Locker wie nie zuvor: ÖSV-Star Kriechmayr erfindet sich mit 34 neu

Vincent Kriechmayr startet in die Abfahrtssaison
Vincent Kriechmayr präsentiert sich vor der ersten Abfahrt in Beaver Creek gelöst und humorvoll. Dafür verantwortlich sind seine Ehefrau und Neo-Abfahrtscoach Andreas Evers.

Vincent Kriechmayr ist in letzter Zeit kaum wiederzuerkennen. Er ist auffallend gut gelaunt und scherzt und lacht unentwegt. Und dieser Frohsinn wirkt keineswegs aufgesetzt.

Mürrisch

So kannte man ihn gar nicht mehr. Denn gerade in den letzten beiden Wintern kam der Doppelweltmeister von 2021 häufig mürrisch, unzufrieden und bisweilen sogar sehr fatalistisch rüber.

Vincent Kriechmayr präsentiert sich in dieser Saison als Frohnatur

Vincent Kriechmayr präsentiert sich in dieser Saison als Frohnatur

„Meine Ehe bekommt mir eben gut“, sagt der frischvermählte Routinier. Und da war es schon wieder: dieses Augenzwinkern, dieses schelmische Grinsen, dieser Ausdruck von Lockerheit, der gerade bei einem wie Vincent Kriechmayr Bände spricht. 

In diesem Zustand fährt der 34-jährige Oberösterreicher traditionell seine besten Rennen.

Neue Lockerheit

„Ich habe gelernt: Es braucht diese Lockerheit beim Skifahren. Wenn du es zu sehr mit der Brechstange versuchst, dann wird’s schwierig“, sagt Vincent Kriechmayr vor der ersten Saisonabfahrt am Donnerstag in Beaver Creek (19 Uhr, live ORF1).

Es ist aber nicht nur die Hochzeit mit der Langzeitfreundin und früheren Rennläuferin Michaela Heider, die Vincent Kriechmayr so runderneuert wirken lässt. 

Auch der neue österreichische Abfahrtstrainer Andreas Evers hat beim Oberösterreicher augenscheinlich für frischen Schwung gesorgt. 

Der langjährige Trainer von Hermann Maier hatte nach der letzten Saison Sepp Brunner beerbt und dürfte Kriechmayr bei der Rennläufer-Ehre gepackt haben.

Evers holte Kriechmayr in der Sommervorbereitung aus seiner Komfortzone. „Bei ihm geht es nur darum, dass er nicht zu selbstkritisch mit sich umgeht und eine gewisse Lockerheit kriegt. Dass er ein begnadeter Skifahrer und ein echter Downhiller ist, weiß jeder“, sagt Evers.

Im Super-G in Copper Mountain wurde Vincent Kriechmayr vor Raphael Haaser Dritter

Im Super-G in Copper Mountain wurde Vincent Kriechmayr (li.) vor Raphael Haaser Dritter

Nur hat Vincent Kriechmayr diese außergewöhnlichen Fähigkeiten zuletzt viel zu selten präsentiert. 

1 Weltcuppodest in 2 Jahren

Sieht man einmal vom starken Auftritt bei der Heim-WM in Saalbach-Hinterglemm (Silber) und einem zweiten Rang 2024 in Kvitfjell ab, war der Sieger von neun Weltcupabfahrten in den vergangenen beiden Wintern in der Königsdisziplin nie mehr auf dem Podest zu finden.

Neuer Schwung

Der negative Höhepunkt war der 55. Platz in Gröden. Sein zweitschlechtestes Ergebnis im Weltcup quittierte Kriechmayr mit drastischen Worten: „Wenn das so weitergeht, haue ich den Hut drauf.“

Zu diesem Zeitpunkt war der gleichermaßen ehrgeizige wie selbstkritische Oberösterreicher mit sich und der Welt unzufrieden. 

„Wenn man eine gewisse Zielsetzung hat und die nicht erreicht, dann zipft einen das an. Und so war es bei mir. Ich bin irgendwann nicht mehr richtig vom Fleck gekommen.“

Solche resignierten und fatalistischen Gemütszustände dürften zumindest vorerst Schnee von gestern sein. Vor allem, wenn Vincent Kriechmayr Auftritte hinlegt wie im ersten Super-G in Copper Mountain, wo sich der 34-Jährige nur Marco Odermatt geschlagen geben musste.

Wie meinte Vincent Kriechmayr doch gleich?  „Wenn du so eine drüber kriegst, dann kannst du viel mitnehmen. Ich glaube, dass wir es der Konkurrenz nicht mehr ganz so leicht machen.“

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