilgeschäft kommen pro Tag drei Kunden, in eine Bäckerei hundert“, sagt Schrott, der vier Filialen und einen Marktwagen betreibt.„Das Verkaufen ist mehr Arbeit, zum Teil sind es Samstags- und Sonntagsjobs, das muss man wollen.“ Auch er meint, dass sich 1.700 Euro Mindestlohn auf die Preise niederschlagen würden.
Bio-Bäcker Josef Weghaupt, Inhaber der angesagten Bäckerei Joseph-Brot, zahlt seinen Mitarbeitern deutlich mehr Lohn als den Kollektivvertrag. „Bei uns gibt es keine Sechs-Tage-Woche, sondern eine Vier-Tage-Woche“, sagt Weghaupt, der sechs Filialen betreibt. „Der Mensch braucht Erholung. Unser Job in der Bäckerei ist ein Knochenjob. Wir machen alles per Hand.“ Nachsatz: „Wir schätzen Leistung und bieten einen attraktiven Lohn an.“ Der Biosauerteig braucht 96 Stunden, bis er gebacken wird. Das Kilo Joseph-Brot kostet daher 7,20 Euro, ein Bio-Brot im Supermarkt drei, vier Euro.
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