Olympiasieger Hämmerle: "Ein guter Tag für Vorarlberg"

18 Stunden vor seinem Olympiasieg beschäftigte sich Alessandro Hämmerle auch mit dem Gedanken des Scheiterns. Nicht dass der Vorarlberger ein schlechtes Gefühl gehabt hätte, aber er hat bei Olympia schon zu viel erlebt und weiß, wie schnell man gerade in seinem Sport ohne eigenes Verschulden vom Erfolgskurs abgebracht werden kann. „Ich werde der gleiche Mensch bleiben, egal, wie es ausgeht“, sagte Alessandro Hämmerle im KURIER-Gespräch. „Irgendwo musst du mit dir zufrieden sein.“
Denn natürlich hatte der 28-Jährige gemerkt, dass für ihn die Fallhöhe bei Olympia enorm ist. Er ist dreifacher Gesamtweltcupsieger, er hat im Dezember die Generalprobe in China gewonnen, er gilt als der beste Snowboardcrosser der Gegenwart – im Gegensatz zu seinem Landsmann und Stams-Schulkollegen Johannes Strolz war Alessandro Hämmerle der Goldfavorit schlechthin. „Meine größte Angst war, dass ich die Leute rund um mich enttäuschen könnte“, gestand der Vorarlberger.

Schlüsselerlebnis
Zumal es ja auch lange über ihn geheißen hatte: Ja, der Alessandro Hämmerle ist ein Muster an Konstanz und gewinnt deshalb regelmäßig den Weltcup, aber bei Großereignissen bringt er am Tag X die Leistung nicht auf den Punkt und auf das Brett.
„Die WM-Silbermedaille letztes Jahr in Idre war in dieser Hinsicht sehr wichtig für mich“, erzählt der 28-jährige Montafoner. „Weil ich gesehen habe, dass ich meine Leistung auch bei Großereignissen abrufen kann.“
In Peking trat Alessandro Hämmerle am Donnerstag clever & smart auf. In seinen K.-o.-Läufen vom Achtelfinale bis zum Finale gab er sich nicht die geringste Blöße und ließ sich auch in keine riskanten Mann-gegen-Mann-Duelle verwickeln. Er hatte sogar den Mut, auf ein anderes Snowboard zu wechseln, weil er sich dadurch Vorteile erhoffte. Als er im Finallauf schließlich in der dritten Kurve mit einem raffinierten Überholmanöver die Führung übernahm, dachte er sich nur: „Junge, jetzt bist du vorne. Gib Gas! Das lässt du dir nicht mehr nehmen.“
Schreckmoment
Den einzigen Schreckmoment hatte Alessandro Hämmerle erst im Ziel, wo er sich freute, dass der Einser aufleuchtete, um dann kurzzeitig in Panik zu geraten, weil plötzlich auf der Anzeigetafel nichts mehr zu sehen war.

Photo-Finish für Hämmerle und Eliot Grondin
„Ich lass’ mich feiern, und dann bin ich womöglich gar nicht Olympiasieger“, schoss es ihm durch den Kopf, „wie das Ergebnis dann klar war, ist eine sehr große Last von mir abgefallen.“
Nach dem Triumph läuteten in Schruns fünf Minuten lang die Kirchenglocken. Alessandro Hämmerle selbst tut sich noch schwer, den größten Erfolg seiner Karriere zu realisieren. „Ich ein Olympiasieger? Das hört sich nicht wahr an. Ich kann es noch gar nicht glauben.“
Festspiele
Mit Alessandro Hämmerle setzen sich die Vorarlberger Festspiele bei diesen Winterspielen fort. Der Boardercrosser ist nach Katharina Liensberger (Slalom), Rodler Thomas Steu und Johannes Strolz der vierte Medaillengewinner aus dem Ländle.
Vor dem Semifinale habe er erfahren, dass sein Freund Johannes Strolz Gold geholt hatte, erzählte Alessandro Hämmerle. „Ich habe mir nur gedacht: Heute ist ein guter Tag für Vorarlberg.“
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