Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

King Charles III
Die Wartenden stehen dort bis zu 24 Stunden lang. "Hoffe, Sie sind nicht allzu durchgefroren", so Charles.

König Charles III und Thronfolger Prinz William haben der kilometerlangen Warteschlange zum aufgebahrten Sarg von Queen Elizabeth II in London einen Überraschungsbesuch abgestattet. Vater und Sohn tauchten am Samstagmittag in der Nähe des Lambeth Palace am Südufer der Themse auf.

Sie sprachen mit Wartenden, die dort bis zu 24 Stunden lang ausharren, um der Queen einen letzten Besuch abzustatten und sich zu verabschieden. Die Menge begrüßte die beiden Royals mit Applaus, Jubel und "God save the King"-Rufen.

"Ich hoffe, Sie sind nicht allzu durchgefroren", sagte der neue König der BBC zufolge zu einer Frau in der Schlange. Die Temperaturen hatten in der Nacht in London einstellige Werte erreicht. Die BBC erwähnte "The Queue" am Samstagmorgen in ihrem Wetterbericht als eigenen Standort mit sieben Grad Celsius. Ein Security-Mitarbeiter ermahnte die Wartenden, ihre "Handys wegzustecken, Hände zu schütteln und den Moment zu genießen".

Tausende wollen "goodbye" sagen

Der geschlossene Sarg der Queen ist noch bis zum Montagmorgen in der Westminster Hall des britischen Parlaments aufgebahrt, bevor dann das Staatsbegräbnis für die Königin, die 70 Jahre lang auf dem Thron saß, ansteht. Ihre acht Enkel - einschließlich der Prinzen William und Harry - halten am Samstagabend eine 15-minütige Totenwache.

Am Freitagabend hatten König Charles III und seine Geschwister - ebenfalls für eine Viertelstunde - die Totenwache am Sarg übernommen. König Charles III (73), Prinzessin Anne (72), Prinz Andrew (62) und Prinz Edward (58) positionierten sich am Abend - allesamt in Uniform - um den Sarg herum, legten die Hände ineinander und senkten den Blick.

Die Totenwache war Berichten zufolge die einzige Gelegenheit während der Feierlichkeiten, bei der Prinz Andrew eine Uniform tragen durfte. Die Queen hatte ihrem zweitältesten Sohn Anfang des Jahres wegen seiner Verwicklung in den Missbrauchsskandal um den gestorbenen US-Multimillionär Jeffrey Epstein die militärischen Dienstgrade aberkannt. Bei allen anderen Zeremonien war er in Zivil gekleidet.

Ausnahme für Harry

Der zum Thronfolger aufgerückte Prinz William sollte bei der Totenwache am Kopf stehen und Prinz Harry am Fuß, wie die britische Nachrichtenagentur PA von Palast-Quellen erfahren hatte. Ausnahmsweise darf auch Harry zu dem Anlass eine militärische Uniform tragen. Obwohl der 38-Jährige in Afghanistan gedient hat, bleibt ihm dies wegen seines Rückzugs aus dem Königshaus mittlerweile sonst eigentlich verwehrt.

Harry musste seine militärischen Titel danach niederlegen, bei den bisherigen Trauerzeremonien trug auch er zivile Kleidung. Nach Kritik daran, dass für Andrew eine Ausnahme gemacht wurde, änderten sich jedoch auch für Harry die Regeln. Dieser lebt mit seiner Frau Meghan und den Kindern Archie und Lilibet inzwischen in den USA.

Queen-Enkel übernehmen am Samstag Totenwache

Die übrigen Enkelinnen und Enkel der Queen würden bei der Totenwache formelle schwarze Anzüge beziehungsweise Kleider tragen, hieß es. An Williams Seite sollten die Kinder von Queen-Tochter Prinzessin Anne, Zara Tindall und Peter Phillips, stehen. Die Töchter von Prinz Andrew, die Prinzessinnen Beatrice und Eugenie, flankieren Harry. Auf Höhe der Sarg-Mitte positionierten sich die jüngsten Queen-Enkel, Lady Louise und Viscount Severn, die Kinder von Prinz Edward. Die Enkel seien sehr darauf bedacht, der toten Königin ihre Aufwartung zu machen, hieß es.

