Geimpft, getestet oder genesen: Was in der Gastronomie und bald im Wintersport und auf Adventmärkten gilt, könnte auf den Arbeitsmarkt ausgedehnt werden. Wie eine solche Regelung aussehen soll und wichtige Fragen, etwa ob es für Impf-Verweigerer Sanktionen geben soll, wurden an die Sozialpartner delegiert.Vorbild ist Italien, wo ab 15. Oktober der Grüne Pass als Eintrittskarte für den Arbeitsplatz gilt.
Was würde die 3G-Regel ändern, und was gilt jetzt schon? Der KURIER fragte bei Arbeitsrechtsexperten nach:
1. Wie lässt sich eine 3G-Pflicht umsetzen?
Eine 3-G-Regel für den Arbeitsplatz könnte relativ rasch per Verordnung eingeführt werden. Nach Einschätzung von Arbeitsmarktexperten wird sie wohl nicht für alle, sondern nur für bestimmte Berufsgruppen mit regelmäßigen Personenkontakt gelten, die explizit aufgezählt werden. Schon jetzt gibt es eine 3-G-Pflicht für Beschäftigte in Alten- und Pflegeheimen, in Krankenanstalten und in der Elementarpädagogik. Für eine generelle Impfpflicht (1-G-Regel) bräuchte es ein Gesetz.
2. Was würde die 3G-Pflicht bringen?
Mehr Rechtssicherheit, sind sich die Experten einig. „Die ganzen Abwägungsfragen im Betrieb wären damit vom Tisch“, sagt Walter Pöschl, Arbeitsrechtsexperte bei Taylor Wessing. „Man könnte die 3-G-Regel etwa auf alle Berufe mit Personenkontakt ausweiten“, meint Philipp Brokes, Arbeitsrechtsexperte bei der AK Wien. Sie auf alle Arbeitsplätze und damit vier Millionen Beschäftigte auszuweiten‚ wäre übertrieben.
3. Dürfen Arbeitgeber nach bestehender Rechtslage eine Impfpflicht einführen?
Der Arbeitgeber kann grundsätzlich im Rahmen seiner Fürsorgepflicht verlangen, dass sich Mitarbeiter impfen lassen, sofern es ein berechtigtes Interesse dafür gibt und es den Mitarbeitern zumutbar ist. Ein solches Interesse wird etwa bei regelmäßigem Kontakt mit Patienten oder Kunden (z. B. Außendienst) vorliegen, wo gelindere Mittel wie Maskentragen, Plexiglas-Scheiben oder Homeoffice nicht ausreichend sind. Letztlich – so die Experten – ist es eine Abwägungsfrage, und es muss zwischen bestehendem Personal und Neueinstellungen unterschieden werden.
4. Darf der Arbeitgeber schon jetzt nach dem 3G- bzw. Impfstatus fragen?
Ja, es darf – bei berechtigtem Interesse – wie schon jetzt in der Gastronomie auch ein schriftlicher Nachweis verlangt werden. Die Mitarbeiter müssen wahrheitsgemäß antworten. „Bitte nie lügen“, warnt Brokes, das könnte im schlimmsten Fall ein Entlassungsgrund sein. Aber: „Warum ich mich nicht impfen lasse, muss ich dem Arbeitgeber nicht sagen.“ Es muss bei den Kontrollen aber auf den Datenschutz Rücksicht genommen werden. So dürfen keine Listen geführt werden, und der Impfstatus darf auch nicht in der Personalakte aufscheinen.
5. Kann die Impfpflicht bei Neueinstellungen dezidiert gefordert werden?
"Meiner Meinung nach könnte man es bei Stelleninseraten reinschreiben“, sagt Pöschl. Es sei auch eine zulässige Frage im Bewerbungsgespräch, zumindest so lange die Pandemie noch dauert, daher die Fürsorgepflicht greift und ein berechtigtes Interesse vorliegt. Bei Neueinstellungen tun sich Arbeitgeber leichter, weil nicht in aufrechte Arbeitsverträge eingegriffen wird und das Weisungsrecht diesbezüglich begrenzt ist.
6. Ist eine Ungleichbehandlung von Ungeimpften und Geimpften nicht eine rechtswidrige Diskriminierung?
Nein, es sei sehr wohl zulässig, nur Geimpfte oder nur Ungeimpfte neu einzustellen, meint AK-Experte Brokes. „Eine Ungleichbehandlung ist nicht automatisch eine rechtswidrige Diskriminierung“. Diese greife am Arbeitsplatz nur bei sexueller Orientierung, Religion oder Weltanschauung. Ob die Impffrage eine Weltanschauung ist, bezweifeln die meisten Rechtsexperten. Pöschl findet auch Impfprämien für geimpfte Mitarbeiter für zulässig, obwohl dies ebenfalls eine Ungleichbehandlung darstellt.
7. Darf ein Arbeitnehmer gekündigt werden, wenn er sich nicht impfen lässt oder die 3G-Regel verweigert?
Grundsätzlich muss eine Kündigung nicht begründet werden. Sollte die Weigerung einer Impfung als Begründung angeführt werden, könnte aber eine anfechtbare Motiv-Kündigung vorliegen. Der Arbeitgeber muss daher wiederum ein berechtigtes Interesse an geimpften Mitarbeitern vorweisen können. Bevor gekündigt wird, sollte eine Versetzung etwa in einen Nicht-Kundenbereich angedacht werden.
8. In Deutschland kann im Falle einer Quarantäne die Lohnfortzahlung an Ungeimpfte verweigert werden. Ist das in Österreich möglich?
Nein, dafür gibt es in Österreich derzeit keine gesetzliche Grundlage. Fällt ein Arbeitnehmer infolge einer Covid-Erkrankung länger aus, droht kein Entgeltverlust. „Das Entgeltthema soll nicht zum Problemthema werden“, so Brokes, schon aus gesundheitspolitischen Gründen.
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