Altersvorsorge in der Inflationsfalle
2,8 Prozent betrug die Inflation im Juni in Österreich. So hoch war sie zuletzt vor neun Jahren. Laut Nationalbank sollen es über das Gesamtjahr gerechnet 2,2 Prozent sein. Das ist für alle Sparformen eine schlechte Nachricht, schließlich wird das Ersparte dauerhaft weniger wert. Vor allem in einer schon länger anhaltenden Tiefzinsphase. Während Sparer aber kleine und große Vermögen ziemlich schnell von schlecht verzinsten Produkten umschichten können, ist dies bei der Altersvorsorge anders. Die Verträge von Lebensversicherungen laufen jahrzehntelang. Was also tun?
Nicht kündigen „Wir raten davon ab, langjährige Verträge vorschnell zu beenden“, heißt es seitens der Wiener Städtischen. „Kurzfristige Schwankungen der Inflationsrate sind nicht wesentlich für die Performance.“ Denn die zuletzt gestiegenen Inflationsraten seien überwiegend pandemiebedingt und sollten vorübergehend sein. Inflationäre Effekte seien keine Besonderheit der aktuellen wirtschaftlichen Situation. „Gerade in der Lebensversicherung steht der Werterhalt im Vordergrund und wird durch Gewinnzuteilungen unterstützt.“
Anpassen: Um die Inflation über mehrere Jahre ausgleichen zu können, sollte bereits bei Vertragsbeginn eine jährliche Anpassung der Prämie vereinbart werden, rät die Allianz Versicherung. „Diese Anpassung kann entweder von der Inflation abhängig sein oder auch ein fixer Prozentsatz.“ Darüber hinaus sollte in regelmäßigem Abstand der Vertrag auch individuell angepasst werden, wenn die Inflation deutlich über der vorab vereinbarten Anpassung liegt. Außerdem könnten dabei auch Änderungen beim Sparziel (eventuell höherer oder niedrigerer Kapitalbedarf) identifiziert werden.
Fondsgebundene wählen: „Es zeigt sich, dass fondsgebundene Veranlagungen langfristig eher die Chance haben, Inflationseffekte zu überflügeln“, teilt die Städtische mit. Die über Jahrzehnte aufgebauten Vermögenswerte seien breit diversifiziert und würden eine Optimierung zwischen Ertrag und Sicherheit garantieren. „Derzeit sehen wir fondsgebundene Lebensversicherungen als besten Inflationsschutz an“, sagt auch Thomas Jaklin, Leiter der Sparte Lebensversicherung bei der UNIQA. Denn sie investieren zu einem höheren Anteil in Aktien oder auch Immobilien. Viele dieser Anlageformen würden geradezu von steigenden Preisen profitieren oder zumindest den Effekt abdämpfen. Spezielle Inflationsschutz-Produkte habe es in der Vergangenheit in der indexgebundenen Lebensversicherung zwar gegeben, diese sind laut Jaklin derzeit aber wegen der tiefen Zinsen „eher unattraktiv“.
Garantiezins: Wer dennoch eine klassische Lebensversicherung abschließen will, sollte dies bis Ende Juni 2022 tun. Danach sinkt der Garantiezins aufgrund des Tiefzinsumfeldes von derzeit 0,5 auf 0,0 Prozent. Der Garantiezins sichert, dass am Laufzeitende mindestens das eingezahlte Kapital verzinst mit dem Garantiezins ausbezahlt wird. „Wir erwarten dadurch im Neugeschäft eine noch stärkere Tendenz von der klassischen Lebensversicherung hin zu fondsgebundenen Produkten“, heißt es bei der Städtischen.
Steuervorteil nutzen: Die Erträge in der klassischen Lebensversicherung sind mit einer Gesamtverzinsung von derzeit nur 1,75 bzw 2,0 Prozent eher mager. Dennoch gibt es bei Lebensversicherungen generell einen großen steuerlichen Vorteil gegenüber Wertpapieren. So fällt nur bei der Einzahlung eine 4%-ige ertragsunabhängige Versicherungssteuer an. Bei Aktien, Anleihen usw. müssen 27,5 Prozent Kapitalertragssteuer abgeführt werden. Zu beachten sind aber die ziemlich hohen Kosten bei Abschluss einer Lebensversicherung, sodass das Investment in den rund ersten zwei Jahren ziemlich im Minus ist.
Erstmals hat mehr als eine Million Österreicher Anspruch auf eine Zusatzpension aus einer Pensionskasse. Exakt sind dies 1,003.352 Personen, wovon schon mehr als 120.000 eine Leistung beziehen. In den vergangenen zehn Jahren betrug die Wertsteigerung trotz der Nullzinsphase jährlich 4,0 Prozent, wie Fachverbandsobmann Andreas Zakostelsky betont. Freilich, nach Abzug von Kosten und Inflation lag die reale Wertsteigerung bei nur 2,3 Prozent. „Das Inflationsthema scheint nicht so flach zu sein wie im Vorjahr“, sagt Zakostelsky. Zugleich gebe es aber auch ein starkes Wirtschaftswachstum, sodass die Performance der Kassen wieder Richtung Zielkorridor von 5 bis 5,5 Prozent gehen sollte. Über die vergangenen 30 Jahre gerechnet liege das Jahresergebnis in dieser Bandbreite.
Weil die Börsen boomen, vor allem jene in Wien, erzielten die Kassen im ersten Halbjahr einen Veranlagungsertrag von 4,78 Prozent. „Natürlich gibt es auch Quartale oder Jahre, die schwächer sind“, gab Zakostelsky zu. Bei den ASVG-Pensionen würden sich aber Erhöhungen bis auf Weiteres in Grenzen halten. Zum einen seien die öffentlichen Haushalte Corona-bedingt angespannter denn je, zum anderen sei die demografische Entwicklung vor dem Kipppunkt. „Die Babyboomer gehen demnächst in Pension.“ Auch aus diesem Grund sieht er binnen fünf Jahren Potenzial für zwei Millionen Kunden.
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