Edith Hlawati: Anwältin, Karrieristin, Netzwerkerin
Zum Ende ihrer Karriere als Anwältin hat es Edith Hlawati geschafft. Wenn andere in Pension gehen, startet die 64-Jährige nochmals richtig durch. Sie schaffte es auf einen der wichtigsten Wirtschaftsjobs dieses Landes.
Ab Februar 2022 wird Hlawati die größte Industrieholding Österreichs leiten, in der die wertvollsten Unternehmensbeteiligungen des Bundes gemanagt werden. Das Tafelsilber der Republik sozusagen.
Gage gibt es mehr als für den glücklosen Vorgänger Thomas Schmid, der je nach Bonus zwischen 400.000 und 600.000 Euro verdiente. Die Juristin erhält ein jährliches Grundgehalt von 585.000 Euro plus maximal 25 Prozent Bonus. Dazu gibt’s noch 500 Euro monatlich für die Pensionskasse.
Als Anwältin spielt Hlawati, seit fast 35 Jahren Partnerin der am Wiener Stubenring domizilierten Wirtschaftskanzlei Cerha Hempel, gagenmäßig in der Oberliga. Die 100 Mitarbeiter große Kanzlei wies zuletzt einen Bilanzgewinn von 6,9 Millionen Euro aus.
Leben für die ÖBAG
Wer ist die Frau, der es gelang, Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun, einen der renommiertesten österreichischen Industriemanager, als neuen ÖBAG-Chef auszustechen?
An Selbstbewusstsein mangelt es Hlawati nicht. Bei ihrer Befragung im U-Ausschuss hob sie in ihrem Eingangsstatement sehr nachdrücklich ihre Leistungen für die Staatsholding hervor.
Ihr halbes Berufsleben, erklärte sie, habe sie mit der Staatsholding und deren Beteiligungen zugebracht. Es waren sogar 30 Jahre. Als junge Anwältin hatte sie sich Anfang der 90er Jahre auf Kapitalmarkt, Mergers & Acquisitions, Finanzierungen und Gesellschaftsrecht spezialisiert und nach dem Zusammenbruch der verstaatlichten Industrie für die Staatsholding geschickt bald unentbehrlich gemacht.
Sie überlebte als Rechtsberaterin 13 Regierungen, elf Finanzminister und zwölf Vorstände. Ihr wurde immer gute Arbeit attestiert. Nur einmal gab es bei der Telekom unschöne Zwischentöne betreffend ihrer Funktion als Vize-Aufsichtsratschefin und Millionenhonorare der Kanzlei.
Dreimal wurde die Staatsholding umorganisiert, und jedes Mal schrieb Hlawati am Gesetz mit. Zuletzt gemeinsam mit Schmid. Ihre prestigeträchtigen Aufsichtsratsjobs (derzeit Telekom, Post) sind Hlawati sehr wichtig. Auch wenn sie kein Parteimitglied ist und nicht zum inneren Zirkel gehört, wird ihr eine Nähe zu Türkis attestiert. Als die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler sie kürzlich aus dem Aufsichtsratssessel der E-Control kippen wollte, hielt die ÖVP hartnäckig dagegen, und die Behörde hatte wochenlang keinen Aufsichtsrat. Jetzt wird sie dieses Mandat aber doch abgeben, wegen Unvereinbarkeit mit dem Verbund.
Über ihr Privatleben ist wenig bekannt, vermutlich hat Hlawati kaum eines. Wer ein derartiges Arbeitstier ist, dem bleibt keine Zeit für Mann und Kinder. Auch die Seitenblicke-Gesellschaft ist nicht ihres, außer Kultur-Events, sie ist Vizepräsidentin bei der Albertina.
Nach außen tritt Hlawati spröde und sehr sachlich auf. Entgleisungen wie bei Schmid & Co. sind bei ihr auszuschließen, auch rechtlich werden der ÖBAG voraussichtlich keine Fehler passieren.
Aber reicht das alles für den Job als Alleinvorstand? Nach heftigeren Dissonanzen im Vorfeld entschied der Aufsichtsrat am Freitag einstimmig. Doch die Entscheidung wird in heimischen Industriekreisen bereits heftig kritisiert.
Hesoun erklärte, die Position sei für ihn nicht weiter von Interesse. Nach dem Abgang von Schmid gab es Stimmen, die einen erfahrenen Industriemanager forcierten. Dieser Weg sei ihm als „der einzig richtige Ansatz erschienen“. Nun habe sich das Anforderungsprofil aber offenbar geändert und stehe „nicht mehr mit Industrie- und Managementerfahrung in Zusammenhang.
ÖBAG-Aufsichtsratschef Helmut Kern zeigte sich begeistert von seiner Favoritin. Sie habe sich „eklatant“ von den anderen Bewerbern abgehoben. Und Hlawati freut sich, sich selbst nun auch „operativ als unabhängiger Vorstand“ einbringen zu können.
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