Der 28-Jährige muss sich gerade wie ein Darts-Spieler vorkommen, dessen Pfeile unkontrolliert herumfliegen und ihr anvisiertes Ziel verfehlen. Schon der Tournee-Auftakt in Oberstdorf war mit Rang 12 für einen Mann seines Kalibers gründlich danebengegangen.
Das klägliche Scheitern in der Qualifikation in Garmisch-Partenkirchen war dann rein resultatsmäßig der Tiefpunkt in der erfolgreichen Karriere des Salzburgers. „Das Vertrauen ist mit jedem Sprung weniger geworden“, gesteht Kraft“, der offen zugibt: „Ich bin g’scheit verunsichert.“
Stefan Kraft befindet sich jetzt in einer Situation, die Skispringer noch mehr hassen als den Rückenwind: Er denkt. Er denkt nach, was er in den zehn Sekunden vom Wegfahren am Zitterbalken bis zur Landung im Auslauf alles zu tun hat. Er denkt vor allem auch darüber nach, was er bloß nicht alles falsch machen darf. Und natürlich denkt sich Stefan Kraft gerade vor jedem Sprung: Hoffentlich geht’s diesmal gut.
Auch ein dreifacher Weltmeister ist nicht davor gefeit, dass bei ihm das Kopfkino angeht und all das, was früher mit traumwandlerischer Sicherheit funktioniert hatte, plötzlich nicht mehr abrufbar ist. „Auf einmal denkst du dir: Mache ich wirklich alles falsch? Kann ich nicht mehr springen?“
Nach der Enttäuschung von Partenkirchen verfolgt der Pongauer den Weg der kleinen Sprünge. Am Ruhetag legte er eine Sonderschicht auf der 70-Meter-Schanze in Seefeld ein. Chefcoach Andreas Widhölzl hielt sich dabei bewusst mit Ratschlägen zurück. „Beim Krafti ist das eine Gefühls- und Kopfsache. Er muss selbst spüren, dass das richtig ist, was er tut.“
Vom richtigen Gefühl bis zur Rückkehr zur alten Stärke ist es freilich ein weiter Weg. Das wirklich Gemeine am Kopfsport Skispringen ist ja: Der Wurm ist schnell einmal drin, dafür reicht – ähnlich wie beim Darts – manchmal schon ein einziger verhauter Versuch. „Aber bis du wieder das Vertrauen bekommst, das dauert“, weiß Kraft aus langjähriger Erfahrung.
Für das Bergiselspringen bedeutet das: „Ich werde auch in Innsbruck kein Topfavorit sein“, sagt Stefan Kraft.
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