Steirischer Apfelsaft für 2,99 Euro: "Wer soll denn das noch kaufen?"
Der Klimawandel hat nun auch das liebste Obst der Österreicher getroffen: Den Apfel. In der Steiermark, wo der Großteil der heimischen Tafeläpfel wächst, umfasst die heurige Ernte 59.000 Tonnen und damit nur ein Drittel der laut Landwirtschaftskammer möglichen Vollernte.
Der KURIER hat bei Apfelsaftproduzent Gerhard Höllinger, Gründer und Geschäftsführer der gleichnamigen Firma, nachgefragt, was die Ernteausfälle für den Saftpreis bedeuten, was auf Kunden im Supermarkt zukommt und wie das Unternehmen trotzdem wirtschaftlich überlebt.
KURIER: Der Klimawandel setzt der Apfelernte zu. Heuer sollen in der Steiermark sogar 65 Prozent der Normalernte entfallen. Was bedeutet das für Sie?
Gerhard Höllinger: Das heißt, dass wir für die Äpfel mehr bezahlen müssen. Nicht nur in der Steiermark gehen die Ernten zurück. Auch in Deutschland gibt es um ein Viertel weniger Äpfel, genauso in Polen. Die ersten, die da betroffen sind, sind die Bauern. Für die geht es darum, was sie für einen Preis bekommen im Herbst. Im nächsten Schritt geht es darum, die Produkte dann im Handel unterzubringen. Der Handel weiß durch seine Eigenmarken sehr schnell, wie es erntemäßig aussieht. Und das letzte Glied, dass die Auswirkungen spüren wird, ist der Kunde im Supermarkt.
Sie geben den Preis also an die Kunden weiter?
Wir müssen die Preiserhöhung weitergeben. Normalerweise bezahlen wir aktuell im Großhandel 25 bis 27 Cent pro Kilo Äpfel. Künftig wird der Kilopreis sicher um mindestens acht bis zehn Cent steigen. Für einen Liter Apfelsaft brauchen wir 1,3 Kilogramm Äpfel. Das Endprodukt wird also dementsprechend teurer werden. Aber es kosten ja nicht nur die Äpfel mehr. Auch die Personal- und Energiekosten sind gestiegen. Insgesamt wird sich das alles im Preis niederschlagen.
Ab wann wird der Apfelsaft zu teuer?
Unser steirischer Apfelsaft kostet mittlerweile im Regal 2,99 Euro. Das betrübt mich, weil das ein sehr hoher Preis ist. Ich frage mich: Wer soll denn das noch kaufen? Aber wir haben keine Möglichkeit, da auszukommen. Wir beziehen alle Äpfel für diesen Saft aus der Steiermark, also sind wir an die Preise gebunden. Für andere Produkte beziehen wir auch Äpfel aus Oberösterreich oder aus Polen. Aber das macht preislich heutzutage auch nicht mehr wirklich einen großen Unterschied.
Andere Hersteller können ihre Säfte günstiger anbieten. Wieso?
Unsere stärkste Konkurrenz sind die Handelseigenmarken. Das, was da am Regal passiert, entspricht nicht der Realität. Lidl bietet seinen Bio-Apfelsaft um 1,79 Euro an. Das finde ich völlig absurd, weil das Markenprodukt eigentlich fast drei Euro kostet. Aber nur weil die Markenartikel teurer sind, heißt das nicht, dass die Markenhersteller so viel mehr verdienen. Die Supermarktketten rechnen einfach anders und wiegen das, was bei einem Produkt fehlt, mit einem anderen Produkt auf.
Wenn nicht über den Preis, wie schaffen Sie es, sich von der Konkurrenz abzugrenzen?
Einerseits haben wir eine relativ hohe Innovationskraft und erarbeiten regelmäßig neue Produktkonzepte. Andererseits über den Export. Wir sind mittlerweile in mehr als 40 Ländern aktiv, zum Beispiel im arabischen Raum, in Hongkong oder auch auf den Seychellen. Das hilft uns, weil wir so unempfindlich sind gegen die Einbrüche in Österreich.
Der gebürtige Wiener Gerhard Höllinger war Produktmanager bei einer Molkerei und machte sich 1998 mit Apfeldirektsaft selbstständig.
Höllinger hat heute 10 Mitarbeiter und sitzt im niederösterreichischen Pressbaum. In der Steiermark hat das Unternehmen um die 3.500 Zulieferer für Äpfel und außerdem ein eigenes Tanklager für Saft mit einer Kapazität von 1,8 Millionen Liter.
Jährlich verkauft Höllinger fast 12 Millionen Packungen Fruchtsaft und andere Getränke, wie Sirupe oder Energydrinks. Der Großteil des Sortiments sind Bio-Produkte, wovon etwa 60 Prozent ins Ausland exportiert werden.
Medienberichten zufolge erwirtschaftet das Unternehmen jährlich einen Umsatz von rund elf Millionen Euro.
Unterscheiden sich denn die Kunden in anderen Teilen der Welt von den Österreichern?
Nicht so sehr. Wir entwickeln Produkte, die für eine gewisse Zielgruppe Sinn machen, zum Beispiel Saftpackerln für Kinder, und die machen dann auch für dieselbe Zielgruppe in anderen Ländern Sinn. Im Export geht es aber hauptsächlich um Bio und weniger um Regionalität. Das ist ganz normal, wenn man weiter weg geht. Oder anders gesagt: Den Leuten in Fernost ist die Steiermark herzlich egal.
Mit 2025 kommt in Österreich das Pfand auf Getränkeverpackungen. Was wird sich für Sie ändern?
Das wird alles schwieriger machen. Wir haben in Europa unterschiedliche Pfandsysteme und da werden wir kleinen Abfüller ein großes Problem bekommen, weil wir die Artikel nicht für jeden Markt jeweils in eigene Gebinde abfüllen können. Wir sind auch schon mit Kunden konfrontiert, die sagen, dass sie sich das mit dem Pfand nicht antun wollen und deswegen keine PET-Flaschen mehr nehmen. Und auch unsere Exporte werden teurer. Da kommt ein Strafzuschlag drauf, weil es die Angst gibt, dass Verpackungen, für die kein Pfand bezahlt wurde, reimportiert werden.
Eine Frage zum Abschluss: Sie sind in Ihren 60ern. Andere denken in Ihrem Alter bereits an die Pension. Wie geht es bei Ihnen weiter?
Ich möchte arbeiten, solange es Spaß macht, und das macht es momentan. Ich arbeite aber schon länger nicht mehr von acht bis 17 Uhr, sondern kann es mir frei einteilen und mich um die spannenden Dinge kümmern, wie etwa das Entwickeln neuer Produkte. Ich mag auch das Gefühl, gebraucht zu werden im Büro. Das brauche ich.
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