Queen Elizabeth II war am Donnerstag, den 8. September, im Alter von 96 Jahren auf ihrem schottischen Landsitz Schloss Balmoral gestorben. Am Sonntag wurde ihr Sarg in Schottlands Hauptstadt Edinburgh gebracht, am Dienstagabend dann nach London. Dort geleitete ihn die engste Familie um Charles am Mittwochnachmittag in einer feierlichen Prozession vom Buckingham-Palast zum Parlament, wo er seither aufgebahrt ist.

Unzählige Menschen nutzten seit Mittwoch die Möglichkeit, am Sarg innezuhalten. In der Nacht zum Samstag teilten Helfer kostenlos Tee, Kaffee und Wasser sowie Decken aus, wie Augenzeugen berichteten.

Immerhin können die Wartenden am Wochenende ihre Regenschirme wohl zuhause lassen. Der britische Wetterdienst sagte für Samstag sonniges Wetter mit Höchsttemperaturen von 17 Grad Celsius in der britischen Hauptstadt voraus. Auch am Sonntag solle es trocken bleiben, zum Staatsbegräbnis am Montag wird Sonnenschein erwartet. Dann werden Hunderte Monarchen, Staats- und Regierungschefs aus aller Welt in London erwartet.

Nach einem Gottesdienst in der Westminster Abbey wird der Sarg in einer Prozession zum Wellington Arch gebracht, die Route führt über die Prachtstraße The Mall und am Buckingham-Palast vorbei. Eine solche Zeremonie habe es in Großbritannien seit dem Tod von Winston Churchill 1965 nicht mehr gegeben, berichtete die BBC.

Unter den Gästen ist auch der japanische Kaiser Naruhito auf seiner ersten Auslandsreise seit der Thronbesteigung 2019. Seine Teilnahme gilt als besondere Ehre, da japanische Monarchen eigentlich nie an Beerdigungen teilnehmen.

Die Beisetzung findet nicht in London, sondern im westlich gelegenen Windsor statt. In der Nacht zum Samstag probten dort etliche Soldaten für die Zeremonie. Der Sarg wird mit einem Leichenwagen nach Windsor gebracht. Ihre letzte Ruhestätte soll die Queen am Montagabend bei einer privaten Beisetzung in der St. George's Chapel auf Schloss Windsor erhalten - an der Seite ihres im vergangenen Jahr gestorbenen Ehemannes Prinz Philip.

Das Leben der Queen in Bildern

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Elizabeth II.: Ihr Leben in Bildern

Elizabeth, damals 21, bei der Verlobung mit Philip, ihrer großen, lebenslangen Liebe.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Die Hochzeit im November 1947.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Das Medieninteresse ist groß an Elizabeths Beziehug zu dem schnittigen Kadetten Philip, in den sich die Tochter von Königs Georg VI., und dessen Ehefrau Elizabeth bereits mit 13 Jahren bereits verliebt haben soll.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Das glückliche Paar während seiner Hochzeitsreise.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

In diesem einfachen Hotel erfuhr Elizabeth während einer Reise durch Kenia im Jahr 1952 vom Tod ihres Vaters. Sie wurde über Nacht zur Königin.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Die aufwendige Krönung fand aber erst über ein Jahr später am 2. Juni 1953 statt. Die scheue Elizabeth wollte zuerst keine TV-Übertragung. Der Erzbischof von Canterbury verteufelte das Fernsehen sogar als "eine der großen Gefahren der Welt". Schließlich durften dann doch Millionen Menschen das Event vor den Fernsehgeräten verfolgen.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

1952 waren Elizabeth und Philip bereits zweifache Eltern - und zwar von Thronfolger Charles (li.) und Prinzessin Anne.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

1960 kam Kind Nummer drei zur Welt, Andrew. Edward folgte 1964.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

