Der neue Weltmeister: Sein Name ist Haaser

Raphael Haaser im Zielraum bei der WM in Saalbach
Zusammenfassung
- Raphael Haaser wird Weltmeister im Riesentorlauf, obwohl er in dieser Disziplin im Weltcup noch nie auf dem Podium stand.
- Der 27-jährige Tiroler zeigt eine Mischung aus Selbstbewusstsein und Lockerheit, die ihm zum Sieg verhilft.
- Haaser reiht sich in die Liste österreichischer Skilegenden ein und hofft, dass sein Erfolg das Team motiviert.
Den größten Moment seiner Karriere erlebte Raphael Haaser wie in Trance. Jeder konnte ihm ansehen, dass er nicht wirklich wusste, wie ihm geschieht. Als er im Zielstadion auf die Knie sank, ungläubig den Kopf schüttelte und immer wieder fragend auf die Tribünen blickte, wo ihm die Fans zujubelten. Am liebsten hätte man Raphael Haaser gezwickt, um ihm zu vergewissern: Ja, es ist alles echt. Raphael Haaser ist Weltmeister im Riesentorlauf!
Die WM erlebte am drittletzten Tag ihre bisher größte Sensation. Mit vielem war in Saalbach-Hinterglemm zu rechnen gewesen, aber nicht, dass Österreich den Riesentorlauf-Weltmeister stellen würde. Schon gar nicht in Person von Raphael Haaser, der in dieser Disziplin im Weltcup noch nie besser als Siebenter war.
Erfolgslauf
„Das ist unglaublich, ich kann das noch nicht wirklich realisieren“, sagte der neue Champion nach seinem Coup. „Ich habe im Weltcup noch keinen Sieg und jetzt stehe ich plötzlich bei der Heim-Weltmeisterschaft ganz oben.“
Sprachs und zitierte den Mann, der 1991 in Saalbach-Hinterglemm ebenfalls WM-Gold im Riesentorlauf geholt hatte: Den legendären Rudi Nierlich. „Ich nehme es nach dem Motto: Wenn’s laft, dann lafts!“
Raphael Haaser verspürt die Leichtigkeit des Seins seit er letzte Woche im Super-G zur Silbermedaille gerast war. Diese Mischung aus unbändigem Selbstbewusstsein und enormer Lockerheit war dem 27-Jährigen auch im Riesentorlauf anzusehen. Mit Startnummer 22 war der Edeltechniker vom Achensee im ersten Lauf überraschend auf Rang fünf gefahren.
Im Finale hatte Raphael Haaser dann auch das Glück des Tüchtigen, als bei seiner Fahrt die Sonne durch die Wolken blinzelte, während sich bei den Konkurrenten von Marco Odermatt bis Timon Haugan der Himmel verdunkelte. „Ich hab mir gesagt, ich hab’ nichts zu verlieren. Und es zählt für mich nur 1, 2 oder 3, auch wenn ich im Riesentorlauf im Weltcup noch nie am Podium war.“
Reifeprozess
Es ist ohnehin erstaunlich, dass Raphael Haaser 27 Jahre alt werden musste, um seinen ersten Sieg zu feiern. Dem Tiroler Allrounder war bereits eine große Karriere prophezeit worden, nachdem er bei der Junioren-WM in drei Disziplinen (Abfahrt, Super-G, Kombination) Medaillen gewonnen hatte. Allein die Ergebnisse konnten lange mit den hohen Erwartungen nicht Schritt halten, weil Haaser immer wieder Fehler einstreute. „Ich war früher leider oft ungestüm und dumm“, erzählt der Tiroler.
Ein einschneidendes Erlebnis war der Gewinn von Kombi-Bronze vor zwei Jahren bei der WM in Courchevel. Damals nahm die Karriere von Haaser richtig Fahrt auf, selbst die Kreuzbandüberdehnung, die er sich im Dezember in Val d'Isère zugezogen hatte, konnte ihn nicht ausbremsen. „Ich hatte während meiner Verletzungspause die WM immer vor Augen.“ Auf den Tag genau zwei Monate nach der Verletzung vergoldete Haaser in Saalbach-Hinterglemm seine Karriere.
Legendenklub
Dass er nun in einem Atemzug mit Rudi Nierlich (1989, 1991), Hermann Maier (2005) oder Marcel Hirscher (2017) genannt wird, die alle Weltmeister im Riesentorlauf wurden, nimmt Raphael Haaser in seiner für ihn typischen Art stoisch hin. Der neue Weltmeister ist ein stiller Genießer. „Schön zu sehen, dass sich Arbeit auszahlt und auch wir nicht auf dem Holzweg sind. Ich hoffe, das gibt einen Ruck durch die Mannschaft.“
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