Agenda Austria: Industrie muss sich an hohe Gaspreise anpassen

Die Oktober-Erzeugerpreise in der Industrie sind zum Vormonat leicht gestiegen
Um die Kaufkraft zu erhalten sollte laut dem wirtschaftsliberalen Think Tank die kalte Progression abgeschafft werden.

Bei dem wirtschaftsliberalen Think Tank Agenda Austria sieht man das Entlastungspaket der Regierung gegen die hohen Energiekosten mit gemischten Gefühlen. Einerseits sei es positiv, dass es nicht zu allgemeinen Steuersenkungen gekommen sei und auch der CO2-Preis wie geplant eingeführt werden soll, so Agenda-Austria-Ökonom Marcel Göttert zum KURIER. 

Kritisch sieht er hingegen die Anhebung der Pendlerpauschale. Das sei Förderung "mit der Gießkanne" und würde auch reicheren Haushalten zugute kommen, die sich die höheren Preise leisten könnten - und außerdem die Bemühungen zum Klimaschutz konterkarieren. Zwar sollte die Kaufkraft generell gestärkt werden, das könne aber durch eine steuerliche Entlastung von Arbeit und der Abschaffung der kalten Progression erreicht werden. Darüber hinaus müssten die Energiekosten aber nur für jene abgefedert werden, "für die es sonst nicht leistbar wäre".

Geht es nach der Agenda Austria, betrifft das auch die Industrie:  "Wir können nicht jegliche Marktverwerfungen für die Industrie ausgleichen, da müssen sich die Unternehmen auch selber anpassen.“ Denn die Gaspreise würden voraussichtlich zumindest noch bis 2023 hoch bleiben, weswegen auch ein befristeter Preisdeckel keine Lösung sei. Die Auswirkungen einer solchen Maßnahme wären nicht abzusehen, es könnte dadurch etwa zu einer weiteren Verknappung des Angebots führen. Auch seien im Zuge der Corona-Pandemie in den letzten zwei Jahren bereits massive Unterstützungen an die Unternehmen geflossen. 

Abhängigkeit von russischem Gas

Die österreichischen Gasspeicher sind derzeit zu etwa 15 Prozent gefüllt. Diese Nachricht ist nicht so schlecht, wie sie zunächst klingt, denn der energieintensive Winter ist vorbei und die Heizperiode endet bald.

Im Frühling liefern die Erneuerbaren Energieträger wieder mehr Strom, es muss also weniger Erdgas dafür verbrannt werden. Während der Anteil im Winter etwa ein Viertel der österreichischen Stromproduktion ausmacht, sind es im Jahresschnitt etwa 13,5 Prozent, so eine Aufstellung von Agenda Austria.

Aus dem Schneider ist Österreich damit aber nicht, so Göttert. Denn während ein russischen Ölembargo die österreichische Wirtschaft nicht stark treffen würde, ist das Land ist sehr stark von russischem Erdgas abhängig. Der Anteil beträgt etwa 80 Prozent und damit knapp 22 Prozent der gesamten österreichischen Energieversorgung. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 13 Prozent, in Italien 12, in Westeuropa nur ein Prozent oder noch weniger. Wichtiger als in Österreich ist russischen Gas EU-weit nur in Ungarn, der Slowakei und Lettland.

Wenn das Gas knapp oder sehr teuer wird, macht sich das zuerst bei der Industrie bemerkbar. Auf sie entfallen gut 40 Prozent des österreichischen Gasverbrauchs. Für Göttert ist die entscheidende Frage deswegen, was bis zum nächsten Winter passiert. Wenn russisches Gas wegfiele, gäbe es hier schnell ein Problem. "Da reden wir von wenigen Wochen". Die Alternativen sind allerdings rar. Neue Pipelines zu bauen dauert lang und die Förderländer, zu denen es bereits welche gibt, können die Produktion nicht willkürlich erhöhen. "Flüssiggas scheint superattraktiv zu sein", aber dafür brauche es ebenfalls eine Infrastruktur. Die Terminals und Schiffskapazitäten in Europa sind ebenso limitiert, wie die Verfügbarkeit von Liquefied Natural Gas (LNG) am Weltmarkt.

Mehr Kohle- und Kernkraft

Wichtig sei es deswegen, erstens nach Möglichkeit Energie zu sparen und zweitens, andere Energiequellen nach Möglichkeit zu halten. Europaweit hieße das etwa, dass Kohle- und Atomkraftwerke länger am Netz bleiben sollten, um die Gasverstromung zu reduzieren. In Österreich könne man, so die Agenda Austria, außerdem die Gewinnung von Schiefergas im Waldviertel prüfen. 

Die geplante strategische Reserve von 12,6 Terawattstunden ist für Göttert keine Lösung, denn sie deckt nur den Verbrauch eines kalten Wintermonats ab. Zwar könne man damit "einiges abfedern", aber "was machen Sie nach dem Monat"?

Kommentare