ÖSV-Präsidentin Stadlober: "Mich haben sicher viele unterschätzt"
Roswitha Stadlober wird am Freitag bei der Länderkonferenz des ÖSV als Präsidentin wiedergewählt und im Amt bestätigt.
Unter der 61-jährigen Salzburgerin ist nach den Turbulenzen und Streitereien rund um den Abgang von Langzeitpräsident Peter Schröcksnadel beim Skiverband wieder Ruhe eingekehrt. Dabei war Stadlober anfänglich nur als Interimslösung vorgesehen gewesen. "Ich freue mich auf drei weitere Jahre im Amt", sagt die frühere Weltklasse-Skifahrerin im Interview.
KURIER: Es scheint, als hätten Sie alles richtig gemacht.
Roswitha Stadlober: Ob ich jetzt wirklich alles richtig gemacht habe, weiß ich nicht. Aber ich traue mich zu behaupten, dass ich sehr vieles richtig gemacht habe. Sonst hätte es wohl einen Gegenkandidaten gegeben. Und sonst hätten mich auch nicht so viele Landesverbände nominiert. Das macht mich schon ein wenig stolz, weil es so nicht vorhersehbar war und auch keineswegs selbstverständlich ist.
Dabei hatten nach dem Abgang von Peter Schröcksnadel viele befürchtet, der ÖSV würde ins Chaos stürzen.
Vielleicht war es auch gut so, dass es dann eine Frau war, die Peter Schröcksnadel nachgefolgt ist. Das war einfach ein totaler Paradigmenwechsel, größer hätte der Kontrast nicht sein können. Wobei ich eines schon betonen möchte: Es war schon ein gutes Team da und wir haben ein tolles Erbe übernommen. Ich verstehe, dass man gerne Vergleiche zieht, aber das ist nicht zulässig. Peter Schröcksnadel und ich sind andere Persönlichkeiten mit einer anderen Lebensgeschichte. Und wir haben andere Zugänge und Ansätze. Und das ist auch gut so.
Wie herausfordernd ist dieses Amt?
Ich vergleiche diese 140 Wochen als ÖSV-Präsidentin gerne mit meiner Marathon-Bestzeit (Anm: 2:55 Stunden) und den Emotionen und Phasen, die man während des Marathons erlebt. Das erste Jahr war der Start mit der großen Anfangseuphorie. Im zweiten Jahr holt dich die Realität ein und es gibt die eine oder andere Ernüchterung. Und in der letzten Phase braucht es dann noch die letzte Kraftanstrengung, um ans Ziel zu kommen.
Apropos Ziel: Welche Ziele haben Sie in den letzten knapp drei Jahren erreicht?
Wir haben in dieser Zeit einiges bewegt. Wir haben eine Strukturreform angestoßen, die jetzt umgesetzt wird. Und uns ist der Markenlaunch gelungen, was schon ein riesiges Projekt war.
Auch ein umstrittenes und viel diskutiertes Projekt.
Natürlich. Ganz Österreich hatte eine Meinung zu unserem neuen Logo. Bis in den Sommer 2023 hinein haben die Menschen darüber geredet. Das war wirklich eine Punktlandung und wir haben wieder einmal erlebt, wie stark die Marke Ski Austria ist und wie sehr wir polarisieren und emotionalisieren. Aber wissen Sie, was für mich schon an vorderster Stelle steht?
Verraten Sie’s.
Dass wir uns als Dienstleister für den Sport sehen. Das ist die oberste Prämisse. Wir sind dafür da, dass unsere Sportlerinnen und Sportler erfolgreich sein können. Und das sind wir ja auch. Nehmen wir die Skispringer, die Kombinierer, und, und, und. Wir haben etliche Nationencups und Weltcupwertungen gewonnen. Es werden halt oft nur die Resultate im Skifahren beachtet.
Muss und darf sich ein Sportverband wie der ÖSV im Jahr 2024 ausschließlich über sportliche Erfolge definieren?
Wir haben als ÖSV natürlich auch eine gesellschaftspolitische Verantwortung, die wir wahrnehmen wollen. Eine Verantwortung gegenüber dem Breitensport. Da geht es um Themen wie Wintersportwochen für Kinder, leistbares Skifahren. Das Thema Nachhaltigkeit und Ressourcen ist uns ein großes Anliegen. Da werden wir uns noch mehr positionieren und auch bei der Politik vorstellig werden.
Findet der ÖSV, finden Sie als Präsidentin denn Gehör?
Ich stelle fest, dass ich immer häufiger zu Netzwerkveranstaltungen eingeladen werde, in denen es vordergründig um gar keine Sportthemen geht. Ich freue mich, dass ich als Präsidentin heute nicht nur auf den Sport reduziert werde, sondern meine Meinung und meine Ansichten gefragt sind.
Werden Sie heute als Präsidentin anders wahrgenommen. Haben Sie ein anderes Standing?
Ja, diesen Eindruck habe ich. Wenn etwas Neues ist, wie die erste Präsidentin des ÖSV, dann wirft das immer Fragen auf. Vielleicht gibt es auch eine Form der Skepsis: Wie wird das jetzt mit ihr? Wie macht sie das? Hat sie es drauf? Ich wurde am Anfang sicher sehr genau beäugt. Aber ich glaube, ich habe dann rasch mein Profil gezeigt. Und ich bin mir sicher, dass mich viele unterschätzt haben. Und dass ich jetzt viele positiv überrascht habe.
Hat es eine Frau in der Sportwelt schwerer?
Es gibt leider immer noch sehr wenige Frauen im Sport. In anderen Bereichen, aber auch in anderen Ländern ist man da viel weiter. Ich sehe mich in Österreich schon als Role Model und hoffe, dass es bei der nächsten Generation schon besser sein wird. Im Sport sind wir sicher noch nicht da, wo wir hin sollten.
Haben Sie jemals zu spüren bekommen, dass Sie eine Frau sind?
Bei einer Frau wird schon häufig auch auf das Äußere geschaut. Welche Haube habe ich auf, welche Sonnenbrille, was habe ich an. Das ist bei Frauen generell so, auch in der Politik. Jede Politikerin wird von oben bis unten gemustert. Bei Männern macht das niemand. Ich finde das schlimm, wenn man auf das Äußerliche reduziert wird. Mein Vorteil als ÖSV-Präsidentin ist, dass ich eine erfolgreiche sportliche Vergangenheit habe. Das verleiht mir Glaubwürdigkeit. Im Sport kann mir sicher niemand was vormachen. Da kenne ich mich aus und bin authentisch.
Und gibt es auch Momente, in denen es ein Vorteil ist, eine Frau zu sein?
Die Gesprächskultur ist sicher eine andere, wenn ich in der Runde dabei bin und die Sitzungsführung habe. Eine Frau zu beschimpfen, da gibt es dann doch eine Hemmschwelle. Grundsätzlich sollte es aber sowieso immer um Inhalte gehen.
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