Der langjährige ÖSV-Präsident erklärt, warum eine Ski-WM früher ein Verlustgeschäft war, wieso er FIS-Präsident Johan Eliasch nicht traut und weshalb die Verletzungen schwer zu vermeiden sind.
Peter Schröcksnadel hat die Ski-WM nach Saalbach-Hinterglemm geholt. Es war eine der letzten Amtshandlungen des Langzeitpräsidenten des ÖSV, der bereits 1991 bei der letzten WM im Glemmtal an der Spitze des Skiverbandes gestanden war. Auch nach seinem Abschied verfolgt der 83-jährige Tiroler den Skisport mit großem Interesse, die WM erlebt Peter Schröcksnadel als Zaungast.
KURIER: Schließt sich für Sie mit dieser WM der Kreis?
Peter Schröcksnadel: Ehrlicherweise hätte diese WM auch in St. Anton stattfinden können. Ich habe den Saalbachern damals aber mein Wort gegeben, es war mein Ziel, dass zum Abschluss meiner Zeit als Präsident die Weltmeisterschaft noch einmal nach Österreich geht. Das haben wir erreicht.
Man muss wissen, dass früher alle Weltmeisterschaften ein Verlustgeschäft waren. Da bin ich 1991 in Saalbach draufgekommen. Diese WM war ein großes Minus, dafür verantwortlich waren damals die Ausgaben für die Infrastruktur. Das ist aber nicht die Aufgabe eines Sportverbandes. Ich habe gefordert: Wenn wir eine WM veranstalten, dann müssen Bund, Land und Gemeinde die Investitionen tätigen. Und wir bestreiten als Verband den Sportevent und tragen auch das finanzielle Risiko. Der Skiverband muss mit einer WM Geld verdienen. Normalerweise geht eine Ski-WM auch finanziell gut aus.
Wie präsentiert sich für Sie der Skisport?
Der Skisport boomt total in diesem Winter. Das liegt daran, dass wir bei uns in Österreich italienische Verhältnisse haben.
Italienische Verhältnisse?
Ja. Es gibt erstens genug Schnee, natürlich ist das meiste davon Maschinenschnee, und zweitens ist es in diesem Winter extrem sonnig. Solche Bedingungen kennt man normalerweise von den Dolomiten, das sind die perfekten Verhältnisse. Das Skifahren ist sicher nicht rückläufig. Aber man muss unterscheiden zwischen dem Breitensport und dem Rennsport.
Apropos Rennsport: Manchmal hat man den Eindruck, dass sich im Weltcup alles nur um Österreich und die Schweiz dreht.
Weil du die Rennen im Grunde nur dort veranstalten kannst, wo es Schnee gibt und der Skisport verwurzelt ist. In den anderen Ländern ist nun einmal kein großes Interesse da. So ehrlich muss man sein. In den USA ist Baseball sicher eine große Nummer, aber bei uns funktioniert dieser Sport nicht. Deshalb ist es schwierig, den Skisport in Länder zu transplantieren, in denen es keine richtige Wintersportkultur gibt. Bei aller Liebe: Wen soll der Ski-Weltcup in China interessieren?
FIS-Präsident Johan Eliasch möchte mit dem Weltcup allerdings expandieren.
Weltcup bedeutet für mich auch, wenn eine Neuseeländerin, ein Spanier und andere Teilnehmer aus der ganzen Welt mitfahren. Ich bin der Ansicht, dass man den Skisport anders denken muss. Man braucht keine Rennen in Ländern inszenieren und künstlich veranstalten, in denen es keine Tradition gibt und keine Leute, die sich dafür begeistern können. Sonst läuft man wirklich Gefahr, den Weltcup über kurz oder lang kaputtzumachen.
Haben Sie eigentlich noch Kontakt zu Johan Eliasch?
Nein, den habe ich komplett abgebrochen. Ich war ja noch im FIS-Marketing vertreten, habe diese Tätigkeit dann aber beendet, weil er ständig Dinge gemacht hat, die so nicht vereinbart waren. Er hat Versprechungen nicht gehalten und ich wollte dieses Spiel nicht mehr mitmachen. Ich sage Ihnen: Die Entwicklung in der FIS gefällt mir gar nicht. Wenn Johan Eliasch so weitermacht, dann macht er viel kaputt.
Sie sprechen wahrscheinlich von der Zentralvermarktung, der der ÖSV als einziger Verband nicht zugestimmt hat.
Wir sind als ÖSV immer einen anderen Weg gegangen. Die Rechte für die Österreich-Rennen liegen beim Skiverband. Und ich glaube, dass es die beste Situation überhaupt ist. Irgendwann wird man sicher mit der FIS zusammengehen müssen, weil eine gemeinsame Strategie gut und wichtig ist. Aber es muss eine Kooperation sein und kein Diktat. Österreich hat den besten Hebel überhaupt: Was will die FIS machen ohne die Rennen in Kitzbühel, Schladming und Sölden und den ÖSV? Die braucht es im Weltcup. Normalerweise kann sich der ÖSV zurücklehnen und warten.
Ich war da immer dagegen, auch wenn man vielleicht mehr Geld gekriegt hätte. Aber der Skisport ist anders gelagert als zum Beispiel der Fußball: Über die Rennen werden, wenn man so will, auch die Landschaft und die Natur verkauft. Diese Werbung macht ohne breite mediale Streuung keinen Sinn. Mit Ski-Rennen im Pay-TV kriegst du in Österreich nie 1,6 Millionen TV-Zuschauer.
Ein anderes Thema sind Firmenteams, die über kurz oder lang die Nationalmannschaften ablösen könnten.
Der Skisport lebt von den Nationalmannschaften und von den Helden, die Teil einer Nation sind. Damit gibt es das Länder-Interesse. Würde man das abschaffen und Firmenteams ins Leben rufen, in denen Läufer aus vielen Nationen fahren, dann funktioniert das nicht. Die Nationalteams sind wichtig, da gibt es nationale Identität.
Themenwechsel: Auch in diesem Winter gab es wieder viele Verletzte zu beklagen. Was ist Ihre Meinung dazu?
Diese Diskussionen begleiten den Sport seit Jahren. Die äußere Sicherheit hat sich extrem verbessert, es gibt am Rand Netze und Planen, die Pistenpräparierung ist besser geworden. Nur eines hat sich nicht verbessert: Die innere Sicherheit der Läufer.
Die Läufer denken sich inzwischen heute: Am Rand ist eh ein Netz. Was soll da schon großartig passieren? Zu Zeiten eines Franz Klammer lagen an der Seite höchstens ein, zwei Strohballen. Das hat keiner leichtfertig riskiert, dass er da rauskugelt.
Heißt das, die heutige Generation geht bewusst ein größeres Risiko ein?
Davon bin ich überzeugt. Egal, was man einführt: Airbags, dickere Anzüge, es wird sich nichts verändern. Weil der Rennläufer will gewinnen und deshalb will er alles unternehmen, um schneller zu sein. Man darf nichts radikal verändern. Die Stürze und Verletzungen sind Teil dieses Sports.
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