Super-G-Weltmeister Marco Odermatt zollte Raphael Haaser Respekt

Haaser und Odermatt
Mit dem zweiten Platz im Super-G fuhr der hochbegabte Tiroler den größten Erfolg seiner Karriere ein. Der 27-Jährige lässt lieber Taten statt Worte sprechen und geizt mit großen Gefühlsregungen.

Viele im Zielstadion hätten Raphael Haaser am Freitag wohl am liebsten einen Stupser gegeben. Nach dem Motto: Jetzt freu dich doch einmal gescheit! Lass dich doch gehen und, bitteschön, endlich die Sau raus! Wo wäre die Gelegenheit passender als bei einer Heim-WM? Wann, wenn nicht nach dem Gewinn einer Silbermedaille?

Aber Raphael Haaser tat den 14.000 Fans im Zielstadion in Hinterglemm diesen Gefallen nicht. Große emotionale Eruptionen, ausgelassene Posen und markige Sprüche gehören nicht zu seinem Naturell. Der Mann vom Achensee ist eher ein Typ stiller Genießer, der seine Gefühle selten nach außen kehrt. „Es freut mich riesig, dass ich meine Leistung abrufen konnte. Cool, dass es so endet“, sagte Haaser in einem Tonfall und mit einer Begeisterung, als hätte er gerade eine Trainingsbestzeit in Bansko aufgestellt – und nicht WM-Silber im Super-G gewonnen.

Gefühlsmix

Andererseits war es auch ein wahrer Super-G der Gefühle, den der Tiroler bei dieser WM absolvieren musste. 24 Stunden vor dem größten Erfolg seiner Karriere musste Raphael Haaser mitansehen, wie Schwester Ricarda im Super-G stürzte und sich das Kreuzband riss. „Das hat mich im ersten Moment schon mitgenommen, weil sie schon so viel durchgemacht hat“, gab der 27-Jährige zu.

Raphael Haaser hatte das Glück, das seine Schwester nicht hatte. Er kam im Dezember bei seinem Ausritt im Riesentorlauf von Val-d’Isère mit einer Kreuzbandüberdehnung davon. Der Tiroler verpasste zwar einige Rennen, konnte sich aber bereits im Super-G von Kitzbühel wieder zurückmelden. „Ich bin mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Haaser.

Reifeprozess

Mit 27 Jahren wächst der Allrounder nun mehr und mehr in die Rolle hinein, in der ihn die Trainer schon lange sehen. „Raphael Haaser ist auf der Piste gnadenlos, er hat unglaubliches Potenzial“, lobt Chefcoach Marko Pfeifer.

Inzwischen wird Haaser gerade im Super-G den Vorschusslorbeeren immer öfter gerecht. In Kitzbühel hatte er bereits mit dem zweiten Rang aufgezeigt, bei der WM bestand der Bronzemedaillengewinner von 2023 (Kombination) nun den nächsten Reifetest.

In der Vergangenheit war sich Haaser häufiger noch selbst im Weg gestanden und ein Opfer seiner ungestümen Fahrweise geworden. „Ich bin jetzt nicht mehr ganz so blöd wie früher. Ich riskiere nicht mehr sinnlos und fahre viel mehr mit dem Kopf, weil ich auch Situationen besser einschätzen kann.“

Auch Super-G-Weltmeister Marco Odermatt lobte seinen gleichaltrigen Kollegen. „Ich glaube, was er nach seiner Verletzung geleistet hat in Kitzbühel und heute, als Österreicher daheim Silber zu gewinnen, das ist einfach wunderbar“, meinte der Schweizer.

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