Atomkraft in Österreich: Verboten, verdammt, importiert

Atomkraftwerk Temelin, nahe der österreichischen Grenze
Es klingt paradox, doch das Engagement für den Klimaschutz hat europaweit zu einem neuen Boom für die Kernkraft geführt. Die neuen Kraftwerke sollen die CO2-intensiven fossilen Energieträger in der Stromproduktion ersetzen.
„Die Kernenergie erlebt ein sehr starkes Comeback“, sagte dazu der Chef der Internationalen Energieagentur Fatih Birol. Der Umschwung ist nicht auf Europa begrenzt: So hat etwa Japan, das nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima 2011 eigentlich keine neuen Kernkraftwerke mehr bauen wollte, seine Linie geändert. Die meisten neuen Kernkraftwerke werden in China, Russland und Indien gebaut.
Importe
Österreich hat einen hohen Erneuerbaren-Anteil in der Stromproduktion, ist vor allem im Winter aber auf Importe angewiesen. Da das Stromnetz europaweit zusammenhängt, kommen diese auch aus Kernkraftwerken. Ein solches in Österreich zu betreiben, ist durch das „Atomsperrgesetz“ von 1978 untersagt, das seit 1999 im Verfassungsrang steht.

Plakat zur Volksabstimmung 1978
Eine politische Mehrheit, das zu ändern, ist nicht absehbar. Einzig die FPÖ schert aus dem Konsens manchmal aus: So befürwortete etwa Norbert Hofer 2022 die Nutzung sogenannter Thoriumreaktoren. Der den freiheitlichen nahestehende Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann lud kürzlich zu einer Veranstaltung zu dem Thema. Diese neue Generation kleiner Atomkraftwerke soll sicher und zuverlässig sein. Schönheitsfehler: Der bisher einzige Thoriumreaktor der Welt ist eine Pilotanlage in der Wüste Gobi in China. Von einer Nutzung in Europa ist auf absehbare Zeit keine Rede.

Steuerungszentral im Akw Zwentendorf, das nie in Betrieb gegangen ist
Laut der Internationalen Atomenergiebehörde gibt es mehr als 80 verschiedene Konzepte für kleine modulare Reaktoren (Small Modular Reactor, SMR), kommerziell einsatzbereit ist keines davon. Russland hat mit dem Schiff Akademik Lomonossow im Jahr 2020 einen Pilotreaktor in Betrieb genommen.
Dass die Hoffnung auf neuen, noch unerprobten Technologien ruht, liegt mutmaßlich an den Problemen mit den bestehenden Reaktoren, etwa Sicherheitsbedenken und der ungelösten Frage des Atommülls.
Auch waren AKW-Neubauten mit etablierten Technologien in Europa zuletzt mäßig erfolgreich. Der finnische Reaktor Olkilutoto 3 ging 2023 mit 14 Jahren Verspätung ans Netz, gekostet hat er etwa das Vierfache der veranschlagten Summe. Hinkley Point C in Großbritannien sollte 2025 fertiggestellt werden, realistischerweise geschieht das erst in den 2030er-Jahren. Auch hier haben sich die Kosten bereits vervielfacht.
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