… Erinnerungen an olympisches Gold vor vier Jahren
Pyeongchang kommt mir noch sehr aktuell vor. Ich erinnere mich an den Stress und die Anspannung. Ich war ja die Topfavoritin, das hat mich sehr unter Druck gesetzt. Aber ich denke auch gerne an den glücklichen Moment danach zurück, mit der Familie, das Feiern. Der Weg zu Gold war aber extrem schwer. Wenn ein Jahr später wieder Olympia gewesen wäre, hätte ich das nicht gepackt.
… Entwicklungen
Die Sportart hat sich bei den Frauen extrem weiterentwickelt. Ich war vor fünf Jahren die einzige Frau, die Doubles gesprungen ist. Heute wissen alle jungen Mädels, dass Doubles Standard sind. Ich habe drei Jahre an meinem neuen Trick gearbeitet und bin Tausende Male in den Airbag gesprungen. Erst jetzt bin ich so weit, dass ich glaube, dass ich den Trick unter allen Umständen konstant und sicher landen kann.
… Erwartungen
Es gibt acht Mädels, die gewinnen können. Wir wissen alle nicht, wer welches Ass für Olympia im Ärmel hat. Der Sport besteht auch aus viel Taktik. Wenn ich merke, dass der zweitbeste Trick reicht, werde ich den bringen. Klar ist, dass mein Ziel eine Medaille ist.
… Druck
2018 wollte ich unbedingt gewinnen, alles andere wäre eine Niederlage für mich gewesen. Heuer fühle ich weniger Druck. Manchmal bin ich sogar zu locker, dann ist die Körperspannung weg. Ich muss dann oft versuchen, wieder in die richtige Stimmung zu kommen, um wieder nervös zu werden. Erst dann bringe ich meine beste Leistung. Ich habe Spaß, aber ich fahre nicht zum Spaß hin.
… Gleichberechtigung
Es war bei einem Bewerb in China vor drei Jahren, bei dem Frauen weniger Preisgeld als die Männer bekommen hätten. Wir haben mit Boykott gedroht. Die Leute daheim sollen nicht denken, dass unsere Leistung nur die Hälfte wert ist. Die Organisatoren haben das dann angepasst. Mittlerweile können viele Mädels vom Snowboarden leben. Actionsport war früher sehr von Männern dominiert. Doch wir Frauen entwickeln uns im Sport extrem weiter. Der Respekt der Männer, den wir jetzt haben, hat schon mit unserer Leistung zu tun.
… Zukunft
In unserem Sport kann man sich keine Pause gönnen. Wenn ich also ein weiteres Mal Olympia erleben will, müsste ich vier weitere Jahre alles dem Sport unterordnen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wieder machen werde. Irgendwann will man auf Sommerurlaub fahren und nicht ständig daran denken, dass die anderen gerade trainieren.
… Strukturen
Ich habe all mein Geld wieder in den Sport gesteckt und dazu auch viel Glück gehabt. Auch die Olympia-Quali habe ich mir selbst finanziert. Der ÖSV unterstützt viel zu wenig und viel zu spät. Bei uns gibt es keine Infrastruktur. Man müsste schon Zwölfjährige oder noch Jüngere fördern, wie beim Skifahren. Aber das passiert nicht. Wenn mich in Kärnten jemand fragt, wo er sein Kind hinschicken soll, dass es Big Air oder Slopestyle lernt ... Es gibt nichts. In den USA gibt es Kurse für Achtjährige, und die Deutschen haben das beste Nachwuchsprogramm. Die deutschen Kinder trainieren alle bei uns. In Österreich muss man auf Eigeninitiative trainieren. Wenn ich aufhöre, sehe ich im Moment niemand, der auf mein Level kommen wird.
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