ÖSV-Abfahrtscoach Andreas Evers: "Wir sind nicht so schlecht“

Vincent Kriechmayr ist der letzte Österreicher, der eine Weltcupabfahrt gewinnen konnte. Im März 2023
Wenn die ÖSV-Abfahrer am 4. Dezember in Beaver Creek in den Weltcup-Winter starten, werden genau 995 Tage seit dem letzten Sieg eines Österreichers vergangen sein (Vincent Kriechmayr am 15. März 2023 in Soldeu).
Das ist kein Ruhmesblatt für einen Verband, der so einen immensen Aufwand betreibt wie der ÖSV.
Ein Podestplatz in 2 Saisonen
In der Abfahrt hat das Herrenteam irgendwann in den letzten Jahren die falsche Abfahrt genommen und den Anschluss an die Allerbesten verpasst.
Ein Podestplätzchen in den vergangenen zwei Saisonen und Rang 11 für den besten Österreicher im Abfahrtsweltcup 2024/’25 – wohlgemerkt hinter fünf Schweizern – lassen vor dem Olympiawinter die Alarmglocken schrillen.

Andreas Evers löste Sepp Brunner als ÖSV-Speedcoach ab
Der ÖSV reagierte im Frühjahr auf die Abfahrtsmisere und installierte Andreas Evers als neuen Spartentrainer. Der langjährige Coach von Hermann Maier befindet sich mit den ÖSV-Abfahrern seit drei Wochen in Chile, wo das Speed-Team wieder in Schuss kommen soll.
Der KURIER erreichte Evers in Südamerika und sprach mit ihm über . . .
- die Bedingungen in La Parva und Portillo
„Als wir gekommen sind, gab’s einen richtigen Schneesturm und es hat einen Meter Schnee hingehaut. Wir können hier sehr gut trainieren.“

Daniel Hemetsberger beim Training in Chile
- das ÖSV-Speedteam
„Wir sind sicher nicht so schlecht, wie es den Anschein hat. Im Super-G haben die Läufer ja gezeigt, dass sie absolut konkurrenzfähig sind. Dass die Abfahrtssaison im letzten Winter daneben gegangen ist, wissen wir alle. Genau da müssen wir den Hebel ansetzen, damit wir wieder in die Spur kommen.“
- die Defizite in der Abfahrt
„Unsere Leute können durch die Bank gut Ski fahren. Uns ist aber irgendwo der Speed verloren gegangen. Diesen Grundspeed müssen wir uns wieder erarbeiten, das geht nur über Trainieren, Trainieren, Trainieren. Vielleicht ist da in der Vergangenheit ein bisschen zu wenig gemacht worden.“

Vincent Kriechmayr trainiert seit drei Wochen in Südamerika
- Vincent Kriechmayr
„Jeder weiß, dass er ein begnadeter Skifahrer und ein echter Downhiller ist. Es gibt nicht viele Abfahrer, die so attackieren können wie er. Vorausgesetzt, er hat das Gefühl, dass alles passt. Vincent Kriechmayr geht oft sehr kritisch mit sich selbst um und hinterfragt sich viel. Wir müssen ihn dahin kriegen, dass er eine gewisse Lockerheit kriegt. Dann kommt er in den Flow. Ich hoffe, dass er im Herbst seiner Karriere den richtigen Zugang findet.“

Marco Schwarz genießt die Aussicht in La Parva
- die Abfahrtsambitionen von Marco Schwarz
„Er hat hier in Chile mit uns das erste Mal wieder Abfahrt trainiert. Es ist wichtig, dass er sich nach seiner Verletzung Schritt für Schritt wieder herantastet. Und wir werden schauen müssen, was wirklich Sinn macht. Nur eine Abfahrt runterzufahren und ein Paar Punkte zu holen, ist sicher nicht sein Anspruch. Er muss schon konkurrenzfähig sein, am Ende geht es immer ums Gewinnen.“
- die auffälligen Leistungsunterschiede in Abfahrt und Super-G
„Uns würde helfen, wenn es in der Abfahrt kein Training gäbe und man wie im Super-G mit Instinkt fahren müsste. Genau da sind unsere technisch beschlagenen Läufer richtig gut. Die haben ein sehr gutes Gefühl für eine Linie.“
- die Entwicklung von Riesentorlauf-Weltmeister Raphael Haaser
„Er bringt alles mit für einen Abfahrer. Für den heurigen Winter ist es das Ziel, dass er in der Abfahrt den Anschluss findet. Im Super-G und im Riesentorlauf zählt er schon zu den Besten. Ich bin zuversichtlich, dass er auf Sicht auch in der Abfahrt ganz vorne mitfahren kann. Ähnliches haben wir mit Lukas Feurstein vor. Im Moment ist der Fokus noch auf dem Riesentorlauf und dem Super-G, aber ihn wollen wir auch in der Abfahrt heranführen. Deshalb trainieren Haaser und Feurstein auch bei uns in der Gruppe.“
- die Erwartungen für die kommende Saison
„Ich bin überzeugt davon, dass sehr viel Potenzial in der Mannschaft schlummert. Mit Ausnahme von Kriechmayr, Hemetsberger und Striedinger sind alle in einem guten Alter und können sich noch gut entwickeln. Und manchmal geht es schnell, wie man bei Stefan Eichberger gesehen hat. Wir müssen einfach ruhig weiterarbeiten, einen Schritt nach dem anderen machen und uns Selbstvertrauen holen – damit wir wieder gewinnen können.“
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