Arbeitsmarkt entspannt sich erst 2016
276.500 Arbeitslose soll es heuer laut Prognose im Jahresschnitt geben – 72.000 Personen werden im Schnitt an AMS-Schulungen teilnehmen. Im Vorjahr waren 261.000 Personen arbeitslos registriert, 66.000 nahmen an Schulungsmaßnahmen teil. Auch wenn Österreich EU-weit im Februar erneut die niedrigste Arbeitslosenrate zu verzeichnen hatte, ist die Situation am heimischen Arbeitsmarkt angespannt und wird es auch noch länger sein, die Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau verharren. Das geht aus einer Prognose des Forschungsinstituts Synthesis für das Arbeitsmarktservice (AMS) hervor. So soll die Arbeitslosenquote zwischen 2013 und 2015 bei unverändert 7,4 Prozent liegen und erst im Jahr 2016 auf 7,2 Prozent sinken. "Erste monatliche Rückgänge wird es ab dem zweiten Halbjahr 2014 geben", sagte AMS-Vorstand Johannes Kopf im Gespräch mit der APA.
Das AMS hatte zuletzt mit einem Sinken der Arbeitslosenquote bereits im Gesamtjahr 2015 gerechnet. Durch einen Wirtschaftsaufschwung in Österreich 2014 - mit 1,6 Prozent BIP-Plus - und 2015 (+2,5 Prozent) würden wieder mehr Frauen auf den Arbeitsmarkt drängen, und ältere Arbeitnehmer müssten durch die Pensionsreform länger in Beschäftigung bleiben, erinnerte Kopf. "Die Nachfrage der österreichischen Betriebe nach neuen Arbeitskräften reicht jedoch mittelfristig nicht aus, um das gestiegene Arbeitskräfteangebot abzudecken", heißt es im Synthesis-Forschungsbericht. Erst 2016 soll die Arbeitslosenquote von zuvor 7,4 Prozent auf 7,2 Prozent und 2017 auf 6,9 Prozent sinken.
Höhepunkt der Jobflaute: 2015
Die Anzahl der vorgemerkten Arbeitslosen in Österreich wird seinen Höhepunkt im Jahr 2015 mit rund 280.000 Personen erreichen und im folgenden Jahr auf 274.500 Arbeitslose sinken. Gleichzeitig soll laut Langzeitprognose die Anzahl der Beschäftigten von 3,39 Millionen im Jahr 2013 deutlich auf 3,52 Millionen im Jahr 2017 steigen. "Sehr viel" des Beschäftigungsplus werde von Teilzeitjobs kommen, aber "ohne Verdrängung" von Vollzeitstellen, erwartet der AMS-Chef.
Bildungsreform
Als weiterhin größte Herausforderung bezeichnete Kopf das Verschwinden von Hilfsarbeiter-Jobs. Die Arbeitslosenquote bei Personen mit Lehre, Matura oder Universitätsabschluss sei in den letzten 22 Jahren nahezu konstant geblieben, bei Pflichtschulabsolventen hingegen von 9 auf 19 Prozent in die Höhe geschossen. Eine "massive Reform" des Bildungssystems in Österreich sei dringend notwendig, forderte der AMS-Chef. Beispielsweise müsste der Anteil der Pflichtschulabsolventen von derzeit rund 8,5 Prozent halbiert werden. Als gute Grundlage bezeichnete Kopf das Ende Februar vorgestellte Bildungspapier der Sozialpartner (u.a. zweites verpflichtendes Kindergartenjahr). Er hoffe, "dass das Papier Grundlage für die nächste Regierung wird“.
Gleichzeitig müssten heimische Unternehmen aber wieder mehr in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter investieren. "Künftig werden Betriebe eingehen, weil sie zu wenig qualifizierte Mitarbeiter haben", erwartet Kopf.
Angesichts der weiterhin hohen Arbeitslosigkeit in weiten Teilen Europas warnen Experten vor sozialen Unruhen. Das entsprechende Risiko sei heute deutlich höher als vor dem vollen Ausbruch der globalen Finanzkrise im September 2008, heißt es in einem am Montag in Genf veröffentlichten Lagebericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).
Nach Angaben der UNO-Sonderorganisation sind derzeit in Europa rund zehn Millionen Menschen mehr arbeitslos als vor der Krise. Allein in den zurückliegenden sechs Monaten hätten in EU-Ländern rund eine Million Menschen ihre Arbeit verloren. Bemühungen um die Bewältigung der Krisenfolgen müssten viel stärker auf die Schaffung von Jobs als allein auf Spar- oder ziellose Strukturmaßnahmen gerichtet sein, forderte die ILO im Vorfeld ihrer 9. Europäischen Regionalkonferenz in Oslo.
Arbeitslosigkeit: Historisches Hoch
Zum Stand Februar 2013 seien 26,3 Millionen Europäer arbeitslos gewesen - 10,2 Millionen mehr als 2008. Die Arbeitslosenrate in der EU liege mit 10,9 Prozent um 4,1 Prozentpunkte über dem Vorkrisenniveau. Dabei habe die Arbeitslosigkeit in der Eurozone sogar noch schneller zugenommen und im Februar 2013 "ein historisches Hoch von 12 Prozent erreicht".
Allerdings gibt es laut ILO in der Eurozone große Unterschiede: Während die Arbeitslosigkeit in Griechenland, Portugal, Spanien und Zypern besonders hoch ist, liegt die Beschäftigung in Deutschland, Ungarn, Luxemburg, Malta und Österreich den Angaben zufolge inzwischen sogar über dem Vorkrisenniveau.
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