1970: Auf einer Tour durch Australien und Neuseeland führt Elizabeth II. ihre "königlichen Spaziergänge" ein - eine Art distinguiertes Bad in der Menge, bei dem die Königin in Kontakt mit ihren Untertanen tritt. Damit will die Monarchin dem Königshaus offensichtlich ein moderneres Image verschaffen.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Am 27. August 1979 wird Lord Louis Mountbatten, Onkel von Prinz Philip und Mitglied des innersten Zirkels der Königsfamilie, durch die nordirische Untergrundorganisation IRA getötet. Seine Ermordung macht die in den 70er und 80er Jahren ständig vorhandene Gefahr für die Königsfamilie sichtbar.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

1992: Elizabeth II. erlebt ihr "annus horribilis", ihr "schreckliches Jahr": Ihre Söhne Charles und Andrew trennen sich von ihren Frauen und Prinzessin Anne wird geschieden. Zudem wird Schloss Windsor bei einem Brand schwer beschädigt. Vor allem die der Trennung folgende Schlammschlacht zwischen Diana und Charles lässt das Ansehen des Königshauses in den kommenden Jahren weiter sinken.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Thronfolger Charles bei seiner Hochzeit mit Diana, 1981. Der Ehe war bekanntlich kein Glück beschieden. In den 1990er-Jahren erreichte das Verhältnis zwischen dem Königshaus und dem Volk jedoch einen Tiefpunkt: Die Ehe zwischen Prinz Charles und Diana, der "Königin der Herzen", war zerrüttet, der Rosenkrieg wurde auch über britische Medien ausgetragen. In einem TV-Interview sagte Diana, mehr gehaucht als gesprochen, über ihre Nebenbuhlerin Camilla: "Sie war die dritte in der Ehe, und es wurde ein wenig eng."

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

1997 starb Diana bei einem Autounfall in Paris. Die Queen schwieg lange, was ihr Image schädigte. Im Bild ist sie am Vorabend der Beerdigung mit Ehemann Philip zu sehen.

Die Royals gaben den Medien die Schuld. Bei einem Prozess in Frankreich im Jahr 2017 um heimlich aufgenommene Oben-ohne-Fotos von Williams Frau, Herzogin Kate, teilte William mit, er sei besonders geschockt, weil es ihn an die Belästigung erinnere, die "zum Tod meiner Mutter Diana, Prinzessin von Wales, geführt hat".

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

2005 war wohl das glücklichste Jahr für Prinz Charles: Er heiratete seine Jugendliebe Camilla Parker-Bowles.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

2011 heiratete auch sein Sohn William, und zwar die Bürgerliche Catherine Middleton. Die beiden bekamen drei gemeinsame Kinder - George, Charlotte und Louis.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

2018 schloss auch Williams Prinz Harry den Bund der Ehe. Dass er und seine Frau, die frühere US-Schauspielerin Meghan Markle, sich später von der Familie abwendeten, hat die Queen wohl nie verwunden.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Die Queen und Prinzgemahl Philip umringt von Urenkeln.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

In Trauer: Die Queen bei der Beerdigung ihres geliebten Ehemannes Philip im April 2021. Die beiden waren 74 Jahre lang verheiratet gewesen.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Die Queen gebeugt auf der Beisetzung von Prinz Philip

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

15 britische Premierminister hat Elizabeth II. erlebt, die letzte war Liz Truss.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Als Monarchin kommentierte die Queen nie das politische Geschehen, auch wenn sie etwa den Brexit wohl vehement ablehnte. Für Aufsehen sorgte ihre Rede im Parlament 2017: Elizabeth erschien mit einem blauen Hut mit Sternen, der an die EU-Flagge erinnerte.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

2022 fand das große 70-jährige Thronjubiläum der Queen statt.

Überraschungsbesuch von Charles in der Schlange: "Hoffe, Sie sind nicht durchgefroren"

Mit einer riesigen Parade in London, Straßenfesten und landesweiten Picknicks ließ die Bevölkerung Königin Elizabeth II. im Juni mehrere Tage lang hochleben. Trotz eher trüben Wetters feierten Zehntausende die historische Regentschaft Queen, die aus gesundheitlichen Gründen bei den Feierlichkeiten selten anwesend war, aber sich zum Abschluss am Balkon des Buckingham Palace zeigte.

Kommentare