Inflation bleibt zweistellig: "Bei Nahrungsmittel wird de facto nichts billiger"
Der Preiswahnsinn hält an. Nach 10,6 Prozent im November - und damit einem ersten leichten Rückgang - wurden am Donnerstag die Daten für den Dezember und damit für das Gesamtjahr 2022 mit Hochspannung erwartet. Experten erwarteten im Vorfeld einen weiteren Rückgang aufgrund einer leichten Entspannung bei den Energiepreisen.
Rückgang der Inflation durch Strompreisbremse
Das ist auch eingetreten. Aber: Die Inflation bleibt zweistellig. „Zu Jahresende hat sich die Teuerung auf hohem Niveau weiter eingebremst. Einer ersten Schätzung zufolge lag die Inflation im Dezember 2022 bei 10,2 %, nach 10,6 % im November und 11,0 % im Oktober. Hauptverantwortlich für den jüngsten Rückgang sind die seit Dezember wirksame Strompreisbremse und der spürbar nachlassende Preisdruck bei Treibstoffen. Bei Nahrungsmitteln und in der Gastronomie hingegen hält der Preisauftrieb weiter an“, so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.
10,5 Prozent Inflation in Österreich im Eurozonen-Vergleich
Die für Eurozonen-Vergleiche ermittelte Harmonisierte Inflationsrate (HVPI) für Österreich betrug im Dezember gemäß vorläufiger Schnellschätzung 10,5 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht eigentlich eine jährliche Teuerungsrate von 2 Prozent als ideal an.
Die absehbare Entwicklung im heurigen Jahr, skizziert WIFO-Experte Josef Baumgartner wie folgt:
- Tanken
Er erwartet bei Super und Diesel eine spürbare Entlastung – insbesondere in den Monaten Mai bis August. In den Vergleichsmonaten 2022 waren die Preise regelrecht durch die Decke gegangen.
- Strom und Gas
Abhängig von den aktuell sinkenden Großhandelspreisen könnte bei der Haushaltsenergie im März/April eine erste leichte Preisentspannung eintreten. Oder spätestens im kommenden Herbst. Dennoch bleiben die Energiepreise aber dauerhaft über jenen der Vergangenheit.
- Nahrungsmittel
Bei den Nahrungsmitteln und in der Gastronomie hält der Preisauftrieb derzeit weiter an, sagt Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas. Auch Baumgartner sagt: „Bei den Nahrungsmitteln wird heuer de facto nichts billiger.“
Insgesamt gilt: Die Jahresinflation dürfte zwar auf 6,5 Prozent laut Wifo-Prognose sinken. Das heißt aber nur, dass sich der Anstieg des Preisniveaus verlangsamt. Die 6,5 Prozent aus 2023 kommen auf die Teuerung des Jahres 2022 oben drauf.
Österreich verzeichnete 2022 ein Budgetdefizit von 3,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Hauptgrund: Milliardenausgaben im Kampf gegen die Teuerung und Energiekrise.
Würde man nur jene staatlichen Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellen, die im Vorjahr durch die hohe Inflation entstanden seien, komme aber ein Einnahmenplus zustande, meint Marcell Göttert, Ökonom vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria.
Demnach habe der Staat 2022 aufgrund der Inflation 6,1 Milliarden Euro eingenommen – der größte Teil entfällt mit 2,6 Milliarden auf die gestiegene Mehrwertsteuer. Die Ausgaben lagen bei 3,9 Milliarden, was ein Einnahmenplus von 2,2 Milliarden ergibt. Ob Strompreisbremse oder Gasreserve: Die Summe war natürlich schnell wieder verplant.
2023 geht Göttert jedenfalls nur noch von einem „ganz geringen Plus“ durch die Inflation aus. Die aktuell zweistellige Inflationsrate sinkt laut Wifo-Prognose auf 6,5 Prozent. Zudem gehen die Mehreinnahmen aus der Lohn- und Einkommensteuer aufgrund der Abschaffung der kalten Progression zurück. „Das wird man im Bundesbudget merken“, sagt Göttert.
Politik greift ein
In anderen Ländern ist die Inflation teils stärker bzw. längst auf ein deutlich niedrigeres Niveau als in Österreich gesunken. Dafür sind laut Baumgartner verschiedene Faktoren verantwortlich. Der Warenkorb für die Inflationsberechnung ist in verschiedenen Ländern unterschiedlich zusammen gesetzt, weil das Konsumverhalten nirgends ganz gleich ist. Deshalb gibt es in der EU den „harmonisierten Verbraucherpreisindex“, der für Österreich bei 10,5 Prozent liegt.
Dazu kommen die unterschiedlichen Abhängigkeiten von teuren Energieimporten sowie politische Maßnahmen der jeweiligen Regierungen. So hat Spanien die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel gesenkt oder Deutschland eine großzügige Soforthilfe für Gas und Fernwärme ausgezahlt.
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