Von Shiffrin bis zur Skisprung-Farce: Die Tops und Flops bei Olympia
Die Medaillen sind vergeben, die 24. Winterspiele sind Geschichte. Es heißt Zàijiàn Beijing 2022, Ciao Milano-Cortina 2026. Was wird von diesen Winterspielen in Erinnerung bleiben? Ein allerletzter Rückblick, diesmal nicht durch die rot-weiß-rote Brille.
+ Norwegen
Wie schon 2018 in Korea ist Norwegen die Wintersportnation Nummer eins. 37 Medaillen holten die Alleskönner aus Skandinavien, die fast in allen Disziplinen erfolgreich waren. Aus der Masse der norwegischen Medaillensammler stachen Langläuferin Therese Johaug (drei Mal Gold) sowie die Biathleten Marte Olsbu Röiseland (drei Mal Gold) und Johannes Thingnes Bø (vier Mal Gold) noch einmal heraus.
+ Die Sportanlagen
Sotschi 2014, Pyeongchang 2018, und nun Peking 2022 – bei all diesen Olympischen Winterspielen wurde geklotzt und nicht gekleckert. Ob die futuristische Sprungschanze oder der vollkommen überdachte Eiskanal – die sündteuren chinesischen Sportstätten verdienten sich eine Goldmedaille. Die olympischen Skipisten waren anspruchsvoller als gedacht und brachten vor allem spektakuläre Speedrennen. Fraglich nur, wie oft der Weltcup in den nächsten Wintern in China Station machen wird.
+ Leif Nordgren
Die moderne Kommunikationstechnik machte es möglich, dass der US-Biathlet im Olympischen Dorf in China live die Geburt seiner ersten Tochter in Vermont miterleben durfte. „Presswehen übers Smartphone“, war nur eine der Headlines über Leif Nordgren, der in seinen Rennen 87. und 83. wurde. Aber man kann’s verstehen, dass der Jung-Papa vielleicht nicht ganz bei der Sache war.
+ Mikaela Shiffrin
Ja, sie lesen richtig. Die 26-jährige US-Amerikanerin war eine Gewinnerin dieser Spiele, auch wenn sie ohne Medaille die Heimreise antrat. Bewundernswert, wie Shiffrin mit den vielen Tiefschlägen umging und wie sie auf die Kritik in den sozialen Netzwerken reagierte – dafür gebührt ihr zumindest die Tapferkeitsmedaille.
+ Eileen Gu
Seit 2019 ist die gebürtige US-Amerikanerin auf dem Papier eine Chinesin und in der neuen Heimat eine Sportheldin. Die 18-jährige Ski-Freestylerin hielt dem Druck stand und gewann zwei Mal (Big Air, Halfpipe) und Silber (Slopestyle). Der erste Olympiasieg brachte die Chinesen in Wallung, die Internetportale im Gastgeberland registrierten 1,86 Milliarden Klicks.
+ Schweizer Alpine
Der traditionelle Ländervergleich Österreich – Schweiz ging diesmal an die Eidgenossen. Die Schweizer Skifahrer räumten auf den Pisten groß ab und gaben mit fünf Olympiasiegen und neun Medaillen den Ton an.
- Die Temperaturen
20 Grad unter Null, dazu eisiger Wind und das alles in 1.700 Metern Seehöhe. Es war gesundheitsgefährdend, was den Langläufern und Biathleten zugemutet wurde. Immer wieder kollabierten Sportler oder erlitten schwere Erfrierungen wie etwa Langläufer Remi Lindholm (FIN), der sich über unerträgliche Schmerzen unterhalb der Gürtellinie beklagte. Es wäre ratsam, bei künftigen Olympia-Vergaben auch die klimatischen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
- Einseitiger Eiskanalsport
Im Grunde hätte man sich die knapp 2,5 Milliarden Euro für den teuersten Eiskanal der Welt sparen und die Goldmedaillen gleich nach Deutschland senden können. So spektakulär die Bob- und Rodelbahn in Yanqing sein mag, so monoton waren die Bewerbe. Von Rodeln, über Bob bis zum Skeleton – in neun der zehn Wettkämpfe gab es deutsche Siege.
- Thomas Bach
Der IOC-Präsident spielte mit bei der olympischen Inszenierung der heilen chinesischen Welt. Kein kritisches Wort zu Menschenrechtsverletzungen oder der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong von Gastgeber China war vom Deutschen zu hören. „Thomas Bach hat sich dem chinesischen System gebeugt, er war ein Teil davon“, monierte Felix Neureuther. Das IOC darf sich nicht wundern, wenn sich die Menschen von Olympia abwenden und sich keine Länder mehr finden, die Spiele durchführen wollen.
- Chinas Gastfreundschaft
Die Art und Weise, wie mit Leuten umgegangen wurde, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, war menschenunwürdig. Teilweise wurden die Betroffenen wie Schwerverbrecher abgeführt. Auch die spartanischen Quarantäne-Unterkünfte erinnerten mitunter eher an Gefängniszellen.
- Skisprung-Mixed
Die Olympia-Premiere des Mixed-Teamskispringens verkam zur Farce. Reihenweise wurden die Skispringerinnen bei der Materialkontrolle mit zu großen Anzügen aus dem Verkehr gezogen. Natürlich trägt jeder Athlet eine Mitschuld, wenn sein Material nicht den Bestimmungen entspricht, warum die Kontrollore gerade beim Saisonhöhepunkt eine Aktion scharf machen mussten, erschloss sich keinem. Werbung für den Mixed-Bewerb war es jedenfalls keine.
- Atomic
Die Skimarke aus Altenmarkt ist mittlerweile im Besitz des chinesischen Anta-Sports-Konzerns. Die Ausbeute bei den Olympischen „Heimspielen“ war aber alles andere als glänzend. Für Atomic reichte es in den Skirennen nur zu fünf Medaillen, keine davon in Gold. Head war mit 15 Medaillen, sechs in goldener Ausfertigung, die Nummer eins.
GOLD (7)
Anna Gasser (Snowboard, Big Air),
Johannes Strolz (Ski alpin, Kombination),
Matthias Mayer (Ski alpin, Super-G),
Alessandro Hämmerle (Snowboard-Cross),
Benjamin Karl (Snowboard, Parallel-RTL),
Mixed-Team, Ski alpin (Katharina Liensberger, Katharina Truppe, Johannes Strolz, Stefan Brennsteiner; Katharina Huber, Michael Matt),
Skispringen, Team (Manuel Fettner, Stefan Kraft, Daniel Huber, Jan Hörl)
SILBER (7)
Katharina Liensberger (Ski alpin, Slalom),
Mirjam Puchner (Ski alpin, Super-G),
Daniela Ulbing (Snowboard, Parallel-RTL),
Johannes Strolz (Ski alpin, Slalom),
Manuel Fettner (Skispringen, Normalschanze),
Wolfgang Kindl (Rodeln, Einsitzer),
Rodeln, Mixed-Team (Madeleine Egle, Wolfgang Kindl, Thomas Steu/Lorenz Koller)
BRONZE (4)
Teresa Stadlober (Langlauf, Skiathlon),
Matthias Mayer (Ski alpin, Abfahrt),
Lukas Greiderer (Nordische Kombination, Normalschanze),
Rodeln, Doppelsitzer (Thomas Steu/Lorenz Koller)
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