Von wegen "schwaches Geschlecht": Die Frauen sind nicht zu stoppen
Muss das sein? Braucht’s das wirklich? Ist das nicht viel zu gefährlich? Können die das überhaupt?
Es sind immer die gleichen Vorurteile, die Frauen entgegenschlagen, sobald sie in Männerdomänen eindringen. Meist dauert’s aber nicht allzu lange, und dann werden plötzlich aus den größten Skeptikern die größten Bewunderer, die es sowieso eh immer schon gewusst haben.
Präsidialer Wunsch
In den vergangenen Jahrzehnten haben die Frauen Schritt für Schritt den Wintersport erobert. Sie fahren Bob und Skeleton, sie schießen auf Scheiben, sie jagen dem Puck hinterher, sie springen über Schanzen.
Mit dem heutigen Tag fällt nun auch die allerletzte männliche Bastion im Wintersport: Ramsau ist Schauplatz der Weltcup-Premiere der Nordischen Kombiniererinnen (ein Sprung auf der Normalschanze, fünf Kilometer Langlauf). ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel, dem seine Kritiker gerne Macho-Allüren vorwerfen, hat sich höchstpersönlich dafür eingesetzt, dass dieser Bewerb in Österreich stattfinden kann.
Rasanter Aufstieg
Dass nun auch die Nordische Kombination der Damen den Weltcupstatus erlangt, war nur das logische Ergebnis der Entwicklungen der vergangenen Jahre. Die Kombiniererinnen profitieren dabei vom Höhenflug des Damen-Skispringens (siehe unten), etliche Starterinnen in Ramsau sind Quereinsteigerinnen aus dem Skisprungsport.
„Unsere Sportart ist nicht aufzuhalten. Die wird sich rasant entwickeln“, sagt Bernhard Aicher, der Trainer der ÖSV-Kombiniererinnen. Als die FIS vor fünf Jahren einen Masterplan für die Kombination präsentierte, zweifelten viele noch an den ambitionierten Zielen. Inzwischen haben die Kombiniererinnen eine eigene, wenn auch kleine Weltcupserie (drei Bewerbe), bei der WM in Oberstdorf (24. 2. bis 7. 3.) werden erstmals Medaillen vergeben.
Junge Athletinnen
So jung wie die Sportart ist, so jugendlich sind auch ihre Protagonistinnen. Viele der 32 Athletinnen, die in Ramsau am Start sind, gehen noch in die Schule. So auch die österreichischen Hoffnungsträgerinnen Sigrun Kleinrath und Lisa Hirner, die 16 bzw. 17 Jahre alt sind.
Im Gegensatz zu vielen Konkurrentinnen sind die Österreicherinnen allerdings fast durch die Bank ausgebildete Kombiniererinnen. „Wir haben in Österreich eine duale Ausbildung“, erklärt ÖSV-Cheftrainer Bernhard Aicher. „Bis zum Alter von 14 Jahren betreiben in unseren Stützpunkten alle Buben und Mädchen Skispringen und Langlauf. Und erst danach spezialisieren sie sich.“
Manche haben nur deshalb überhaupt ihre Liebe für das Langlaufen entdeckt. Wäre es zum Beispiel nach Lisa Hirner gegangen, dann hätte sie die Loipe links liegen gelassen. „Ich wollte eigentlich nur springen, aber in unserer Trainingsgruppe waren sonst nur Kombinierer. Also musste ich Langlaufen lernen“, erzählt die 17-Jährige, die der berühmten Eisenerzer Skisprungdynastie der Hirners entstammt.
„Am Anfang war ich nicht so der Fan der Kombination, aber mit den Erfolgen hat’s mir zu taugen begonnen“, sagt die zweifache Jugend-Olympiasiegerin von Prémanon (FRA) 2020.
Große Ziele
In den Augen von Hirner ist die Nordische Kombination der Damen mit dem Weltcup noch lange nicht am Ziel angekommen. „Ich hoffe, dass wir 2026 bei Olympia sind – und dass es bald Teambewerbe mit den Herren gibt.“
Welchen Status die Kombiniererinnen bereits erlangt haben, zeigte sich am WM-Programm in Oberstdorf. Ursprünglich hätten die Damen an einem Montag drankommen sollen, die TV-Anstalten pochten aber auf einen besseren Sendetermin.
Nun dürfen die Damen an einem Samstag kombinieren.
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